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Die Rueckkehr der Templer - Roman

Die Rueckkehr der Templer - Roman

Titel: Die Rueckkehr der Templer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Andr
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das Areal der Forschungseinrichtung zu verlassen. Manchmal meldeten sie einen gemeinsamen Ausritt zu Pferd an, und ab und an nahmen sie den Wagen, um zum ehemaligen Stammsitz seiner Familie zu fahren. Für einen Ausritt war es mittlerweile zu spät. Ihr Golf, den sie sich nach dem Umzug hierher gekauft hatte, stand auf einem Parkplatz nicht weit vom Einfahrtstor entfernt. Ihre Tasche mit den Schlüsseln lag auf der unverschlossenen Beifahrerseite. Sie hatte vergessen, sie herauszunehmen, nachdem sie am Vormittag auf der Air Base zu tun gehabt hatte. Wer sollte hier schon etwas stehlen, wo jede kleinste Regung von Kameras überwacht wurde?
    |201| Gero stieg ohne Murren ein, obwohl es ihm nicht gut dabei ging. Er ritt zwar wie der Teufel, wechselte aber die Farbe, sobald er in einem Wagen saß und der Motor gestartet wurde.
    Die Fahrt würde nicht lange dauern. Gero ahnte, dass Hannah zu seinem früheren Zuhause fahren wollte. Vor siebenhundert Jahren ein stolzer Adelssitz, war die Burg dieser Tage nur noch eine Ruine.
    Hannah zeigte kurz ihren Ausweis, als sie die sechs Meter hohe Betonabgrenzung erreichte. Der Wachhabende war informiert und ließ sie ohne Einwand passieren. Nach zwanzig Minuten erreichten sie das Liesertal. Hannah parkte den Wagen unweit des Flusses an einem Waldweg, der hinauf zur ehemaligen Breydenburg führte. Wortlos stieg Gero aus. Er brauchte jedes Mal einen Moment, um die Trauer, die er beim Anblick dieser menschenleeren Gegend empfand, zu bewältigen. Früher hatten hier Hunderte von Knechten und Mägden ihren Frondienst geleistet, und das ganze Tal war von Gerüchen nach verbranntem Holz, frisch gebackenem Brot und einer Gerstenbrauerei erfüllt gewesen, die seine Eltern unterhalb der Burg betrieben hatten.
     
    Gero fasste Hannah bei der Hand, als sie gemeinsam den Anstieg zur Burg antraten. Er sagte es nicht, aber er benötigte ihren Beistand, das Gefühl, ihr nahe zu sein, und es machte ihn glücklich zu wissen, dass Hannah selbst dort gewesen war, vor Hunderten von Jahren, als die Burg noch in voller Blüte gestanden hatte. Gero erinnerte sich noch gut an Hannahs Erstaunen, als er sie in das Innere der Burg geführt hatte. Ihre Begeisterung für das gediegene Ambiente, die prachtvollen Möbel und die Tatsache, dass es in seiner Zeit mitnichten so erbärmlich und schmutzig zugegangen war, wie es in modernen Geschichtsbüchern verbreitet wurde. Geros Mutter hatte den Haushalt mitsamt dem Gesinde straff organisiert, und das Gebäude mit seinen Türmen, Erkern und den zwanzig Metern hohen Wehrmauern war in einem einwandfreien Zustand gewesen.
    Hannah hatte das Gebäude als Märchenschloss bezeichnet und sich in den Kleidern, die seine Mutter für sie hatte anfertigen lassen, wie eine Prinzessin gefühlt.
    Natürlich hatte es auch Momente gegeben, in denen sie ihm und seinen Leuten Barbarei vorgeworfen hatte – wegen abgeschnittener Zungen, Nasen und Ohren, Strafen, die ihm für Vergehen wie üble |202| Nachrede, Diebstahl und Schnüffelei ganz selbstverständlich erschienen, sicherten sie doch dem Volk ein ruhiges, ungestörtes Dasein. Gero versuchte immer noch vergeblich zu verstehen, warum sie sich so sehr über gefolterte Raubmörder in Käfigen aufgeregt hatte, die man selbstverständlich zum Tode verurteilt auf der Burg seines Onkels gehängt hatte. Was war so abwegig daran, deren Köpfe zur Abschreckung des Gesindels auf Spieße zu stecken und auf den Außenmauern der Burg verschrumpeln zu lassen?
    Beim Anblick einer knorrigen Eiche erinnerte Gero sich noch lebhaft an Hannahs grenzenlose Erleichterung, weil die Obstbäume rund um die Breydenburg frei von baumelnden Skeletten waren. Sie hatte sich regelrecht davor gegruselt, und das nur, weil sie auf dem Weg vom Rhein zum Haus seiner Eltern an einem Gehängten vorbeigeritten waren, den man als Mahnung an einem Baum aufgeknüpft und den Raben überlassen hatte, die – zugegeben – gründliche Arbeit geleistet hatten.
    Im Nachhinein war Gero froh, dass er ihr einiges mehr hatte bieten können als Folterkammern, Schwertkämpfe und Hungersnöte, die offenbar immerzu in den Köpfen moderner Historiker herumgeisterten. Er dachte dabei an sein Schlafgemach, das kunstvoll geschnitzte Bett, die nach Rosenblüten duftenden Seidenkissen und wie glücklich sie darin gewesen waren.
    Als ob sie diese Erinnerung zurückholen wollte, schaute Hannah zu ihm auf. »Ich frage mich«, sagte sie leise, während sie die ersten Mauerreste erreichten, »was

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