Die Rueckkehr der Templer - Roman
dass mein Herz für einen Dschinn entflammt wäre. Aber wenn André de Montbard an euch und eure Maschine glauben kann, ohne dem Wahnsinn zu verfallen, werde ich es auch können.«
Khaled spürte, wie sein Herz plötzlich heftiger pochte. Er räusperte sich, dann brach es aus ihm heraus.
»Könnte man mit dem Kasten auch meine Vergangenheit ändern?«, fragte er beinahe schüchtern. »Ich meine, könnte ich mit eurer Hilfe in der Zeit zurückgehen und meinen Vater retten.« Seit sie den Versammlungssaal mit Rona und Montbard hinter sich gelassen hatten, geisterte Khaled nichts anderes im Kopf herum als die Frage, ob man das Leben seines Vaters und seiner Familie mit einer solchen Höllengabe zum Guten verändern könnte – ja, ob man deren Leben noch retten könnte.
»O Khaled!« Lyns Stimme brach, weil sie spürte, wie sehr er mit den Tränen kämpfte. Eine Welle negativer Energie schwappte zu ihr herüber, die aus einer diffusen Mischung aus seelischem Leid und körperlichem Schmerz bestand, den sie schon auf dem Weg nach Jerusalem gespürt hatte.
|221| Mit erstickter Stimme erklärte er ihr, was damals mit seiner Familie geschehen war.
»Es tut mir so leid«, flüsterte sie, während sie beinahe durch ihn hindurch schaute, als vor ihrem geistigen Auge ein kleiner, hilfloser Junge erschien, nur mit einer fadenscheinigen Decke bekleidet, der im vollen Galopp bei Nacht mit einer Gruppe von Reitern eine von Feinden brodelnde Stadt hinter sich ließ.
Sie konnte das Grauen in seinen Augen erkennen, als er im Vorbeireiten realisierte, wie die hässlichen Vögel das Fleisch von den Knochen seines zerstückelten Vaters rissen, dessen sterbliche Überreste man an die Stadtmauer genagelt hatte. Sie spürte Khaleds rasenden Puls, als er mit dem Rest seiner Familie samt ihren Verbündeten hinaus aus Damaskus verfolgt wurde, und sein Entsetzen, als seine Mutter, die hinter einem der Reiter gesessen hatte, in einem Hagel von Pfeilen starb, die ihren schlanken Körper wie Butter durchbohrten. Außer seiner jüngeren Schwester, die wie er im Haushalt der Könige von Jerusalem aufgenommen worden war, hatte er mit einem Schlag niemanden mehr, der ihm wirklich nahestand.
»Ja«, brachte Lyn nach einigem Zögern hervor. »Es wäre möglich, dass du zurückgehst und deinen Vater vor seinen Feinden warnst, aber nicht zu jener Zeit, in der du selbst bereits auf dieser Welt existiert hast – die Schwangerschaft deiner Mutter eingeschlossen. Weil es aus Gründen, die im Moment zu umfassend sind, um sie dir erklären zu können, nicht möglich ist, auf einer Zeitebene doppelt zu existieren. Aber selbst wenn du in die Zeit vor deiner Geburt reisen würdest, bleibt die Frage, ob dein Vater dir glauben könnte, wenn du ihm die Umstände erklärst, und wenn ja, ob du je gezeugt werden würdest, um ihn auf diese Weise zu warnen. Das alles sind Dinge, die wir selbst erst herausfinden müssen.«
»Ich befürchte, gegen dich bin ich ein einfältiger Narr, der nichts von der Welt weiß«, bekannte Khaled resigniert.
»Du bist nicht mal halb so einfältig wie ich.« Ihre Stimme klang amüsiert. »Denkst du wirklich, Weisheit hat etwas mit Wissen zu tun?« Sanft zog sie ihn zu sich herab, um ihn noch einmal zu küssen. »Ich glaube eher, es hat etwas mit dem Herzen zu tun, und da bist du eindeutig im Vorteil.«
|222| Montbard sprang von seinem Stuhl auf, als Lyn und Khaled nach gut einer halben Stunde ins Obergeschoss des Hauptquartiers zurückkehrten. Er hatte zusätzliche Wachen vor den Türen aufstellen lassen und selbst auf eine Teilnahme an der nächtlichen Messe verzichtet. Sein strenger Blick verriet, dass er sich Sorgen gemacht hatte, weil die beiden so lange ausgeblieben waren, aber als er Lyns leicht gerötete Wangen registrierte, verzichtete er auf einen Kommentar und lächelte milde, bevor er halbwegs entspannt wieder Platz nahm.
Rona war da weit weniger rücksichtsvoll und stemmte anklagend die Hände in die Hüften. »Wo wart ihr so lange? Wir haben uns Sorgen gemacht.«
Lyn überging ihren Einwand. »Khaled hatte eine Menge Fragen«, erwiderte sie, »die ich ihm nicht unbeantwortet lassen wollte.«
Ihr Blick fiel auf den langen Holztisch. Montbard hatte in ihrer Abwesenheit Brot, Käse und einen Teller mit aufgeschnittenem Obst servieren lassen. Dazu zwei weitere Glaskaraffen – eine mit rotem Wein und eine mit heller Limonade, wie er hilfreich erklärte.
»Greift zu!«, forderte der Seneschall mit einer
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