Die Rueckkehr der Phaetonen
Menschen gesehen hatte, drückte sanft die Schulter des Patienten. »Ist Ihnen denn wirklich bequem?«, fragte er wieder. Offenbar bereitete dieser Gedanke dem Unbekannten die meisten Sorgen.
»Ja.«
»Sind Sie jetzt beruhigt?«
Der Patient wollte sagen, dass er weder jetzt ruhig war noch sich in der Zukunft beruhigen würde, bis er erführe, was das für ein merkwürdiger Raum und wer sein nicht weniger merkwürdiger Gastgeber war. Er konnte aber nichts sagen, er konnte nicht nach Erklärungen verlangen und auf einer Antwort bestehen. »Ja, jetzt bin ich beruhigt«, sagten seine Augen.
»Dann auf Wiedersehen - nur für kurze Zeit. Wenn ich wieder komme, werden Sie sich in einem besseren Zustand befinden als jetzt und wir werden uns viel ausführlicher unterhalten können.« Er lächelte, wobei die makellose Linie seiner Zähne aufblitzte, strich dem Kranken beruhigend über den Arm und ging langsam zu der Wand. Aber es schien, als wolle er nicht so schnell wieder gehen - und tatsächlich, nach ein paar Schritten blieb er unentschlossen stehen und drehte sich wieder um. »Ich hätte noch eine Frage an Sie«, sagte er sichtbar aufgeregt. »Sie ist sehr wichtig für uns alle. Ich würde ihre Klärung nicht länger verschieben wollen. Wenn ihr Gedächtnis vollständig zurückgekehrt ist - erinnern Sie sich denn auch an Ihren Namen?«
»Selbstverständlich«, wollte der Kranke sagen, konnte aber nur langsam die Augen zu einem »Ja« schließen.
»Sie können ihn nicht nennen, aber ich nenne selbst einen, der am wahrscheinlichsten ist. Wir haben eine Vermutung... die ist zwar fast bewiesen, aber dennoch. Der ganze Planet wartet auf die Auflösung dieses Rätsels«, er verstummte, als sammelte er Kräfte für die Frage, die er stellen wollte. Dann sprach er langsam und deutlich: »Dmitrij Wolgin?«
Die Augen des Patienten antworteten mit Ja.
3
Die Genesung schritt immer schneller voran. Jeder Tag brachte Dmitrij Wolgin eine spürbare Änderung mit sich. Er konnte bereits, zwar nur mit Mühe und nicht ganz frei, seine Arme und seinen Kopf bewegen. Seine Zunge gehorchte ihm ebenfalls noch schlecht, aber die Worte klangen klar genug, um verstanden zu werden.
Er musste immer noch bewegungslos liegen. Die physischen Körperfunktionen waren bisher nicht nötig und Wolgin wurde auch nicht gefüttert - Hunger oder Durst verspürte er aber ebenfalls nicht. Ab und zu injizierte man ihm irgendeine helle Flüssigkeit, offenbar eine Nährlösung, und er bemerkte, dass er davon immer kräftiger wurde. Die Menschen, die ihn versorgten, warteten nicht mehr darauf, dass Wolgin einschlief, sondern kamen auch zu ihm hinein, während er wach war und führten mit ihm vollkommen unverständliche, aber kurzzeitige und schmerzlose Prozeduren durch. Die meiste Zeit aber lag Wolgin allein da, der Einwirkung des Lichts überlassen, das langsam und allmählich von einem Farbton in den anderen wechselte. Zuerst beobachtete er diese schönen Übergänge neugierig, dann gewöhnte er sich daran und nahm sie danach überhaupt nicht mehr wahr. Er langweilte sich sehr, da er immer bewegungslos liegen musste und nichts anderes als nachdenken konnte. Auf seine Bitte, ihm ein Buch zu geben, erfolgte die Antwort, dass es jetzt noch absolut unmöglich war.
Alles, was mit ihm seit dem Moment passierte, als er wieder zu sich gekommen war, blieb für ihn nach wie vor ein Rätsel. Die Gespräche mit dem ersten Menschen, den er gesehen hatte, waren kurz und vergleichsweise selten. Wolgin wusste bereits, dass der Name dieses Menschen Lucius war. Dieser erstaunliche Name, der so sehr an das alte Rom erinnerte, verblüffte ihn, dann hatte sich aber herausgestellt, dass auch die anderen Menschen, die er sah, nicht weniger merkwürdige Namen hatten. Zum Beispiel hieß der eine Caesium, der andere Io. Zusammen mit ihnen kamen aber auch oft zwei junge Männer mit gewöhnlichen Namen, die Wolgin sehr gut bekannt waren - Sergej und Wladilen.
Auf die Frage nach ihrer Nationalität hatte Lucius lächelnd geantwortet, dass sie alle Russen wären, dennoch sprachen sie in einer Sprache miteinander, die Wolgin nur mit größter Mühe verstehen konnte. Die Grundlage dieser Sprache war zweifellos Russisch, aber fast die Hälfte der Worte war ihm unbekannt, und er hörte immer wieder Sätze aus anderen Sprachen, die er überhaupt nicht kannte. Nur Lucius sprach normales Russisch, aber mit einem deutlichen Akzent, dessen Ursprung Wolgin einfach nicht feststellen konnte.
Weitere Kostenlose Bücher