Die Rueckkehr der Phaetonen
stimmte Muncius dem jungen Wissenschaftler zu. »Was man angefangen hat, das soll man auch immer zum guten Ende bringen. Eines der ältesten Sprichworte sagt: >Mit Geduld und Zeit kommt man mählich weit.< Sehr gute Worte.«
Wladilen zog den Zeltvorhang beiseite. »Kommt rein«, sagte er. »Macht es euch bequem und ruht euch erst mal aus. Ein Vater und ein Sohn finden immer etwas, worüber sie sich nach langer Trennung unterhalten können. Ich lasse euch für eine Weile allein — ich muss zum Optiklager, eine neue Linse für den Videoskop holen und dann bei Gelegenheit auch ein paar Lebensmittel. Bin in einer Stunde wieder zurück.«
Er ging zu einem der Fluggeräte, die unter den Bäumen standen. Eine Seitenwand, die als Einstiegsluke diente, schob sich zur Seite, als er sich dem Apparat näherte. Die Maschine stieg hoch und verschwand bald hinter den Baumkronen.
Der Vater und der Sohn ließen ihre Blicke hinterher wandern. »Muss er tatsächlich zum Lager oder ist er nur höflich?«, fragte Muncius.
Lucius zuckte die Schultern. »Eher das Zweite«, sagte er. »Er braucht zwar wirklich Lebensmittel und eine neue Linse, aber die hätte er auch morgen holen können.« Lucius grinste. »Wladilen denkt mit Sicherheit, dass wir uns über etwas unterhalten wollen. Wir hätten ihn zurückhalten sollen.«
»Macht nichts«, antwortete Muncius. »Höflichkeit, selbst die irrtümliche, ist immer gut.«
»Du musst müde sein«, sagte Lucius. »Leg dich hin und ruh dich ein wenig aus. Ich mache später etwas zu essen.«
»Ich bin nicht müde«, erwiderte Muncius. »Aber ich würde mit Vergnügen etwas essen.«
Sie gingen ins Zelt. Dort war es kühl und sehr sauber. Der Boden, der komplett mit flauschigem Stoff bedeckt war, roch angenehm nach Harz. Ein ordentlich gemachtes Segeltuchbett, ein Tisch und ein paar Stühle, die entweder aus Elfenbein oder etwas sehr Ähnlichem gefertigt waren, machten die ganze Einrichtung aus. Auf dem Tisch stand ein riesiger Strauß Schnittblumen. »Wo kommen die denn her?«, wunderte sich Muncius. »Diese Blumen sind doch nicht aus dem Wald, sondern aus einem Gewächshaus.«
»Man' kümmert sich sehr gut um Wladilen«, sagte Lucius. »Sie ist es, die diese Behausung immer aufs Neue schmückt.«
Muncius lächelte liebevoll. »Typisch meine Enkelin«, sagte er. »Kann sich seit früherer Kindheit nicht von Blumen trennen ... und für ein junges Mädchen ist es auch natürlich, dass sie sich um einen jungen Mann kümmert, der so einsam lebt. Aber sag mal, warum lebt Wladilen eigentlich nicht bei dir? Bis zu deinem Haus dürfte es nicht sehr weit sein, wenn ich mich nicht irre.«
»Es ist ganz in der Nähe. Etwa hundert Kilometer, zwei Minuten Flug. Ich habe es ihm angeboten, aber er wollte nicht.«
Sie setzten sich beide hin.
»Solange wir mit dem Frühstück beschäftigt sind«, sagte Muncius, »erzähl mir die ganze Geschichte doch mal von Anfang an. Ich weiß bereits von dem Fund, aber wie ist es passiert? Was hat Wladilen dazu geführt, dass er die Suche nach dem Meteoriten angefangen hat? Ich weiß noch, er sagte, dass dank dir die Einschlagsstelle genau bekannt sei. Was hat es damit auf sich? Ich möchte alle Einzelheiten wissen.«
»Ja, gut«, sagte Lucius. Er goss ein heißes Getränk in die Gläser und fing mit seiner Erzählung an.
»Das ist vor etwa drei Wochen geschehen. Ich habe in meinem Hauslabor die ganze Nacht gearbeitet - es war ein interessantes Forschungsproblem und ich habe nicht bemerkt, wie die Zeit verging. Um etwa fünf Uhr morgens ging ich hinaus, wollte vor dem Schlafengehen ein wenig frische Luft schnappen. Es war bereits ganz hell, aber die Sonne war noch nicht aufgegangen. Du kennst doch diese frühen Morgenstunden ... Sie haben eine besondere Schönheit an sich, nicht wahr?
Ich war also im Garten spazieren und habe den Schlaf völlig vergessen. Da hörte ich auf einmal ein leises Pfeifen, das von oben zu kommen und sehr weit entfernt zu sein schien. Ich hab noch nicht einmal daran denken können, was das für ein Geräusch war, da schwoll es schon an, wobei es mit jedem Augenblick näher kam. Und dann flog dieser glühende Meteor direkt über mir hinweg. Er bewegte sich ziemlich langsam in etwa einem halben Kilometer Höhe. Man konnte sehen, dass er schon sozusagen außer Atem war. Er hat für einen Augenblick den ganzen Garten in grünes Licht getaucht und ist dann hinter dem Horizont verschwunden. Ich habe seine Flugrichtung genau beobachten können -
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