Die Rueckkehr der Templer - Roman
Nizâri verinnerlicht hatte. Dort war im Buch der Einzelheiten von der Ankunft gläubiger Frauen die Rede, die es zu prüfen galt und deren geheimes Wissen schwer und schwierig sei, so dass niemand dieses Wissen zu ertragen vermochte, es sei denn, er war ein Engel oder ein Rechtschaffener oder ein geprüfter Bekenner des Gottesreiches.
»Khaled?« Lyn setzte ein Lächeln auf, für das er notfalls gestorben wäre, und drängte sich näher an ihn heran.
Bei Allah, dachte er nur, bewahre mich vor einer weiteren Torheit. Doch es war schon zu spät, um vernünftig zu sein.
»Ja?«, erwiderte er mit belegter Stimme. Alles hatte er erwartet, aber nicht, dass eine solch unglaubliche Frau ihn so offensichtlich begehrte. Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem unsicheren Lächeln, doch bevor er sich abwenden konnte, zog sie seinen Kopf zu sich herab und küsste ihn mit leicht geöffneten Lippen direkt auf den Mund.
Khaled konnte nicht widerstehen. Er umarmte Lyn mit behutsamer Entschlossenheit, dabei intensivierte er seinen Kuss, indem er vorsichtig |217| seine Zunge zwischen ihre Lippen schob, um ihren Mund zu erforschen. Obwohl sie ohne Zweifel aus verschiedenen Welten stammten, erwiderte sie sein Verlangen in einer Weise, die Khaled ganz schwindelig werden ließ, und er musste unmerklich Abstand nehmen, damit sie nicht spürte, wie sehr ihn ihre Gegenwart erregte.
Als sie sich voneinander lösten, bemerkte er Lyns verzückten Blick und sah, wie ihre rosige Zungenspitze noch einmal genüsslich über ihre leicht geschwollenen Lippen fuhr, als ob sie soeben eine Köstlichkeit verzehrt habe.
»Ist das auch …« Er räusperte sich. »… Quantenphysik?«
»Nein,
das
muss Zauberei sein.« Sie lächelte. »Nie zuvor habe ich so etwas erlebt. Es ist einfach wunderbar.«
Khaled schüttelte schmunzelnd den Kopf. »Bedeutet das, du wurdest noch nie von einem Mann in dieser Weise berührt?«
Lyn spürte, wie sie errötete. »Ich fürchte, nein. So etwas tut man bei uns nicht.«
»Und wie kommen eure Nachkommen zustande, wenn man so etwas … nicht tut?«
Sie wich seinem forschenden Blick aus. »Dazu bedarf es keiner intensiveren Berührung. Jedenfalls nicht so, wie es in dieser Zeit offenbar üblich ist.«
»Bei Fatima«, raunte Khaled und beugte sich noch einmal zu ihr hinunter. »Das ist keine Welt, in der ich leben wollte.«
Sein drängender Mund vermittelte ihr das Gefühl, mit ihm zu verschmelzen. Seine Energie vermischte sich mit ihrer zu einem warmen Gefühl unglaublicher Geborgenheit. Etwas, das sie niemals zuvor erlebt hatte. Sie schmiegte sich tiefer in seine Arme, und die Zeit schien tatsächlich stillzustehen.
Dass sie es nicht tat, hörte man am dumpfen Läuten einer Glocke, und plötzlich wurde die Umgebung lebendig. Harte Schritte und das Klirren von Kettenhemden und Schwertern hallten über den Hof.
Khaled entließ Lyn augenblicklich in die Kühle der Nacht und schaute alarmiert auf.
»Wir haben im wahrsten Sinne des Wortes die Zeit vergessen«, murmelte er. »Sie läuten bereits zu den Vigilien. Bruder André wird sich fragen, wo wir abgeblieben sind.«
|218| »Vigilien?« Lyn schaute fragend zu ihm auf.
»Templer sind Mönche«, erklärte er. »Sie beten mehrmals am Tag zu Christus und auch in der Nacht, falls sie nicht wegen irgendwelcher Aufträge davon befreit sind. Außerdem haben sie etwas mit deinem Volk gemeinsam – sie berühren keine Frauen und zeugen somit gewöhnlich keine Nachkommen. Meistens jedenfalls.« Er grinste. »Bei ihrer Aufnahme in den Orden müssen sie ein Keuschheitsgelübde ablegen, das ihnen den direkten Kontakt zu Frauen verbietet. Deshalb mögen sie es auch nicht, wenn man hier auf dem Gelände eine Frau in den Arm nimmt und küsst. Ich denke, es führt ihnen schmerzhaft vor Augen, worauf sie verzichten müssen.«
»Hört sich ähnlich an wie bei uns«, sagte Lyn leichthin. »Den Söldnern der neuen Welt ist enger Körperkontakt zu anderen Menschen verboten, ganz gleich, welches Geschlecht sie besitzen. Es sei denn, man muss eine Person töten und kann dies nicht aus der Ferne erledigen.«
Khaleds Blick verriet seine Fassungslosigkeit. »Wenn all das stimmt, was ich in eurem Kästchen gesehen habe, erscheint mir eure Welt unendlich grausam. Ich kann kaum glauben, dass man dort, wo ihr herstammt, ein glückliches Leben führt.«
»Glück ist ein weit gefasster Begriff«, entgegnete Lyn leise und sah ihm abermals tief in die Augen. »Nach allem, was ich bisher über
Weitere Kostenlose Bücher