Die Rueckkehr der Phaetonen
glitzernden Punkte oder kaum merkliche neblige Streifen über die glatte Oberfläche der »Decke« und der »Wände«, die wie mit dünner Glasschicht bedeckt schien. Einmal, als fast in der Mitte der Kuppel ein besonders heller Punkt wie ein kleines Sternchen aufleuchtete, sah er seine Spiegelung auf dem Boden - also erschien dieser nur matt, war es aber nicht in Wirklichkeit.
Die Augen, die ihre Sehkraft erst vor kurzem wieder bekommen hatten, wurden müde und begannen zu schmerzen. Er machte sie zu. Aber das Bild des rätselhaften Raums stand auch vor den geschlossenen Augen, beunruhigte und verwirrte ihn durch seine absolute Unverständlichkeit. Wo, um alles in der Welt, befand er sich?!
Die Frage, die ihn so oft beschäftigte, kehrte wieder zurück. Auch wenn er seine Umgebung endlich gesehen hatte, hatte das keine Klarheit geschaffen, sondern alles nur noch verwirrender gemacht. Der Pavillon war so merkwürdig, unterschied sich so sehr von allem, was er früher gesehen hatte, dass der Gedanke an einen Traum, eine Halluzination des von der Krankheit geschwächten Gehirns unwillkürlich wieder zurückkehrte. Er freute sich sogar über diese »Erklärung« und öffnete die Augen rasch wieder, in der Hoffnung, dass er die fantastische Kuppel diesmal nicht sehen würde und alles um ihn herum wieder zu einer alten, gewohnten Umgebung werden würde.
Nichts hatte sich geändert.
Nach wie vor umgab ihn das blaue Leuchten der geometrisch richtigen runden Oberfläche der »Decke«. Keine Wände, keine Türen, keine Fenster. Kein Traum, sondern tatsächliche und unumstößliche Realität. >Dennoch muss es hier Türen geben<, dachte er plötzlich. >Jemand ist doch zu mir hereingekommen ... Offenbar ist die Tür hinter mir, dort, wo ich nicht hinsehen kann.< Er wiederholte diesen Satz mehrmals in Gedanken und schöpfte Beruhigung aus der Erinnerung daran, dass jemand hereingekommen war und folglich irgendwann noch einmal kommen musste. Er war nicht allein, es waren andere Menschen in der Nähe. Sie wussten natürlich, was das alles zu bedeuten hatte, und würden es ihm erklären, wenn es soweit wäre.
>Je früher, desto besser«, dachte er. Und lauschte wieder ungeduldig, wartete auf die Schritte, die er schon einmal gehört hatte. Aber es war still, so still, dass die Schläge seinen eigenen Herzens ihm laut erschienen, so laut wie das Ticken einer großen Pendeluhr, die die ganze Zeit, seit er sich daran erinnern konnte, in seiner Wohnung gestanden hatte, der Uhr, dessen gleichmäßiges Ticken unzertrennlich mit den Erinnerungen an seine Kindheit verbunden war.
Doch es war immer noch niemand zu sehen. Die Zeit verging und brachte keinerlei Veränderungen mit sich. Viele Male schlief er ein und wachte wieder auf, um weiter auf irgendeine Veränderung zu warten. Alles was ihn umgab, schien ein für allemal erstarrt zu sein. Nur die kaum merklichen Lichtwechsel der Kuppel, die Funken, die darauf aufleuchteten, zeugten von der Existenz der Bewegung und des Lebens dort, hinter den Wänden des Pavillons. Langsam hatte Verzweiflung von ihm Besitz ergriffen - wie lange sollte er diese quälende Einsamkeit noch ertragen? Es mussten doch endlich irgendwelche Menschen kommen, und sei es nur, um ihm Essen zu bringen. >Moment mal<, dachte er, >wie kann man mich denn füttern, wenn ich meinen Mund nicht öffnen kann? Wahrscheinlich werde ich irgendwie künstlich ernährt ...< Dass er ernährt wurde, war klar - sowohl wegen seinem Äußeren wie auch wegen der Tatsache, dass er keinen Hunger verspürte. >Jetzt werde ich um nichts in der Welt mehr einschlafen<, entschloss er sich, >und warte solange, bis jemand kommt. Ich muss jemanden sehen, koste es was es wolle.<
Aber wie lange musste er warten? Er wusste es nicht. Ihm blieb außer geduldigem Warten auf diesen unbekannten Augenblick auch nichts anderes übrig. Er war absolut hilflos und hatte keinen Einfluss auf seine Umgebung, er konnte sie nicht nach seinem Belieben ändern. Er war den Menschen, die ihn mit Hilfe irgendwelcher unbekannten Techniken heilten — jetzt war diese Tatsache eindeutig - vollkommen ausgeliefert. Wann diese Menschen es für nötig halten würden, zu erscheinen, blieb unklar. Vielleicht warteten sie absichtlich darauf, dass er einschlief, während sie ihn irgendwie beobachteten, am ehesten von irgendwo hinten.
Dieses Mal kämpfte er lange gegen den Schlaf an, fest entschlossen, das Vorgenommene in die Tat umzusetzen, schlief aber dann doch ein, ohne
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