Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Rueckkehr der Phaetonen

Titel: Die Rueckkehr der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
Vom Netzwerk:
gefundenen Sarg lag?
    War es Dmitrij Wolgin oder hatte man einen anderen, unbekannten Menschen gefunden, der ebenfalls in einem Blei- anstelle eines Holzsargs beigesetzt wurde? Und wie sollte man diese Frage überhaupt beantworten können? Es hätte bestimmt ein Dutzend Gründe geben können, warum die antiken Menschen Blei anstatt Holz nehmen mochten. Ob man jetzt mit der Suche aufhören konnte oder sollte man sie noch weiter fortsetzen?
    Was Lucius und Io anging, so interessierten sie sich nicht so sehr für die Frage, wer nun im Sarg lag. Das Wichtigste für sie war es, einen mehr oder weniger erhaltenen Leichnam eines Menschen zu bekommen, der vor etwa zweitausend Jahren gestorben war. Und das Moralgesetz der Epoche sah diese Geschichte ganz anders. Die Überreste eines Menschen unterlagen nach der Untersuchung durch die Biologen einer wiederholten Beisetzung — und zwar nach moderner Art, durch Verbrennung. Aber welchen Namen sollte man nun bei der Bestattungszeremonie nennen? Welcher Name sollte ins Namensbuch eingetragen werden?
    »Wir müssen die Suche fortsetzen«, entschied Muncius. »Und zwar so lange, bis wir entweder einen zweiten Bleisarg finden oder uns davon überzeugen, dass es einen zweiten nicht gibt, und folglich der gefundene Sarg der von Dmitrij Wolgin ist.«
    Die Suche wurde mit derselben Hartnäckigkeit fortgesetzt wie vorher. Muncius und Wladilen waren geblieben, um sie zu betreuen. Lucius und Io flogen zum Institut zurück und nahmen den Sarg mit, in dem sich ein Leichnam befand, der auf einige noch unerforschten Geheimnisse des Lebens einer Zelle Licht werfen konnte. Und spielte es denn eine große Rolle, wessen Leichnam es nun genau war?
    Die Kalkablagerungen, die mit der Zeit so fest wie Stein geworden waren, wurden vorsichtig und sorgfältig entfernt. Im grellen Laborlicht blitzte die bleierne Oberfläche dumpf auf - und auf einmal kam es den Wissenschaftlern so vor, als wäre der Sarg ganz neu, als wäre er nicht vor zweitausend Jahren, sondern vor ein paar Tagen angefertigt worden. Die Schweißnähte wurden mit stark vergrößernder Optik untersucht. Sie waren absolut dicht und wiesen nicht die geringsten Schäden auf. »Merkwürdig!«, bemerkte Io. »Irgendwie sehen die Schweißnähte trotzdem recht schlampig aus.«
    Alle, die den Sarg sahen, waren der Meinung, dass er eindeutig zu klein war. Niemand von den modernen erwachsenen Menschen würde hineinpassen. Aber die Forscher wussten, dass die Menschen aus dem ersten Jahrhundert der kommunistischen Ära viel kleiner gewesen waren als die Menschen aus dem neunten Jahrhundert der Neuzeit.
    »Es ist die Leiche eines erwachsenen Menschen«, sagte Lucius zuversichtlich. »Macht den Sarg auf!«
    Etwas später hoben vier Männer den Sargdeckel an und stellten ihn vorsichtig zur Seite.
    Vor den Wissenschaftlern lag ein hervorragend erhaltener Leichnam eines Mannes. Die ausgetrocknete schwarze und faltige Haut im Gesicht und auf den Händen umspannte fest die Knochen, besaß aber keinerlei Risse. Der Rest des Leichnams war von einer Decke verhüllt, die einmal weiß gewesen war.
    »Macht ihn wieder zu«, sagte Lucius. Ein durchsichtiger kuppelförmiger Deckel senkte sich von oben auf den Sarg und rastete fest in den Sockelfugen ein. »Ich weiß nicht, warum ich das denke«, sagte Lucius, »aber ich glaube, das ist zweifellos Dmitrij- Wolgin.«
    »Was macht das für einen Unterschied«, sagte Io, »ob er es ist oder jemand von seinen Zeitgenossen? Für uns hat es keine Bedeutung. Wann wollen Sie mit der Arbeit anfangen?«

4
    Das zweite biochemische Labor stand mitten in einem großen Garten. Ein gewaltiges Gebäude aus weißem Material, das von einer Kuppel aus Milchglas gekrönt war, erhob sich wie eine schneebedeckte Bergspitze aus dem grünen Pflanzenmeer. Um es herum waren kleine Häuschen verstreut, die genau so aussahen wie das Labor selbst. Einige von ihnen besaßen ebenfalls Kuppeln aus Milchglas. Diese Häuschen schienen sich in dem üppigen Grün vor neugierigen Blicken zu verstecken.
    Der Garten selbst war riesig — es besaß einige Quadratkilometer Fläche. Darin waren alle möglichen Arten von Fruchtkulturen vorhanden - Apfelbäume, Birnbäume, Kirschen, Zitronen, Nektarinen, Kokospalmen und viele weitere Pflanzen, die für einen Botaniker aus dem zwanzigsten Jahrhundert alle unbekannt wären. Entlang akkurater Gehwege liefen lange Reihen aller möglichen Blumen, die aus aller Welt gesammelt zu sein schienen. Hier gab es Rosen,

Weitere Kostenlose Bücher