Die Rueckkehr der Phaetonen
dagegen.«
Wladilen dachte eine Minute nach. »Ich denke«, sagte er dann, »dass Sie, Muncius und alle anderen, die so denken, Unrecht haben. Dagegen sind die Urteile Ihres Vaters vollkommen logisch. In den vergangenen Zeiten hat man Menschen in der Erde begraben. Es war so, als existierten sie danach weiter, als hätten sie nicht aufgehört zu leben und wären nicht einfach spurlos verschwunden. Die Menschen hatten sich an den Gedanken gewöhnt, dass selbst wenn der Mensch gestorben ist, er immer noch da war. Daher kommt auch dieser Kult der Toten, der im Bewusstsein der Menschen bis hin zu unseren Tagen überdauert hat...«
»In dieser Frage verwechseln Sie etwas«, unterbrach ihn die junge Frau. »Die Geschichte spricht von ganz anderen Gründen ...«
»Vielleicht tue ich das auch, ja«, unterbrach Wladilen sie seinerseits. »Aber darum geht es nicht. Ich will damit sagen — selbst wenn wir die Überreste der Gestorbenen nicht aufbewahren, sondern sie vernichten, aus dem Gedächtnis der Menschen verschwinden sie keineswegs. Wir verehren nicht den Körper eines Menschen, sondern seine Verdienste als die eines intelligenten Wesens. Wenn es wahr ist, dass es der Leichnam des Helden der Sowjetunion Dmitrij Wolgin ist, dann steht sein Name neben dem Namen seiner Ehefrau an der goldenen Tafel an der Wand im Pantheon und das, glaube ich, reicht völlig. Ich bin mir sicher — wenn wir ihn fragen könnten, wäre er sicher einverstanden und würde sich darüber freuen, auch nach dem Tod der Wissenschaft im Dienste der Menschheit zu dienen. Ich an seiner Stelle wäre glücklich gewesen. Und Sie, Mary, auch ...«
Sie lachte. »Sie urteilen ganz genauso wie mein Vater, so, als hättet ihr beide euch abgesprochen. Und es ist schwer, mit Ihnen darüber zu streiten. Sicher, jeder von uns würde sich freuen, der Wissenschaft zu dienen, nicht nur nach dem Tod, sondern auch zu Lebzeiten. Ich wäre damit einverstanden, ein Versuchsobjekt meines Vaters zu werden, selbst wenn dieser Versuch mich das Leben gekostet hätte. Das ist nur natürlich. Aber das hier ist etwas völlig anderes.«
»Ich sehe da einfach keinen Unterschied.«
»Wir haben keine Zustimmung von ihm ...«, fing Mary an, woraufhin Wladilen sie aber wieder unterbrach. »Das sind formale Ansichten, die keinen praktischen Sinn haben«, sagte er sichtlich aufgeregt. »Die abstrakten Äußerungen über das Recht jedes Menschen, zu Lebzeiten über sich selbst und nach dem
Tod über seinen Leichnam frei zu entscheiden. Es ist doch reine Scholastik!«, schrie er fast. »Ich stimme Lucius zu, dass es ein absolut beispielloser Einzelfall ist. Der Leichnam hat fast zweitausend Jahre konserviert in einem Bleisarg gelegen und ist nun besser erhalten als all die berühmten ägyptischen Mumien. Er ist vollkommen ausgetrocknet, aber alle inneren Organe sind noch an ihren Plätzen. Die Frage zu klären, ob die Zellen dieses Leichnams für immer gestorben sind, oder ob sie die Fähigkeit haben, wieder zum Leben zu erwachen
- das hat eine kolossale Bedeutung für die Wissenschaft. Bisher zeugten alle Versuche von der außerordentlichen regenerativen Fähigkeit der Zellen, aber einen Versuch von derartigen Ausmaßen durchzuführen hat bisher noch niemand geschafft.«
»Woher wissen Sie das alles?«, fragte Mary. »Sie sind doch kein Biologe, sondern Astronom?«
»Wenn Ihr Vater, der größte Biologe des Planeten, so eine Chance verpassen würde, sie nicht bis zum Ende ausnutzen würde, wäre das eine verräterische Tat gegenüber der Wissenschaft«, fuhr Wladilen eifrig fort, ohne der Frage Beachtung zu schenken. »Aber zum Glück ist sein Verstand klar und nüchtern. Und ich kann einfach nicht verstehen, wie Sie anders darüber urteilen können. Sie sind der Meinung, man müsste diesen Leichnam verbrennen, so wie es immer gemacht wird. Darüber streitet sich doch niemand - natürlich wird es gemacht. Aber vorher muss dieser Leichnam der Wissenschaft einige Dienste erweisen.«
»Das hat er schon - und zwar mehr als genug. Vater selbst sagt, dass die Ergebnisse, die bisher erzielt wurden, immens sind. Aber man darf nicht einen Toten zu seinen Zwecken missbrauchen. Sie haben vor, ihm den Kopf abzuschneiden und das Gehirn herauszunehmen. Dann machen sie dasselbe mit seinem Herzen und so weiter«, bei dem Gedanken zuckte sie sichtlich zusammen. »Das ist eindeutig zuviel. Alles muss seine Grenzen haben. Das ist meine Meinung dazu.«
»Und da haben Sie auch Unrecht«, sagte
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