Die Rueckkehr der Templer - Roman
wohl geschehen wäre, wenn wir nicht nach Chinon gegangen wären, um Henri d’Our zu retten? Glaubst du, wir hätten hier glücklich werden können?«
Gero überlegte nicht lange. »Nicht solange meine Kameraden im Donjon du Coudray zu Tode gequält worden wären. Ich … wir mussten nach Franzien zurückgehen und sie dort herausholen. Es blieb uns keine andere Wahl.«
»Und was würdest du tun, wenn wir zu deinen Eltern zurückkehren könnten?« Die Frage war absurd, weil es nicht danach aussah, dass die Amerikaner sie in diesem Wunsch unterstützen würden.
»Wenn Tom mitspielen würde«, setzte er hoffnungsvoll an, »ginge ich auf der Stelle zurück – mit dir und Matthäus. Ich würde es gerne versuchen, mit euch beiden in unserer Zeit zurechtzukommen. Manchmal |203| denke ich, mein Vater hätte uns helfen können, einen Weg in die Freiheit zu finden.«
»Das heißt, du würdest mich tatsächlich mitnehmen?« Sie sah ihn erwartungsvoll an, doch sein Gesicht blieb unbewegt.
»Es ist nur ein Traum. Solange ich der zweitgeborene Sohn und ein verfolgter Templer bin, würden wir meine Familie in Gefahr bringen und könnten keine eigene Familie gründen. Aber was erzähle ich dir? Schließlich warst du selbst dort.« Er seufzte und blickte sehnsüchtig in die Ferne. »Tom würde uns den Gefallen ohnehin nicht tun. Na ja, er schon«, er lachte bitter, »weil er mich hasst und am liebsten gleich morgen loswerden würde, aber die Amerikaner werden ihn hart bestrafen, wenn er sich von seinen Gefühlen leiten lässt.« Mit schmerzverzerrter Miene schaute er Hannah in die Augen. »So leid es mir tut, du hast einen Unfreien geheiratet, einen Entrechteten, der dir niemals die Aussicht auf ein selbstbestimmtes Leben geben kann. Jedenfalls nicht solange wir hier bleiben«, er blickte auf die Ruinen, als ob dort ein Fenster in die Vergangenheit existierte, » und selbst dort nicht. Wenn ich es mir recht überlege, war ich noch nie wirklich frei.« Er packte sie bei den Schultern und sah ihr tief in die Augen. »Unter solchen Umständen ist es wohl besser, auf Nachkommen zu verzichten. Ich möchte mir nicht vorstellen, dass unsere Kinder unter Aufsicht von General Lafours Sklaventreiber aufwachsen.«
Hannah spürte den Stich in ihrem Herzen. Was wäre, wenn Gero erfuhr, dass sie bereits schwanger war?
»Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn wir uns niemals getroffen hätten«, wandte sie kaum hörbar ein. »So müssen wir zeitlebens von etwas träumen, das wir uns beide sehnlich wünschen, aber trotzdem nicht haben können.«
Ihr Blick fiel auf die Ruinen, die nichts mehr von der Erhabenheit dieses ehemals stolzen Gemäuers preisgaben.
»Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht zur Heiligen Jungfrau bete und sie um Erbarmen bitte.« Gero strich Hannah das kastanienfarbene, schulterlange Haar aus dem Gesicht und sah sie an, als ob er
sie
mit »der Heiligen Jungfrau« gemeint hätte.
Er sprach nicht weiter, sondern zog sie ein Stück unterhalb des Felsens zum Fundament des ehemaligen Bergfrieds. An einem aufragenden |204| Mauerrest machten sie halt. In der halb verschütteten Katakombe, deren Einstieg sich hinter einem Berg von Schutt verbarg, waren seine Eltern bestattet worden. Siebenhundert Jahre in Stein gehauene Trauer. Gero faltete die Hände und betete mit gesenktem Kopf ein stilles »Gegrüßt seiest du, Maria«.
Es war ein Ort, der nach Ehrlichkeit verlangte. Ein Ort, der alles in Gero, aber auch in Hannah bloßlegte, was sie vor anderen mühsam hinter einer Fassade der Überlegenheit zu verstecken versuchten. Hier hatte er seine erste Frau zu Grabe getragen, und hier hatte er – siebenhundert Jahre später – um Hannahs Hand angehalten. Sie sah die Tränen in seinen Augenwinkeln und wandte sich ab, um nicht selbst weinen zu müssen.
»Vermisst du Elisabeth?« Hannah hatte bisher vermieden, nach seiner verstorbenen Frau zu fragen, aber plötzlich beschlich sie ein Gefühl der Unsicherheit. Was hätte er getan, wenn Elisabeth am Leben geblieben wäre? Was würde er tun, wenn es Tom möglich sein würde, jemanden in deren Zeit zu schicken, um seine erste Frau zu retten?
Im Augenblick wusste niemand, ob eine solche Veränderung möglich war, aber schließlich forschte man in diese Richtung.
Gero besiegelte sein Gebet mit einem lauten »Amen«. Plötzlich wollte Hannah wissen, ob er – falls der Zeitablauf sich verändern ließe – lieber mit Elisabeth leben würde als mit ihr.
»Natürlich vermisse ich
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