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Die Rueckkehr der Phaetonen

Titel: Die Rueckkehr der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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Wladilen. »Und zwar sowohl formal wie auch grundsätzlich. Den Kopf abzutrennen hat, soweit ich weiß, niemand vor. Und das Gehirn herauszunehmen — was ist denn Schlechtes oder Misshandelndes dabei? Macht man denn keine Obduktionen bei Menschen, die aus unerklärlichen Gründen gestorben sind oder etwa zu Lernzwecken? Ich weiß schon, Sie werden jetzt wieder sagen, dass diese Menschen ihr Einverständnis dazu gegeben haben, als sie noch lebten und Dmitrij Wolgin oder wer er nun auch sein mag, es nicht getan hat. Aber das ist doch reinster Formalismus. Und wichtige und nützliche Versuche einfach aus formalen Gründen zu verwerfen ... ich weiß nicht. So wie es aussieht, kann unsere individuelle Freiheit auch schaden. Das ist doch absurd!«
    Mary sah ihn belustigt an. »Es ist wirklich schwer, mit Ihnen zu streiten«, sagte sie. »Von eurem Standpunkt aus habt ihr beide, Sie und mein Vater, natürlich Recht. Schließlich haben alle anderen nicht umsonst zugestimmt. Jetzt haben Sie Dmitrij Wolgins Körper - ich bin übrigens davon überzeugt, dass er es ist - in diesem Gebäude da, wo alle oder fast alle der besten Wissenschaf der unter los und meines Vaters Führung nun schon seit drei Jahren daran arbeiten. Das ist doch das, was ihr alle wolltet, oder?«
    »Haben Sie ihn gesehen?«, fragte Wladilen.
    »Wen, meinen Vater?«
    »Nein, den Körper.«
    Mary verzog das Gesicht. »Nein, habe ich nicht«, sagte sie. »Kein einziges Mal. Und das habe ich auch nicht vor. Betrachten Sie das ruhig als weibliche Launen, aber dieser >große Versuch<, wie ihn alle nennen, ist mir unangenehm. Es ist etwas Düsteres und ausgesprochen Beklemmendes daran. Und ich liebe das Leben, ich liebe die Blumen und die Sonne. Und ich gehe auch niemals ins Vaters Labor, solange sich dort ein toter Körper befindet. Sie können ruhig allein hingehen. Wir sind übrigens schon da — das ist die Tür. Ich denke, Sie finden Vater im zweiten Stock, direkt gegenüber der Treppe. Er weiß von Ihrer Ankunft und wird sich sicher freuen, wenn er einen weiteren Enthusiasten sieht.«
    Sie nickte mit dem Kopf. Das helle Haar fiel ihr in die Stirn und sie warf es mit leichter Handbewegung wieder zurück. »Und sagen Sie ihm, ich erwarte euch beide in zwei Stunden zum Frühstück. Er hat es natürlich wieder vergessen - tun Sie es wenigstens nicht. In zwei Stunden — ich hoffe, das wird für ein erstes Gespräch reichen.«
    Sie drehte sich um und ging den Weg zurück, den Sie gekommen waren. Wladilen sah ihr nach, bis ihr rotes Kleid im Grün nicht mehr zu sehen war. Plötzlich dachte er daran, dass er bei ihr keinen Gürtel gesehen hatte. Merkwürdige, dachte er. >Ist sie etwa noch so jung? Oder ist der Gürtel unter dem Kleid? Dann ist sie wohl kokett. Jedenfalls ist sie viel schöner geworden als vor drei Jahren ... Wie alt ist sie eigentlich wirklich?<
    Er wartete darauf, dass Mary seinen durchdringenden Blick spüren und sich umdrehen würde. Aber sein Warten war vergeblich.
    Wladilen ging in das riesige Gebäude. Die große Eingangshalle war mit vielen Büsten großer Biologen der Vergangenheit und der Gegenwart geschmückt. Wladilen sah, dass Lucius’ Büste nicht dabei war. Bescheiden, wie es sich für einen großen Wissenschaftler gehörte, dachte der junge Astronom. Er ging eine blaue Treppe hoch, auf deren jeder Stufe eine steinerne Vase mit Blumen stand und kam in den zweiten Stock. Mary hatte natürlich Recht gehabt: hier sah Wladilen sofort denjenigen, den er suchte. Durch eine Glastür war Lucius zu sehen, der an einem Tisch saß und etwas schrieb. Er schien vollkommen in seine Arbeit vertieft zu sein, und Wladilen schämte sich, ihn zu unterbrechen. Er entschied sich, ein wenig zu warten, bis Lucius fertig war, aber dieser schien die Anwesenheit seines Gastes gespürt zu haben und hob den Kopf. Nach einigen Sekunden schüttelten sie einander die Hände.
    »Ich bin froh, dass Sie sich endlich an Ihr Versprechen erinnert haben«, sagte Lucius. »Warum haben Sie sich so lange nicht blicken lassen?«
    »War ziemlich beschäftigt«, erwiderte Wladilen. »Musste auch noch ein weiteres Mal zur Venus fliegen. Ich komme übrigens gerade von dort - habe einfach den erstbesten Linienraketengleiter genommen. Ein unerträglicher Planet! Das Gehirn schmilzt dort buchstäblich vor Hitze. Ich habe übrigens nicht vergessen, dass ich Ihnen einen Besuch versprochen habe. Ich war noch vor dem Abflug bei Ihrem Vortrag über die ersten Ergebnisse Ihrer Arbeit

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