Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Rueckkehr der Phaetonen

Titel: Die Rueckkehr der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
Vom Netzwerk:
glücklicher Umstand ist. Ich denke, dass wir jetzt kein Recht mehr haben, ihn zum Leben zu erwecken.«
    »Du meinst also ...«
    »Wir müssen uns dem Schicksal beugen. Dmitrij ist ein Mensch und kein Versuchskaninchen.«
    Die Wissenschaf der sahen einander schweigend an. Wenn Lucius selbst es sagte, dann gab es nichts mehr, worauf sie hoffen konnten. Nur seinetwegen, nur mit seiner kraftvollen Unterstützung hatten die Befürworter von Dmitrijs Wiederbelebung in der damaligen Diskussion einen Sieg errungen. Es war sinnlos, eine neue Diskussion anzufachen, wenn man schon vorher wusste, dass Lucius dagegen sein würde.
    Kotow übersetzte Lucius’ Worte für seine Kameraden. Sie hörten ihm höchst erstaunt zu - sie alle wussten, wie sehr Lucius Wolgin liebte und wie väterlich seine Gefühle waren. Xenia Stanislawskaja senkte den Blick - nur sie allein wusste, wodurch die Worte, die alle so verblüfft hatten, ausgelöst wurden. >Und was ist, wenn ich mich geirrt habe?<, dachte sie bestürzt, verwirrt und von Gewissensbissen gequält. >Was ist, wenn Dmitrij nun meinetwegen stirbt?<
    Sie bereute die Worte wirklich sehr, die ihr beim Treffen mit Lucius am heutigen Morgen rausgerutscht waren - aber natürlich hätte sie nicht wissen, ja nicht einmal annehmen können, dass sie einen derartigen Eindruck auf ihn machen würden.
    Es war fast schon ein Zufall gewesen. Sie hatte sich in der Tür geirrt und war in Lucius’ Hauslabor gegangen. Er war allein, saß im Sessel vor seinem Arbeitstisch und schien tief in seine Gedanken versunken zu sein. Als er ihre Schritte hörte, zuckte er zusammen und hob den Kopf.
    »Entschuldigen Sie!«, sagte Xenia und machte einen Schritt zurück.
    »Nein, kommen Sie rein«, erwiderte Lucius. »Ich möchte nicht allein sein, es ist schwer für mich. Bleiben Sie ein wenig. Es ist niemand sonst auf der Erde, weder Ära noch Mary.«
    Sie war verblüfft vom Klang seiner Stimme, seinem Gesichtsausdruck und einer irgendwie kindlichen Hilflosigkeit, die von seiner gesamten massiven Gestalt ausging. Ein starker Mann mit einem unbeugsamen Willen war jetzt vom Kummer überwältigt und gebrochen worden. In Xenias Herz flammte ein unsägliches Mitleid auf - sie verspürte den Wunsch, ihn zu umarmen, seinen Kopf auf ihre Brust legen und ihm sagen, er solle weinen und heulen, damit es für ihn ein wenig leichter wäre. Aber sie konnte sich nicht einmal vorstellen, dass Lucius tatsächlich weinen würde. Sie ging zu ihm, setzte sich und nahm seine Hand in ihre.
    »Da, Xenia«, sagte Lucius. »Unser Dmitrij ist fort... Warum habe ich nicht auf den Rat meines Vaters gehört? Wozu habe ich ihn trotzdem zum Leben erweckt?«
    »Weil es notwendig war. Und Dmitrij war stolz darauf, dass er der Wissenschaft dienen konnte, er hat es mir und Maria oft gesagt.«
    »Aber er hat doch so wenig gelebt. Und dabei hätte er noch so lange leben können!«
    Und es war genau dieser Augenblick, in dem Xenia die entscheidenden Worte sagte. »Ich weiß nicht, was für Dmitrij besser wäre. Ich habe mal ein Gespräch zwischen ihm und Igor Wtorow gehört - das Bewusstsein seiner Unvollständigkeit in dieser Welt hat ihn gequält. Er sagte, sogar der Tod wäre besser als ein Leben außerhalb der Allgemeinheit.«
    Lucius hob den Kopf und sah sie genau an. »Ja«, sagte er dann, »das weiß ich. Danke, Xenia! Sie haben mich an das erinnert, was ich nicht hätte vergessen dürfen. Ich bin nicht nur ein Biologe, ich bin auch noch sein Vater.«
    Er ließ den Kopf wieder senken und saß lange da, ohne sich zu bewegen.
    Sie hatte es nur gesagt, um seinen Kummer zu lindem, sie hatte nur versucht, es ihm ein wenig leichter zu machen, so gut sie es eben konnte. Wenn sie es nur gewusst hätte ...
    Lucius sah wieder auf und flüsterte: »Ja, so ist es sicher besser.«
    Und jetzt hatte Xenia verstanden, welche Entscheidung Lucius damals getroffen hatte. Der Mensch in ihm hatte die Oberhand über den Wissenschaftler gewonnen.
    Es war Io, der das lange Schweigen brach. »Wenn wir dich richtig verstanden haben, Lucius«, sagte er, »sollen wir also keinen Versuch unternehmen, Wolgin zu retten.«
    »Wenn er tot ist, nein. Aber wenn er noch lebt, sind wir verpflichtet, alles Menschenmögliche zu tun, um ihn zu retten. Ich wiederhole, um sein Leben zu retten. Die Vorgehensweise, die du vorgeschlagen hast, können wir bei Dmitrij nicht anwenden.«
    »Dann soll es so geschehen, wie du es willst.«
    Beim Wort »willst« zuckte Lucius zusammen, sagte aber

Weitere Kostenlose Bücher