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Die Rueckkehr der Phaetonen

Titel: Die Rueckkehr der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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stattgefunden haben -und dieses Gebiet ist das Gehirn. Wir haben beschlossen, es aus der Hirnschale zu nehmen und getrennt zu untersuchen. Es wäre gut, wenn wir mit allen inneren Organen dasselbe gemacht hätten, aber so etwas will man uns nicht erlauben. Die Nichtachtung der Würde des Toten! Wir haben kein Einverständnis von ihm!«, sagte er mit tief sitzendem Ärger.
    »Wahrscheinlich wird Ihre Arbeit auch noch durch die Tatsache gestört, dass der Körper im Kasten mit dieser Nährlösung liegt, oder?«, fragte Wladilen, der sich wünschte, Lucius von den unangenehmen Gedanken abzubringen.
    »Exakt«, antwortete Lucius und seufzte schwer. »Es stört nicht nur, sondern dient in gewisser Weise auch als Bremse. Wenn sich der Körper nicht in der Lösung befände, könnten wir leicht feststellen, in welchem Zustand sich die inneren Organe befinden und zwar ohne den Körper zu obduzieren, also ohne gegen das Verbot zu verstoßen, das uns auferlegt wurde. Aber noch können wir den Körper nicht aus der Lösung herausnehmen.«
    »Warum denn?«
    »Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass in dem Fall wieder der Verfallsprozess einsetzen würde. Das Leben einer Zelle ist ein Prozess, der in gewisser Weise der Verbrennung gleicht. Die Kohlenstoffe müssen mit Sauerstoff reagieren und dabei muss Wärme produziert werden. Wenn man den Körper aus der Lösung herausnimmt, hört die Sauerstoffzufuhr zu den Zellen auf. In einem lebendigen Organismus sorgen Herz, Blut und Lungen für diese Zufuhr -und in einem toten funktionieren sie natürlich nicht. Aber ich denke, wenn alles so weiter geht wie wir vermuten, werden wir den Körper in etwa zwei Jahren tatsächlich aus dem Kasten herausnehmen können.«
    »Wie das denn?«
    »In einem menschlichen Körper gibt es Arterien und Venen, die überall hin führen. Sie müssen, genau wie die Haut und andere Organe, in ihren ursprünglichen Zustand zurückkehren. Dann können wir sie vom alten getrockneten Blut säubern — es wird kein Problem sein, wenn sie nur elastisch genug sind. Und ich denke, das werden sie auch sein. Dann pumpen wir mit Hilfe eines künstlichen Herzens, einfacher ausgedrückt, mit Hilfe einer Spezialpumpe, eine Flüssigkeit dadurch, die das Blut ersetzt und die Organe mit Sauerstoff versorgt. Übrigens ist diese Flüssigkeit schon lange bekannt, ungefähr seit dem neunzehnten Jahrhundert der christlichen Ära. Sie nennt sich, wie damals auch, die >Ringer-Lokksche Lösung<, nur hat sich natürlich ihre Zusammensetzung seitdem ziemlich verändert.«
    Während Wladilen Lucius zuhörte, versuchte er immer wieder, sich an einen Gedanken zu erinnern, der ihm für kurze Zeit gekommen und sofort wieder verschwunden war. >Ich glaube, das war, als er vom Gehirn gesprochen hat<, dachte er nach. »Ich kann nur eines nicht verstehen«, sagte er in der Hoffnung, dass er sich wieder daran erinnern würde, wenn er zu diesem Gesprächsthema zurückkehrte. »Warum wollen Sie das Gehirn entfernen? Ist es nicht besser, es in der Hirnschale zu lassen? Die Venen und Arterien führen doch auch dort hinein, oder nicht?«
    »Ich verstehe schon, worauf Sie hinaus wollen«, sagte Lucius zustimmend. »Aber das wird nichts bringen. Wenn wir das Gehirn, genauer gesagt, das, was davon übrig ist, herausnehmen, dann können wir viel wirksamere Mittel darauf anwenden. Wir hegen übrigens keine besondere Hoffnung, dass die Gehirnzellen wieder zum Leben erwachen, so wie es die restlichen Körperzellen getan haben.«
    »Warum?«, fragte Wladilen sofort. Er richtete sich auf, wartete gespannt auf die Antwort und dachte: >Ja, das ist es gewesen. Gleich hab ich’s!<
    »Ganz einfach«, erwiderte Lucius, ohne die Aufregung seines Gesprächspartners zu bemerken, »weil beim Gehirn schon längst die unumkehrbaren Veränderungen stattgefunden haben ...«
    >Jetzt weiß ich es!< - »Der scheinbare Tod?«, fragte er laut.
    »Ja. Die Periode des scheinbaren Todes ist vor neunzehnhundert Jahren zu Ende gegangen ...«
    »Woher wissen Sie das? Woher können Sie es wissen, Lucius? Sie haben doch selbst gesagt, dass mit Wolgins Körper etwas passiert ist, was Sie immer noch nicht verstehen können. Wer weiß, vielleicht ist sein ...«
    Verblüfft vom Gesichtsausdruck des Biologen sprach Wladilen nicht zu Ende. Lucius sah ihn mit seltsam starren Augen an. Dann schoss ihm scheinbar sein gesamtes Blut ins Gesicht. Er packte die Hand des jungen Astronomen und flüsterte plötzlich: »Kommen Sie ... Kommen Sie sofort

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