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Die Rueckkehr

Die Rueckkehr

Titel: Die Rueckkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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oben?
    Komme und werde erkannt?
    Was hatte das zu bedeuten?
    Rainey wandte sich von der Aussicht auf das hübsche kleine Städtchen ab, im Kopf zwei verirrte Zeilen aus einem Gedicht, das sie einmal in Englisch durchgenommen hatten – irgendwer lebte in einer stadt so nett … sang er sein ungetan, tanzte sein tat  –, und betrat den Pfad, der durch den uralten Wald zum Crater Sink führte.
    Der Pfad wurde von kleinen Solarlampen begrenzt. Rundherum erhoben sich die Kiefern, Eichen und Weiden, die immer älter wurden und immer stärker miteinander verwachsen waren, je tiefer er in den Wald vordrang. Der Pfad war steinig und er rutschte ein paar Mal aus, aber als der zerklüftete Kamm den höchsten Punkt erreicht hatte, wurde er ebener, und Rainey kam leichter voran. Es herrschte völlige Stille, er hörte nur die Tritte seiner Turnschuhe und das Geräusch seines Atems. Falls es hier Krähen gab, hatten sie es alle für die Nacht aufgegeben.
    Er holte sein Handy heraus, legte den Akku wieder ein, schaltete es ein, nur um zu wissen, wie spät es war, denn es kam ihm so vor, als wäre er schon Stunden auf diesem Pfad unterwegs gewesen, aber es war erst ein paar Minuten nach neun.
    Natürlich hatte Kate eine SMS geschickt:
     
    LIEBER RAINEY GOTT SEI DANK WIR SIND RICHTIG DURCHGEDREHT SOLLEN WIR DICH ABHOLEN KOMMEN SONST NIMM DIR EIN TAXI WIR ZAHLEN WENN DU ANKOMMST BITTE RUF AN BITTE RUF SOFORT AN GEHT ES AXEL GUT SEINE MOM MACHT SICH SORGEN ABER HIER IST ALLES OK NIEMAND IST DIR BÖSE ABER WIR WOLLEN BEIDE DASS DU NACH HAUSE KOMMST …
    Rainey textete zurück.
     
    MIT AX ALLES OK SITZT IM TAXI GLEICH DA.
    Kate antwortete sofort.
     
    DU NICHT? WO BIST DU? BITTE RUF AN
    Rainey schaltete das Handy aus und nahm den Akku heraus.
    Er starrte es eine Weile an; plötzlich war er hundemüde. Als er wieder aufblickte, stand im Licht einer der Solarlampen ein Mädchen auf dem Pfad.
    Es wurde ihm eng um die Brust und er bekam kaum noch Luft. Er stand da und blickte sie an, und sie erwiderte sein Starren und verzog abfällig das Gesicht.
    Sie war eine Frau, jung und schön. Sie war barfuß und trug ein altertümliches Kleid aus Baumwolle oder so. Ein ganz einfaches Teil, das ihren Körper von den Schultern bis an die Knie bedeckte. Um den Hals trug sie ein Tuch, vielleicht war es auch ein Halsband.
    Selbst im Dämmerlicht der Solarlampen konnte Rainey sehen, dass sie keinen Büstenhalter oder sonst etwas trug, denn ihre Brüste zeichneten sich unter dem Kleid deutlich ab und die Brustwarzen stachen heraus wie Knöpfe. Die Hände hingen herab und das Halsband sah mehr nach einer Schlange aus, einer ziemlich großen Schlange mit gelben, roten, grünen und schwarzen Ringen.
    Als er es ansah, hob das Halsband seinen Kopf, der auf der linken Brust der Frau gelegen hatte, starrte ihn an und ließ die Zunge hervorschnellen.
    Seine Augen waren grün und glänzten und als Rainey der Frau wieder ins Gesicht blickte, sah er, dass ihre Augen genauso grün glänzten wie die des Schlangenhalsbandes, das, wie der Junge zu seinem Schrecken begriff, gar kein Schlangenhalsband war, sondern eine echte lebendige Schlange.
    Er konnte sich nicht rühren und als er etwas sagen wollte, war sein Mund so trocken, dass er nur ein paar Schmatzlaute hervorbrachte.
    Die Frau öffnete den Mund und es kamen Worte heraus, aber eine Stimme war das nicht.
    Es klang eher, als kämen die Worte von ganz woanders her, wo es ein Echo gab, und als wäre sie mit ihrer Stimme nicht richtig im Takt, wie bei einem Film, dem die Tonspur verrutscht ist.
    »Du fürchtest dich sehr«, sagte die Stimme. »Deshalb kannst du nichts sagen. Du fürchtest dich zu Recht.«
    Sie sprach mit starkem Südstaaten-Akzent und ihre Stimme war seidenweich, aber es war nichts Weiches an der Frau.
    Rainey brachte genug Speichel zustande, um seine Stimme in Gang zu bringen.
    »Wer bist du?«
    »Ich heiße Talitha. Ich weiß, wer du bist. Ich weiß, warum du zum Crater Sink unterwegs bist.«
    »Meine Mutter ist im Crater Sink«, sagte er mit einem heiser defensiven Krächzen, wobei ihm eines seiner Knie zitterte wie eine angeschlagene Saite. »Ich habe ein Recht, meine Mutter zu besuchen.«
    Talitha schüttelte den Kopf.
    »Deine Mama ist nicht im Crater Sink. Sie ist weit jenseits davon.«
    »Woher weißt du das?«
    Talitha schien einem anderen zu lauschen. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihm zu. Er spürte, wie ihr Blick sich auf ihn senkte. Er hatte Gewicht und Kraft und

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