Die Rueckkehr der Phaetonen
spät es war. Dafür genügte es, leicht auf die obere Klappe des Taschengeräts zu drücken, woraufhin eine mechanische Stimme sofort Stunde und Minute nannte. Alles war genauso wie im zwanzigsten Jahrhundert, wenn man am Telefon die Zahl 8 wählte — nur dass sich das Teleoff immer in der Tasche befand und die Uhr komplett ersetzte. Auf diese Weise erfuhr Wolgin, dass es bereits halb elf war und er demnach etwas über fünf Stunden geschlafen hatte. Er erinnerte sich sehr gut, dass er gegen fünf Uhr morgens zum Aref zurückgekehrt war.
Die nächste Frage war: wo war er nun?
In den fünf Stunden konnte der Aref bei voller Geschwindigkeit sehr weit geglitten sein. Über das Wasser bewegte er sich zwar etwas langsamer als in der Luft, war aber dennoch viel schneller als die schnellsten Gleitboote. Bevor er eingeschlafen war, hatte Wolgin die Maschine in Richtung Kronstadt gesteuert
- sie hatte sie längst hinter sich gelassen, wobei sie sicher automatisch um die Insel herum gefahren war. Und wohin war sie danach gefahren? Wolgin wusste, dass ein Aref, der sich selbst überlassen wurde, in der Luft geradeaus in die letzte vorgegebene Richtung flog. Auf dem Wasser verhielt er sich aber genauso wie jedes andere Boot — der Wind und die Strömung hätten leicht seinen Kurs ändern können.
>Bin ich nun etwa in der Ostsee?<, dachte Wolgin. Er konnte nicht bestimmen, wo Nord oder Süd war - hinter den Wolken war die Sonne nicht zu sehen. In Leningrad hatte man nur für ihn ein wolkenloses Wetter eingestellt, und das hier musste offenbar der Ort sein, zu dem die Wolken gelenkt wurden. Diese hingen sehr tief - also war es ebenso sinnlos, hochzusteigen und zu versuchen, den Boden von oben zu sehen. Also, wohin nun? Wolgin war überhaupt nicht aufgeregt und ebenso wenig verängstigt, weil eine sichere und kluge Maschine ihm nach wie vor uneingeschränkt zur Verfügung stand. Das einzige, was ihn etwas beunruhigte, war der Gedanke an Mary und Wladilen -inzwischen mussten sie sich auf jeden Fall ziemliche Sorgen machen.
>Ich sollte sie anrufen - dann kann ich auch fragen, was zu tun ist.<
Er holte wieder das Teleoff aus der Tasche und erinnerte sich erst jetzt daran, dass er weder die Nummer von Wladilen noch die von Mary kannte. Er hatte sie noch nie selbst anrufen müssen - bisher taten sie es immer selbst. Man hatte ihm zwar bereits gesagt, er könne jede Nummer bei der Auskunft erfahren — aber wie sollte er diese anrufen? Das war etwas, das er ebenfalls nicht wusste.
>Also gut, kein Problem. Ich rufe Lucius an, und er wird es ihnen weiter sagen<, versuchte Wolgin, sich selbst zu beruhigen.
Das Teleoff war zwar vollkommen in Ordnung, aber die Minuten vergingen, und Lucius nahm immer noch nicht ab. Dann erinnerte sich Wolgin an das, was er sich auch sofort hätte denken können - wenn sein »Vater« im Labor arbeitete, hatte er die Gewohnheit, das Teleoff in der Schublade zu verstecken, damit irgendein zufälliger Anruf nicht einen laufenden Versuch stören konnte. Jetzt war Lucius natürlich im Labor und konnte das leise Summen des Gerätes nicht hören. >Recht dumm, das Ganze<, dachte Wolgin.
Er hob die Maschine entschlossen in die Luft, drehte sie um hundertachtzig Grad und flog einfach der Nase nach. Für einen Aref befand sich jedes Ufer der Ostsee nicht sehr weit. In ein paar Minuten würde Wolgin das Land erreichen können, wo er sicher irgendein Haus finden würde, in dem es Menschen gab, und alles würde wieder in Ordnung kommen. Es wunderte ihn sehr, dass Mary und Wladilen ihn nicht selbst anriefen - aber wahrscheinlich hatten sie es den ganzen Morgen getan und dachten jetzt weiß Gott was, weil sie von ihm keine Antwort erhalten hatten. Wahrscheinlich waren jetzt in Leningrad Hunderte von Menschen mit der Suche nach dem verschwundenen Aref beschäftigt. Wolgin verzog das Gesicht, als er an den Aufruhr dachte, den er mit seinem Verschwinden verursacht haben konnte. Er hätte nicht auf das Meer hinaus fahren sollen, wenn er schon so müde war - und Kronstadt hätte er sich jederzeit ansehen können. Keiner hätte ihn daran gehindert, den Abflug aus Leningrad um einen weiteren Tag zu verschieben.
Wolgin hatte den ganzen gestrigen Tag nichts gegessen, und der Hunger machte sich bemerkbar. Aber natürlich würde man ihm in jedem Haus etwas zu essen geben. >Und es würde auch niemanden etwas kosten<, dachte er lächelnd.
Auf einmal sah er in der Ferne so etwas wie eine Insel. Als er näher kam, wurde ihm
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