Die Rückkehr der Karavellen - Roman
Schattenmorellenlikörhöhlen der Rua Augusta. Die Transvestiten blieben endgültig mit ihren Glasperlen und Kokottenstolen zurück, denn dieser Platz gehört zur Schlafenszeit der Stille eines antiken Glassturzes und den Akkordeons der Blinden. Einer von ihnen ging, das Instrument auf dem Rücken, den kleinen, eiligen Spazierstock schüttelnd vor mir her nach Santa Apolónia, dem Bahnhof der Waggons der Frankenreiche, deutschen Landen und Belgien mit einer Reihe auf Reisende und Koffer wartender Taxis, die um das riesige Gebäude herumreicht, das monströser ist als eine Kaserne oder ein Gefängnis und in dem sich die Geräusche auf dem Zement brachen. Dort drinnen bei den kochenden Fontänen der abfahrtsbereiten Lokomotiven gab es eine Zirkuskuppellampe, ein ruhiges Café mit Tischen und Stühlen davor, Emigranten nickten auf speckigen Paketen ein, und ein alter Beamter fegte die Kippen vom Boden in eine Aluminiumschaufel. Einen Augenblick lang verlor der Mann namens Luís den Blinden mit der Musik aus den Augen, der mit der Spazierstockspitzenantenne durch den Bahnhof taperte, so daß er sich schließlich an einen Tisch vor das Café setzte und den verbeulten Vater auf einen nahen Stuhl stellte, die Verkäuferin von Zeitungen und Zeitschriften ansah, die die Banknoten aus dem Portemonnaie unter der Schürze zählte. Wenn er an eine der Türen gelangte, würde er bestimmt den Tejo sehen, das heißt, Torpedoboote, Tümmler und Schauerleute in bedruckter Bluse und Einschiffungsgebrodel, die Fabriken von Barreiro, die sich in dem Maße abzuzeichnen begannen, wie
die Linie des Horizonts klarer hervortrat. Ein Kellner in weißer Jacke, auf der die Zirrhose des Fluors Flecken und Risse hervorhob, beugte sich wie eine verärgerte Pietá zu mir herunter, und ich bestellte ein Viertel Heilwasser, dessen Bläschen auf dem Grund tanzten wie Insekteneier: Vielleicht gab es einen gefälligen Friedhof irgendwo zwischen dem Durcheinander der Taubenschläge und Dächer von Lixboa, in dem Fernsehantennen in den Grabsteinen der Toten stecken, und da glaubte er den Blinden mit den Sambas zu erkennen, der von der Lebendigkeit des Spazierstocks geleitet am Bahnsteig des Schnellzuges nach Porto entlangtrottete, doch bei näherem Hinsehen war es nicht er, sondern irgendein Weichensteller mit Mütze auf dem Kopf und einer Art Kuhfuß, der dazu diente, die Richtung der Züge zu verändern. Der Kellner ohne Kunden im Café setzte sich an einen Tisch in zwei Metern Entfernung, zog die Zigaretten aus der Tasche, und der Mann namens Luís war über dessen Filibustergesicht und dessen weichen, in runden Falten zusammengefallenen Körper überrascht, der auf den Kollegen von der Morgenschicht wartete.
Die beiden sahen nebeneinander, vom Toten getrennt, der Ankunft des Trupps der Reinmachefrauen zu, der, in Pantoffeln schlurfend, in einer Art Hotelschwingtür verschwand. Ein paar Bettler in Stiefeln ohne Schnürsenkel mit Plastiktüten an den Fingern legten sich auf eine Rippenbank, um von ihren endlosen mit ausgestreckter Hand gemachten Pilgerreisen auszuruhen. Ein Zug fuhr heulend in einen Tunnel im Hintergrund ein, und ich dachte, Demnächst machen die das Licht aus, und ich schaue auf die blasse Morgenröte in den Fensterscheiben der Eingangshalle, die
häßlichen Bürohäuser dort draußen, die von Treibhausoberlichtern gekrönt und von Beerdigungsmotten bewohnt waren. Wir, der Kellner und ich, blieben in diesem unendlichen Raum von Waggons in einer Dachbodenstille sitzen, die der Spazierstock des Blinden ohne Unterlaß, mal näher, mal ferner klimpernd durchmaß. Die Lampen verblaßten etwas, und jenseits der Seiteneingänge ohne Schiffe und Vögel schwoll gratig und faltig wie der Grund von Kochtöpfen der Fluß an. Eine Stimme kündigte den Mikrofonen den D-Zug aus Paris an, und ein Getümmel von Emigranten auf Urlaub humpelte von der Reise betäubt und verblödet zu den in abnehmender Mondsichelform aufgereihten Taxis vor den Bürogebäuden. Der Mann namens Luís erkannte den Blinden im Gedränge der Reisenden gleich vor einem Herrn in Regenmantel, der ein Kind am Arm schüttelte, er hörte das Morsen der Spazierstockspitze auf dem Zement, doch der mit dem Regenmantel löste sich, als er bei ihm vorbeikam, in einer Gruppe vor Müdigkeit schwankender Leute mit Koffern auf dem Rücken in Luft auf. Der Kellner vom Café, der den Kugelschreiber und den Rechnungsblock vergessen hatte, stand wie ein sich entfaltendes Akkordeon auf und
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