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Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Titel: Die Rückkehr der Karavellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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Dosen mit Begonien welkten, noch mit den alten Etiketten von Kakaopulver versehen, in einem Fensteroval. Das Brett mit dem Plunder meines Gevatters bedeckte sich in einer Ecke mit Larven. Als ich die Tür aufstieß und die Gelenke der Türangeln nachgaben und ausrenkten, sah mich die Frau unbeeindruckt, mit dem Kochen der Suppe beschäftigt, an.
    – Du bist das?, sagte sie, während sie mit der Ferse die Neugier eines Huhns wegschob.
    Sie war in diesen Monaten so sehr gealtert, daß sie jetzt den Großmüttern aus den Alben ähnelte, deren wirre Runzeln und unerklärliche Pupillen aus fernen Ländern von der
anderen Seite des Mondes zu kommen scheinen, wo die durchsichtigeren Gegenstände sich von innen nach außen gekehrt verstehen und eine verwickelte Sprache ohne Vokale benutzt wird. Der Kontakt mit meinem Gevatter (der im übrigen auf einem Bord in Sepia in einem Rahmen wiedergegeben war, der diagonal durch den schwarzen Trauerflor zerschnitten wurde) hatte ihr das Fleisch gelb, die Haut trübe und am Zopf der Pantoffeln mit Überbeinen hart gemacht, und Senhor Francisco Xavier stand vor einem Wesen ungewissen Alters, das Brei mit dem Schwamm ihrer Gaumen kaute, sich über die Hühner ärgerte, die ihre Eier im Stroh der Matratzen vergaßen. Sie hatte die majestätischen Schenkel und Nieren von einst verloren, und Büsche grauer Haare blühten auf ihren Beinen. Der Regen fiel noch immer in den Gassen voller Katzen, in denen der eine oder andere dumme August des Zirkus der Chinesen sich schwindlig vor Trunkenheit in den Lackgamaschen verhedderte.
    Senhor Francisco Xavier zog unter dem Bett, das noch nach den Wechselfiebern des Toten stank, die Truhe eines Karavellenobermaats hervor und suchte in der Hütte wahllos die mottenzerfressenen Kleider der Weißen zusammen, die ihn über dem Feuer in leerer Reglosigkeit anstarrte. Er raffte Röcke, Schnürstiefel, zwei Blusen, eine Haarbürste, der Borsten fehlten, ein Emaillezigarettenetui mit Schildpattringen und -armreifen darin, ein Kettchen mit der rostigen Nase von João de Brito zusammen, kippte alles in das Sergefutter der Truhe und rückte die dicken Metallschließen zurecht. Dann hielt er der Ehefrau einen Pullover und eine Hose hin und befahl ihr, Zieh dich an, nahm einen Schirm, dessen Griff ein Hundekopf mit Elfenbeinaugenbrauen
war, spannte die zerbrochenen Speichen auf, und als er eine halbe Stunde später, das Kleeparfüm des Winters tropfend wieder zurückkam, hatte er das Haus und die Pluderfiguren einem Trapezkünstler aufs Auge gedrückt, der noch ein bißchen Geld für den Nachtwein hatte. Die Ehefrau erwartete ihn auf der Truhe sitzend mit neutraler Ruhe auf den müden Wangen.
    – Wohin gehen wir?, fragte sie mit der Stimme einer Kranken, in der sich die Silben mit Larventrägheit in die Länge zogen.
    Während er den Stengel des Schirms über dem Kopf hielt, betrachtete der Schutzheilige von Setúbal mit verächtlichen Blicken den zirkumflexförmigen Mund, den kraftlosen Busen, den hängenden Bauch und die Hüften eines Schafes, bevor er sich feierlich auf einen Lederschemel fallen ließ:
    – Nach Lixboa als Nutte arbeiten, informierte er sie, während dreckiges Wasser ihm an den Rockschößen herunterrann. Vielleicht macht ja meine Mutter noch was aus dir.

A ls Vasco da Gama, das Suecaspiel in der Tasche, mit dem Bus in Vila Franca de Xira ankam, um eine Anstellung im Sohlengeschäft zu suchen, traf er statt auf Bäume und Häuser und Straßen, an die er sich nachts in Afrika mit der pingeligen Genauigkeit des Heimwehs erinnert hatte, auf einen Ort, von dem nur noch Dachfirste und die Pagode des Musikpavillons übrig waren, versunken in der riesigen Ausdehnung stehenden Tejowassers, das, vom Novemberregen angeschoben, Landgüter, Kühe und Mauern ertränkte. In den Gipfeln der Pappeln lagen Familien einander in den Armen, sahen aufgetriebene Leichen von Kommoden, Maultieren und Hunden, Kontrabässe von Musikern, die für immer die Noten vergessen hatten, Frauen mit reglosen Fingern in Nähgesten und Krüge, auf denen Erinnerung aus Loulé stand, in Schlammstrudeln vorübertreiben, während sie auf die unwahrscheinliche Hilfe der Feuerwehrboote warteten. Der Bus kam, nachdem er Wasserfällen, Nebenbächen und herabgestürzten Steinen ausgewichen war, sicher auf einem Hügel zum Stehen, auf dem ein richtungsloser Nordost die Wurzeln der Büsche mit schweligen Gerüchen verbrannte, die Fahrgäste stiegen aus, mit den Sohlen die unterschiedliche

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