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Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman

Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman

Titel: Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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ihr streiten, sie necken und mit Obstsalat bewerfen. Ja, vor allem sie mit Obstsalat bewerfen. Wenn es nicht möglich ist, sie wie eine Frau zu berühren, dann ist mir das verdammt noch mal egal, dann umarme ich sie eben wie ein Kind, wenn sie das braucht.«
    Während ich mir selbst diese Rede hielt, packte ich automatisch meine Sachen, doch als ich aus dem Haus stürmen wollte, fiel mir wieder ein, dass ich nicht wusste, wo sich Maria aufhielt – wahrscheinlich in Polizeigewahrsam, wo nur Auserwählte sie treffen durften. Zu meiner eigenen Überraschung brachte mich diese Vorstellung zum Schmunzeln, und ich sagte mir:
    »Mal sehen, ob wir uns nicht doch wiedersehen.«
    Nachdem ich eine Weile nachgedacht hatte, rief ich Dr. Peter an.
    »Hallo Dr. Peter, hier ist Michael, wie läuft es mit dem Bau der Kirche?«
    »Dem Bau der Kirche?«
    »Ja, verwenden Sie die Einnahmen von Großvaters Buch nicht für den Bau einer Kirche? Das müssen Sie unbedingt tun, das ist der sicherste Weg, um Maria zu befreien …«
    »Ja, das stimmt, aber ich dachte vielleicht, dass Sie …«
    »Gebete sind unsere stärksten Waffen, aber wir müssen an einem guten Ort beten. Ich bin mir nicht ganz sicher, welche Richtung für unsere Gebete die beste ist.«
    »Sind Sie in der Stadt?«
    »Ja.«
    »Dann ist Südosten am besten.«
    »Das scheint mir auch so. Maria erscheint mir immer im Traum, wenn ich zur Wolkenburg gebetet habe.«
    »Äh, ja, aber der Ort, an dem man betet, ist wichtiger, wegen der spirituellen Energieadern der Erde. Wo befinden Sie sich? Ich würde Ihnen gerne ein signiertes Exemplar meines Buchs über Maria schicken.«
    Ich spähte aus dem Fenster und las den Namen des Hotels auf der anderen Straßenseite.
    »Im
Hotel zum Maurer Magnus
. Glauben Sie, dass es ihr dort in der Burg gut geht?«
    »Äh,
Hotel Mau…
ja, sie hat dort alles, was sie braucht.«
    »Es ist natürlich gut, dass sie ungestört ist, Dr. Peter, weil ihr dort mit Sicherheit niemand das Kostbarste nimmt, das sie besitzt.«
    »Sie beginnen, die Dinge zu begreifen, Michael. Wir können jetzt gerne ausführlicher miteinander reden.«
    »Gut, ich bin nicht in Eile. Sie muss natürlich eingesperrt sein, weil die Botschaft nicht nur auf dem Glauben an sie als Maria baut, sondern an dem Glauben an sie als Jungfrau Maria.«
    »Genau, und in der Burg ist ihre Jungfräulichkeit vollkommen geschützt.«
    Ich war mir jetzt ganz sicher, dass sich Maria in einer Burg irgendwo im Südosten der Stadt befand und dort bis an ihr Lebensende vor sich hinvegetieren würde, wenn es nach ihren Anhängern und Gegnern ging. Ich unterhielt mich weiter mit Dr. Peter im selben Ton und beobachtete die Passanten vor meinem Fenster. Kurz darauf sah ich, wie ein Streifenwagen auf der Straße hielt und sich vier Polizisten um das
Hotel zum Maurer Magnus
verteilten. Ein normaler PKW derselben Marke wie der Streifenwagen parkte vor dem Hotel, und zwei mit Mänteln bekleidete Männer stiegen aus, gaben den Polizisten ein Zeichen und betraten das Hotel.
    Wenn er merkt, dass ich ihn getäuscht habe, um ihm Hinweise auf Marias Aufenthaltsort zu entlocken, wird er vielleicht veranlassen, dass sie woanders untergebracht wird oder die Sicherheitsvorkehrungen verschärft werden. Am besten spiele ich das Spiel weiter.
    »Ich stimme Ihnen zu, Dr. Peter, die Welt besteht aus Leiden, und deshalb führt der Weg aller religiösen Führer hinaus aus der Welt durch das Leiden, dann übernimmt die Kirche und verkündet ihre Botschaften, und was habe ich eben noch mal gesagt, wo ich bin?«
    »Im
Hotel zum Maurer Magnus

    »Nein, hören Sie, da war ich vorher. Ach, ich reise so viel, dass ich alles durcheinanderbringe.«
    »Und wo sind Sie jetzt?« Dr. Peters Stimme klang fordernder.
    »Ich bin, äh, mal sehen, hören Sie, ich habe es doch tatsächlich vergessen. Ich sage es Ihnen, wenn ich Sie das nächste Mal anrufe.«
    »Ich kann warten, während Sie nach …«
    Dr. Peter schrie mich durch den Hörer fast an, aber ich fiel ihm ins Wort:
    »Hören Sie, ich muss jetzt weg, ich melde mich. Gott segne Sie, Dr. Peter.«
    Ich legte auf. Als Nächstes würde ich in die Bücherei gehen und eine Karte von allen Burgen südöstlich der Stadt ausfindig machen.

X
    Nachdem ich mich davon überzeugt hatte, dass keine der Burgen südöstlich der Stadt Wolkenburg hieß, machte ich mich mit den Bauplänen jeder einzelnen Burg vertraut und beschloss, zunächst diejenigen mit den höchsten Türmen zu besichtigen. Dies

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