Die Rückkehr der Karavellen - Roman
Prozenten und Tabellen an das Fischereiministerium und das Denkmalschutzamt, aber selbstverständlich sind wir auch dafür, daß die Flüsse wieder mit den Mädchen bevölkert werden, ganz ohne Frage, kümmern Sie sich darum, um den Rest kümmere ich mich, und wenn Sie hinausgehen, schließen Sie bitte die Tür ordentlich, denn von dort zieht es wie Hechtsuppe, der Kanzler möge bitte Senhor Fernão de Magalhães eintreten lassen, was will diese Nervensäge denn bloß schon wieder.
Diogo Cão wohnte zwölf Jahre, sieben Monate und neunundzwanzig Tage lang in Loanda, immer in einem von tropischen Glyzinien und afrikanischen Eidechsen erodierten Häuschen im Stadtteil Alvalade, rollte leere, bei Funkern sizilianischer Frachtdampfer, die das Wasserzeichen der Banknoten prüften, indem sie diese an die Lampe in der Kabine klebten, heimlich gekaufte Flaschen falschen Genevers in den Garten, doch die meiste Zeit verbrachte er in den Nachtclubs der Insel zwischen Bahrenträgern des Kriegs auf Urlaub, die sich über seine Karten eines angeblichen Seefahrers amüsierten, ihn in den Desinfektionsmitteldunst ihres Tisches setzen und ihn mit Palmschnaps betrunken
machten, um ihn von seinen Weltreisen erzählen zu hören, armselige, erfundene Geschichten von einem komischen Alten, der mitten im Bericht sabbernd einschlief und wenn er aufwachte, Spanische Galeere backbord, Segel hissen, brüllte. Die Musiker der Musikkapelle lachten über ihn, die Kellner in grüner Jacke und Pünktchenfliege lachten über ihn, die Stripteasetänzerinnen lachten über ihn, während sie den reichen Kaffeepflanzern was ins Ohr wisperten, und ich, die älteste von allen, diejenige, die niemand auswählte, weil ich einem Seehund mit Kropf ähnelte, wenn ich mich am Tresen hübsch machte und im Spiegel hinter den Flaschenhälsen mein baumerdbeerfarbenes Haar überprüfte, nahm ihn um sechs Uhr morgens schließlich mit, diese peinlichen Überreste eines Admirals, der fast in seinem Geräusper ersoff, nach dem Fehlen von Seife und dem Urin inkontinenter betrunkener Greise roch. Ich half ihm, stützte sein Nilpferdgrunzen und den Gestank nach getrockneten Herzmuscheln seiner Haut bis zu meiner Strohhütte am Strand unter den Palmen, zwanzig Meter vom Meer. Ich legte seine ewige Seemannsunruhe auf den Erdboden des Wohnraums, und als ich von den Stimmen der Kolleginnen aus den Nachbarhütten gerufen aufwachte, entdeckte ich ihn, wie er barfuß am Saum des Ozeans hockte, geistig klarer und aufmerksamer als ein Astronom, die beinahe reglose Suppe der Wellen in der unsinnigen Gewißheit einer Nymphe betrachtete.
Zwölf Jahre, sieben Monate und neunundzwanzig Tage lang suchte Diogo Cão sie auf königliche Order hin eifrig an genau den Orten, wo man sie suchen soll, das heißt in den Nachtclubs und am morgendlichen Strand: Er durchstöberte
eine Inselhütte nach der anderen, schob Tücher zur Seite, stolperte über Kindertöpfchen und empörte Hühner; durchwühlte die Kräuter am Ufer mit dem Schwert auf der Suche nach den dreieckigen Eiern der Nixen; er hieß die Ruderboote der Fischer halten, um die Algen, die Schlangen und die toten Möwen in den Netzen zu inspizieren, doch am Ende moderte er in jedem Morgengrauen unter holländischen Sehnsüchten dahin, schwitzte Dämpfe auf meiner Matte aus, ein Kapitän ohne Schiff, der in die Stadt ging, irgendwo klingelte, auf der Fußmatte nach dem Wasserzähler fragte und ohne auf die Antwort zu warten die Treppe hinunterstieg, weil er es eilig hatte, von der Schwelle meiner Hütte aus die Ebben der Abenddämmerung auszuspähen: Wetten, daß ich in weniger als einer Minute eine fange?, forderte er mich heraus, von Amsterdam bis nach Loanda schwimmt man im Nu. Wenn es dunkel wurde, half er die kleinen Kinder meiner Nachbarinnen beruhigen, sang ihnen Lieder vom spiegelglatten Meer vor und unterhielt sie mit unendlichen Geschichten von Seebestattungen; er machte Aufziehautos heil, und an den Tagen, an denen er sein Gehalt abhob, schenkte er ihnen Puppen mit Wimpern aus Piaçabapalme, die mit der gemessenen Stimme der Orakel ihren Namen schluchzten. Ich begann mich weniger einsam und glücklicher zu fühlen, träumte heimlich von einer Greisenliebe mit dem Tagidenbeamten, der mir ständig etwas von Linsenschleifern erzählte, die im Nebel von Kanälen radelten, bis die meisten Mädchen in großen Frauenschiffen nach Europa geschickt wurden und sie mich vergaßen, weil ich weder den Körper noch das Alter für die
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