Die Rückkehr der Königin - Roman
Feind.«
»Er war ein Kir Hama. Er war König«, antwortete Anghara. »Er war auch mein Bruder«, fügte sie hinzu und schaute in die Flammen. »Und ... ich habe es auch teilweise für Senena getan.«
»Die kleine Königin?«, fragte Favrin ehrlich überrascht. »Man sagt, sie sei so ein entrücktes, scheues Ding gewesen ... wie ein scheues Kitz aus den Bergen.«
»Was wisst Ihr über Senena?«, fragte Anghara, jetzt ihrerseits verblüfft.
Favrin verzog einen Mundwinkel. »Genug«, antwortete er. »Habt Ihr geglaubt, mein Vater hätte keine Spione am Hof von Miranei?«
»Habt Ihr welche?«, fragte Anghara und musterte ihn eindringlich.
Favrin lachte. »Wenn ich welche hätte, wäre es politisch wohl kaum klug, Euch das jetzt zu sagen. Wie auch immer – ich befasse mich nicht mit Geschwätz. Ich habe Ohren, keine Spione. Ich weiß, dass Sif in Algira Ohren hatte. Es war ein Spiel zwischen uns, zwischen seinem Haus und meinem. Hätte man mich gefragt, hätte ich vielleicht die Spielregeln geändert – aber es war das Spiel meines Vaters. Doch dann starb er, und Ihr seid aufgetaucht. Das hat alles verändert.«
Anghara stellte ihr Weinglas ab. »Favrin, was wollt Ihr hier?«
»Was würdet Ihr sagen, wenn ich Euch erklärte, dass ich gekommen bin, um Euch noch einmal zu fragen, ob Ihr mich heiraten wollt?« Er lächelte über ihre Miene. »Ich würde es auch nicht glauben. Das ist selbst für mich zu aalglatt. Und außerdem ...«
Seine Augen wanderten kurz zur Tür des Vorzimmers, und Anghara stellte fest, dass sie plötzlich aus unerfindlichem Grund errötete – wegen der Dinge, die er nicht gesagt hatte. Dieser stumme Augenblick sagte mehr als jede Rede. Er war so dicht und vielsagend, dass beide den Zwang spürten, ihn nicht zu brechen, den Ballon nicht auszupacken und den Inhalt sicher verstaut zu lassen. Doch dann übernahm Favrin die Kontrolle. Ihm hatte es noch nie an Mut gemangelt. Er griff wieder auf seine Lieblingslist zurück.
»Würde es Euch das Herz brechen, junge Königin, wenn Ihr hören würdet, dass ich eine andere heiraten will?«, fragte er mit unterdrücktem Lachen in der Stimme.
Doch auch Anghara hatte sich erholt. »Mit all diesen Frauen im königlichen kaiss ... «
»Das waren die Frauen meines Vaters«, erklärte Favrin und wischte ein Dutzend exotischer Frauen lässig beiseite. »Außerdem sind sie zu alt. Einige könnten meine Mutter sein. Eine davon war meine Mutter.« Er grinste. »Ich habe sie alle in den Ruhestand geschickt und fange neu an. Später wird noch genug Zeit sein, um zu sammeln. Ich brauche einen Erben, und um einen Erben zu bekommen, brauche ich eine verheiratete Königin. Und es gibt Frauen, die die Aussicht über einen königlichen kaiss zu herrschen, keineswegs verachten.«
»Glückwunsch«, sagte Anghara lakonisch. Aber sie musste unwillkürlich grinsen, und gleich darauf lachten beide lauthals.
»So, ich habe also mein gebrochenes Herz überwunden und eine wunderschöne Lady gefunden ... und während wir uns hier unterhalten, scheint die Thronfolge von Tath gesichert«, erklärte Favrin. »Wenn es sich herausstellt, dass sie einen Knaben unter dem Herzen trägt, werde ich sie heiraten und sie wird Königin. Ist es ein Mädchen – nun, dann wird sie immer die Erste im kaiss bleiben. Was auch geschieht, sie wird die Mutter meines Erstgeborenen sein. Und es ist noch genügend Zeit für Söhne, die erben können.«
Völlig ohne Absicht hatte Favrin einen Stachel abgeschossen, mit dem er nie hatte verwunden wollen. Die Angelegenheit der Nachfolge war Anghara bis jetzt noch nie in den Sinn gekommen, doch jetzt erhob sie sich schlagartig wie eine Kobra – und ebenso giftig. Sif war ohne Erben gestorben, und ihr eigenes Königreich brauchte ein Versprechen für die Zukunft. Sie war die letzte Kir Hama.
Favrin sah, wie sich die grauen Augen umwölkten, und wich zurück. »Aber ich bin nicht gekommen, um darüber zu sprechen«, sagte er. »Ich wollte über Königreiche reden.«
Anghara faltete die Hände im Schoß. »Ach ja. Der Zweck Eures Botengangs scheint fast der gleiche zu sein wie der, mit dem ich zu Euch kam.«
»In der Tat.« Er schaute sie mit seinen blauen Augen fest und ernst an. »Ich will Frieden zwischen uns.«
»Roisinan hat nie einen Krieg begonnen«, sagte Anghara und wählte ihre Worte sorgfältig.
Leicht erregt sprang er auf. »Ich bin nicht hergekommen, um mich zu ergeben!«, erklärte er scharf.
»Nein, nicht wenn ein Erbe unterwegs
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