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Die Rueckkehr der Phaetonen

Titel: Die Rueckkehr der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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Körper dauerhaft einer Strahlung ausgesetzt, die die für die Zellwiederherstellung notwendige hohe Temperatur ersetzt.«
    »Und was ist das für eine Strahlung?«
    »Das dauert zu lange, es Ihnen zu erklären. Irgendwann ein andermal. Einverstanden?«
    »Natürlich.« Wladilen lachte. »Ich strapaziere Ihre Geduld auch so schon genug.«
    »Keineswegs. Also, die Strahlung zusammen mit der Nährlösung erzeugt Bedingungen, bei denen die Zellen wieder zum Leben erwachen müssten - das heißt also, wieder ihren Stoffwechsel aufnehmen, wenn sie noch die Fähigkeit dazu haben.«
    »Aber sie sind doch schon wieder am Leben«, sagte Wladilen erstaunt. »Warum sagen Sie dann »müssten««?
    »Weil ich die ganze Zeit an die Zellen denke, die sich im Inneren des Körpers befinden.« Lucius lächelte. »Sie haben den Prozess sozusagen von außen gesehen. Io meint, die inneren Zellen wären ebenfalls erwacht und die Geräte scheinen es zu bestätigen. Da geht eindeutig etwas vor, aber was? Kein Gerät ist in der Lage, das Skalpell und die eigenen Augen zu ersetzen.«
    »Und was habe Sie jetzt vor?«
    »Wir setzen alles fort wie bisher, nur ohne das Gehirn. In den nächsten Tagen wollen wir es aus der Hirnschale herausnehmen. Der Körper bleibt in der Lösung. Wir sind der Meinung, es müsste irgendwann der Moment kommen, in dem alle Körperzellen wieder zum Leben erwachen.«
    »Und der Körper wird leben?!«
    Lucius zuckte die Schultern. »Was genau sollen wir unter dem Begriff >leben< verstehen?«, fragte er, als würde er von seinem Gesprächspartner eine Antwort erwarten. »So merkwürdig es scheint, auf diese Frage kann man immer noch keine eindeutige Antwort geben. Die Zellen des Körpers, vielleicht seine Gewebe und Organe, werden leben, aber der Organismus als Ganzes bleibt natürlich tot, ich meine immer noch so tot wie er jetzt ist. Für das Leben eines mehrzelligen Organismus ist eine Zusammenarbeit aller seiner Einzelteile notwendig, die vom Gehirn und dem restlichen Nervensystem angeregt und kontrolliert wird. Ist das vielleicht die Grenze zwischen dem Lebendigen und dem Toten? Für uns Biologen ist diese Grenze so undeutlich geworden, dass wir oft nicht mehr sagen können, was genau sich vor uns befindet — ob es etwas Lebendiges oder etwas Totes ist. Und für das Leben eines menschlichen Organismus, eines intelligenten Wesens, ist auch noch eine bewusste Arbeit des Gehirns notwendig. Das ist eine weitere Grenze. Vielleicht sollten wir die auch als Grundlage nehmen? Io tut übrigens genau das. Aber zurück zum Thema. Was den Körper im Labor angeht, so wollen wir ihn in den Zustand bringen, in dem sich der Körper eines gerade Verstorbenen befindet, also vor dem Anfang des Verfalls. Dadurch würden wir die zweitausend Jahre, die sich dieser Körper im Verfallsstadium befand, einfach wegstreichen können.«
    Lucius verstummte und dachte nach. Wladilen wartete, dass er fortfahren würde, aber als er sah, dass sein Gegenüber ihn scheinbar vergessen hatte, entschloss er sich, die nächste Frage zu stellen. »Und was passiert, wenn man den Körper aus der Nährlösung herausnimmt?«
    »Dann setzt der normale Verfallsprozess wieder ein. In Wolgins Fall, nennen wir ihn mal so, wurde dieser Prozess dank der hermetischen Hülle, in der sich der Leichnam befand, gestoppt, aber er hat dennoch eine Weile gedauert. Wir wissen nicht, wie weit er fortgeschritten ist, aber wir sind uns sicher, ich meine fast sicher, dass das Wladilen die Folgen dieses Prozesses beseitigen sollte. Davon sind wir auch deswegen überzeugt, weil wir damals keine äußeren Anzeichen der Verwesung sehen konnten. Aber es ist sehr wahrscheinlich - und in diesem Punkt will mir Io einfach nicht zustimmen - dass alle diese Anzeichen im Inneren des Körpers vorzufinden sind. Dann wären alle unsere Bemühungen umsonst. Aber die Geräte ... wirklich sehr merkwürdig...« Lucius verstummte wieder. Nach einer Minute sprach er weiter, mit gewöhnlicher Stimme und in seiner gewöhnlichen Gesprächsmanier, indem er alle seine
    Gedanken präzise formulierte: »Ich muss sagen, dass mit Wolgins Körper etwas geschehen ist, das wir immer noch nicht begreifen können. Wie schnell man ihn nach dem Tod auch in den Sarg gelegt haben mochte, wie schnell man diesen Sarg auch immer zugeschweißt hat, der Verfall müsste dennoch viel deutlichere Spuren hinterlassen haben, als es in Wirklichkeit der Fall ist. Nachdem der Sarg zugeschweißt wurde, müsste der Prozess noch

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