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Die Rueckkehr der Phaetonen

Titel: Die Rueckkehr der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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einige Zeit gedauert haben - und zwar mit Hilfe des Sauerstoffs, der sich in den Körpergeweben befand. Man konnte ihn doch nicht lebendig in den Sarg gelegt haben! Und wenn nicht, was ist dann genau geschehen? Man könnte fast behaupten, dass der Sarg nach dem Zuschweißen aus irgendeinem Grund stark erhitzt wurde. Das ist zwar ein sehr glücklicher Zufall, aber wie konnte das passieren? Man wird den Sarg doch wohl kaum absichtlich erhitzt haben, oder? Wir haben auch schon die Geologen gefragt - in vergangenen Jahrhunderten hat es in dieser Region keinerlei tektonische Prozesse gegeben, bei denen Wärme abgegeben wurde. Also konnte sich der Sarg auch nicht in der Erde erhitzt haben.«
    »Vielleicht ein Brand?«, fragte Wladilen zögernd.
    »Ja, das kann sein. Zu der Zeit war das sehr gut möglich. Aber schließlich ist es auch nicht mehr so wichtig. Tatsache ist, dass der Körper vom Verfall so gut wie gar nicht betroffen ist. Und diese Tatsache ist die Grundlage all unserer Pläne.«
    »Können Sie ein wenig von diesen Plänen erzählen? Ohne auf die Einzelheiten einzugehen, meine ich.«
    »Sind Sie schon fertig mit dem Frühstück?«, fragte Lucius anstatt einer Antwort.
    »O ja, ich bin satt, danke sehr.« Wladilen verbeugte sich leicht in Richtung Mary, die die ganze Zeit zugehört hatte, ohne ein Wort zu sagen. Der junge Astronom hatte bemerkt, dass ihre Laune, die beim Frühstücksbeginn ausgezeichnet war, sich nach Lucius’ Worten über die Gehirnentnahme schlagartig verschlechtert hatte. Mary erwiderte seine Verbeugung mit einem Kopfnicken.
    »Dann kommen Sie mit in den Garten«, schlug Lucius vor. Er sah seine Tochter an, ging dann zu ihr und küsste sie auf die Stirn. »Jeder Beruf hat seine schönen und auch nicht so schönen Seiten«, sagte er und ging dann aus dem Zimmer. Wladilen folgte ihm.
    Nachdem Lucius die Verandastufen hinunter gegangen war, ging er zu einer Bank, die im Schatten eines Mangobaums stand. »Ich mag diesen Ort«, sagte er und deutete auf den Platz neben sich. »Die Luft hier ist irgendwie besonders rein und angenehm. Sie wollten von unseren Plänen hören. Sie sind kein Geheimnis. Aber damit Sie mich besser verstehen, muss ich weit ausholen.«
    »Ich bin bereit, Ihnen bis zum nächsten Morgen zuzuhören«, sagte Wladilen.
    Lucius schwieg ein paar Minuten, als würde er seine Gedanken sammeln. Wladilen wusste sofort, dass er wieder an Fragen dachte, die nichts mit dem zu tun hatten, was er erzählen wollte - vor einem so unqualifizierten Zuhörer wie Wladilen könnte Lucius eine ganze Vorlesung halten und zwar überhaupt ohne Vorbereitung.
    »Der Tod«, fing Lucius schließlich nachdenklich an. »Es sind viele Rätsel, die sich hinter diesem einfachen und bekannten Wort verbergen und die die Wissenschaft bisher nicht lösen konnte. Das ist ein Wort, das zu den ersten Worten menschlicher Sprache gehört... Von außen gesehen ist der Tod einfach. Das ist das Ende der Herztätigkeit, weswegen die Lieferung des Blutes und somit auch des Sauerstoffs zu den Zellen des Körpers gestoppt wird - ich spreche natürlich von dem Tod des Menschen und anderer Säugetiere. Wenn die Zellen keinen Sauerstoff bekommen, sterben sie und das Körpergewebe beginnt zu zerfallen. Das ist auch schon alles. Sehen Sie, wie einfach es ist? Einfacher kann es gar nicht sein. Aber so scheint es nur auf den ersten Blick. Die Frage ist... nein, schweifen wir lieber noch nicht vom Thema ab.
    In der Medizin unterscheidet man zwischen dem klinischen und dem sicheren Tod. Der erstere ist noch kein endgültiger Tod und wird nur durch einen Herzstillstand charakterisiert. Danach kann man den Menschen immer noch ins Leben zurück holen. Der erste, dem es gelungen ist, war ein Professor namens Negowskij, der im ersten Jahrhundert der kommunistischen Ära gelebt hat. Professor ist ein wissenschaftlicher Titel aus der damaligen Zeit. Jetzt ist er fast vergessen«, erklärte Lucius. »Damals war man der Meinung, dass der klinische Tod vom endgültigen durch eine Zeitspanne von etwa sechs Minuten getrennt wird und dass in den Gehirnzellen und im zentralen Nervensystem bereits nach dieser Zeit unumkehrbare Veränderungen stattfinden. Der Versuch des Professors Negowskij war deswegen gelungen, weil er durch einen Zufall genau eine Minute nach dem Herzstillstand zu einem sterbenden Mann kam und noch genügend Zeit hatte. Diese Zeitspanne zwischen dem klinischen und dem sicheren Tod wurde seitdem als >der scheinbare Tod<

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