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Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Titel: Die Rückkehr der Karavellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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verschwand seitwärts in einer Art Besenkammer oder Küche: Ich möchte wetten, der macht gleich das Licht aus, dachte ich, ich möchte wetten, daß er jetzt, wo die Franzosen gekommen sind, alles verrammeln wird, die Riegel vorschieben, die Schlösser noch einmal überprüfen, weggehen, mich und den Blinden in dieser Garage aus Echos und Dampf zurücklassen wird. Da schob ich die Flasche Heilwasser an eine Ecke des Tisches, packte den Kugelschreiber und den Block des knochenlosen Kellners,
ruckelte mich auf dem Stuhl bequem zurecht, stützte den linken Ellenbogen auf die Tischplatte und begann, wobei die Zunge herausschaute und die Augenbrauen einander vor Anstrengung berührten, mit dem ersten heroischen Oktavreim des Gedichts.

G ott weiß, daß ich es nicht wollte. Gott kennt das Innerste meines Fleisches, den Grund meiner Sünden und das Labyrinth meiner Absichten. Gott hatte mich seit Indien begleitet, wo mein Vater mit einem Schiffchen auf dem Kopf als Bote beim Hafenzoll arbeitete und meine Mutter im Schuppen unter dem Regen die Schildkröte fürs Mittagessen kochte, und er begleitete mich weiter durch die Jahre hindurch, wenn er die Palmen am Strand während der Monsune mit einem einzigen Finger seines Windes bog und mitten am Tag vollkommene Nacht herabkommen ließ, die die Leguane und die Frauen verwirrte. Gott hat mich mit sich als Diener eines Marquis nach Moçambique gebracht, der in einem Zweimaster mit von den Fächern der Hofdamen beblähten Segeln ins Mutterland zurückkehrte, der voll orientalischem Krimskrams war, den anschließend skelettöse Gurus in den Tunneln der U-Bahn verkauften, die neben einer Flöte und einem Kästchen mit Zigarettenpapier auf dem Boden saßen. Am Vorabend des Aufbruchs von Lourenço Marques schlief ich in dem in einem Armenviertel gelegenen Zimmer einer Chinesin ein, die ich zwei Stunden zuvor kennengelernt hatte, wie sie mit kurzen Schrittchen über einem Boulevard im Stadtzentrum levitierte, und als ich
aufwachte, sah ich durch ihr stummes Lächeln, durch das Fenster die Fächer der Hofdamen am Horizont wedeln und einen hundertjährigen Mandarin auf einem Kissen kniend aus einer Tonschüssel aus Barcelos Käfer zu Mittag essen. Einige Monate hindurch, liebe Christenmenschen, trank ich Tee und kaute Geckos in diesem Zimmer, in dem alles (Schüsseln, Haushaltsartikel, Bilder, Menagen mit Sojasauce) sechzig Zentimeter über dem Boden endete, außer den Rissen in den Wänden und den Papierfransen der Lampenschirme, und in dem der Mandarin sich morgens und abends ehrerbietig verbeugte, bevor er vor unseren Füßen die Schlafmatte entrollte, auf deren Stroh allmählich verblassende Drachen ihre Zunge heraussteckten.
    Die Armensiedlung fast direkt am Meer war von Wasservögeln bewohnt, die sich auf dem Blech der Dächer niederließen und von Leuten aus Macau, die in weiten Oberkleidern auf der Straße Essenzen verbrannten, die den auf dem Grund von Tellern zwischen Pagoden und Trauerweiden wohnenden Göttern mit Zöpfchen am Nacken geweiht waren. Der einzige Weiße im Viertel verkaufte Bibeln, erotische Postkarten und Plattenspieler von Haus zu Haus in der Stadt, hieß Fernão Mendes Pinto, besaß eine Hütte im Sand, die mit Abfall der Tagundnachtgleichenstürme und Erinnerungen aus Malaysia vollgestopft war, setzte sich ans Wasser und brach angesichts der Dämmerungen in Rührung aus und machte mich zum Geschäftspartner im Evangelienhandel, und eines Tages, als ich wegen einer bösartigen Nebenhöhlenentzündung früher ins Armenviertel zurückkam, traf ich ihn nackt und widerlich auf der Chinesin, dem durchsichtigen Fröschchen, an, das mit unveränderter
Sanftheit zur Decke lächelte. Der Mandarin betrachtete, von Räucherstäbchen umgeben, durch die Löcher im Lehm den Nieselregen. Fernão Mendes Pinto, der seine Arbeit nicht unterbrach, winkte mir keuchend guten Abend zu, und erst als er die lange Unterhose anzog, noch mit zerzaustem Bart und unsicherer Hand, interessierte er sich für die Anzahl der verkauften Episteln. Drei, sagte ich im Weihrauchnebel hustend, und mit meinem Anteil von Null Komma zwei am Gewinn ließ ich mich auf eigene Rechnung in Beira nieder, nachdem ich monatelang, von den Pfeilen der Heiden verfolgt, durch die Sümpfe an der Küste gewatet war, bis ich inmitten einer Lindenplantage auf eine lianenumschlungene Steinsäule mit dem portugiesischen Wappen traf. Umrisse in Lumpen irrten durch elende Strohhütten, und da zerriß, aus dem

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