Die Rückkehr der Karavellen - Roman
heiligen Kühe dieser Trambahnherden, diese Kolonialwarenläden mit ihren Mandeltütchen und Likörflaschen, ehrlich, ich hatte mir Obelisken, Säulen und Märtyrer aus Stein, von der ziellosen Brise des Abenteuers durchwehte Plätze vorgestellt, statt dessen fand ich gichitige Gassen, Gäßchen mit Rentnern und widerlichen Läden, ehrlich, ich hatte mir eine Bucht voller nach Zimt und Muskat duftender Karavellen mit gesetzten Segeln vorgestellt, und am Ende traf ich nur auf eine Nacht von vergessenen Häusern, die zu einem auf dem Gipfel hängenden Karpatenschloß, einer Ruine mit Zinnen, hinaufklettern, in deren Efeu die stockenden Schreie der Pfauen schlafen.
Er trabte die Avenida Vinte e Quatro de Julho entlang, um die Schienen und den Fluß, der voll verblaßtem Glitterstaub die Flut erwartete, nicht aus dem Blick zu verlieren, rechts von ihm ohnmächtige Lokomotiven und die Lämmerwellen und die Schornsteine der Kreuzer und links zweideutige Parkanlagen und Straßen voller Sanatorien von
Leuten, die am Fenster die Melancholie der Lungen ersticken, weil er gelernt hatte, daß Lixboa sich in den toten Stunden in schlafwandelnder Stummheit zusammenkrümmt, wenn es hin und wieder vom Geschepper der Krankenwagen oder den Reden eines in ein Beet gekippten Betrunkenen verstümmelt wird, der die richtige Lage für das Sodbrennen des Faßbodensatzes suchte. Straßen mit Brunnen für die Maultiere der Maultiertreiber von den städtischen Scheinwerfern taghell beleuchtet wie Boxringe, Straßen mit blätterhustenden Maulbeerbäumen, schiefen luziferischen Kellern, der Thunfischölgeruch des Alten und kein Friedhof, sondern schielende Gebäude, noch mehr Schornsteine, noch mehr Züge, und ganz allmählich, während er sich dem Cais do Sodré näherte, Bierlokale und Cafés voller Schmeißfliegen mit Dominotischen für die Schauerleute, und auf der anderen Seite des Boulevards wandelten von sittenlosen Automobilen gesuchte Frauenmänner mit malzfarbenen Perücken, mit ihren Dekolletés und Kaninchenstolen an die Rettungsringe ihrer Lacktäschen geklammert, in denen sie die Puder zum Verbergen des Bartwuchses und die Pinsel zum Make-up-Auffrischen und Malen von farbigen Akzenten über den ausgezupften Augenbrauen verwahrten. Oben auf einer kleinen Treppe versammelte eine Alte liebevoll streunende Katzen um ein Päckchen mit Trüschen.
Direkt vor dem Platz vervielfältigten sich die kleinen Kneipen mit dem Zinktresen, an dem die Frauenmänner sich gegen das Warten von innen mit Rotweinflammen erhellten, Bars krummbeiniger Huren, an deren Tür schnurrbärtige Knappen Totenwachengespräche wisperten, und ich vagabundierte mit Würmern unter der Achsel durch die
Stadt, hatte seit mehr als einem Monat kein Bad genommen und die Wäsche nicht gewechselt, war von Durst vertrocknet, hatte mich von Resten ernährt, ich, auf der Suche nach den Zedern eines Friedhofstores, nach einem Stadtteil voller im Dunkeln verstreuter Kreuze mit Bewohnern, die auf Eichenborden zerfransten. Der Mann namens Luís mischte sich unter die Wiederauferstandenen, die die Dunkelheit von Lixboa bevölkerten, Schreiber ohne Falkenfedern auf dem Barett, in Ungnade gefallene Haudegen, die in einem Winkel ihre Bettlersuppe aßen, Rabbis mit fettigem Bart, junge Kerle von den Segelschiffen, die an den Tischen Schmuggeluhren und Füllfederhalter an fünfzigjährige, vor dem Lindenblütentee des Rentenalters thronende Matronen verkauften, maurische Schuhputzer mit Hosentaschen voller Bürsten und Tüchern unter Treppennischen. Feuerwehrballblaskapellen verstimmten sich im Gitterwerk der mit Taschendieben und Polizisten gespickten Gassen. Die Frauenmänner stritten mit den Fahrern der Wagen um Preise, steckten ihre riesigen Köpfe in den Fensterspalt, trabten gemächlich zu einer nahen Pension, drei Stockwerke mit Waschbecken und rotem Licht oben an der Treppe, das den schielenden Maulwurfsaugen der Ankommenden half. Und Diskotheken, die Schiffskesseln ähnelten, und der Schweiß des Tejo, der wirbelnd aufflog und den Launen der Strömung entsprechend die Ahnung von Sielen und verlorener Orte mit sich trug.
Von einem Schwarm Meeraale mitgerissen, die die Pelargonien auf den Balkons mit ihren Zähnen entblätterten, schwamm er an den Ministerien des Terreiro do Paço vor dem Fluß entlang, wo Krüppel unter den Arkaden auf der
Fiedel Sambas spielten, und das Wasser weitete sich vor den Stufen, die zum Meer hinunterführen und nach den Kurzwarenläden und
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