Die Rueckkehr der Templer - Roman
ihm nach, wobei sie auf das Küssen des Rings verzichteten, selbst Tanner, der nicht verstanden hatte, worum es hier ging und was an dieser Frau so Besonderes sein sollte.
»Wer schickt Euch?«, fragte die Äbtissin misstrauisch. »Von Tramelay oder Bruder André de Montbard?«
»Mit Verlaub, Madame«, erwiderte Gero. »Eurem Blick nach zu urteilen, komme ich mir vor wie der Anführer einer sarazenischen Räuberbande. Dabei sind wir gerade einer solchen entkommen. Und ja, wir können uns noch nicht vorgestellt worden sein, weil wir erst jüngst im Heiligen Land eingetroffen sind und noch nicht in Jerusalem waren.«
»Montbard? Tramelay?« Hertzbergs spröde Stimme erklang aus dem Hintergrund. Fließend war er ins Lateinische gewechselt. »Das heißt, wir sind tatsächlich richtig!«, frohlockte der Alte trotz seiner Verletzung.
|343| Die Äbtissin stand immer noch abwartend am Toreingang und sah ihn verwirrt an. »Richtig wofür?«
Gero ergriff das Wort, um dem Alten zuvorzukommen. »Um diese beiden armen Frauen Eurer Obhut zu überantworten.« Mit bedauerndem Blick wies er auf die geschwächt aussehenden Jüdinnen, denen Arnaud nun von den Pferden half.
»In Gottes Namen«, rief die Äbtissin aus, als sie sah, wie die beiden Frauen, gestützt von Arnaud und Stephano, Richtung Klostertor staksten.
»Binah!« Eine kleine dunkelhaarige Frau in Alltagskleidung und ohne Schleier drängte sich an der Äbtissin vorbei und rannte der jüngeren der beiden Frauen entgegen, die behauptet hatte, ihre Cousine lebe bei den ehrwürdigen Schwestern als Hilfsarbeiterin. Sofort kam die zweite Frau hinzu, und zwischen den Weibern begann ein leidenschaftlicher Austausch, der in bittere Tränen mündete. Augenscheinlich erzählten sie von dem Überfall, und Gero konnte nur hoffen, dass die beiden Wort hielten und sich nicht verplapperten.
Auch die Äbtissin schien zu verstehen, dass Gero und seine Gefolgsleute nichts Böses im Schilde führten, und bat die Männer zögernd hinein, um ihnen eine Erfrischung anzubieten. Während die Tore geschlossen wurden, verschwanden die beiden geretteten Jüdinnen ohne Abschied mit ihrer Cousine in einem der zahlreichen Häuser der Klosteranlage
Als der Blick der Äbtissin auf Hertzberg fiel, fragte sie nach der Ursache seines schlechten Zustands, und Gero vermittelte ihr glaubwürdig, dass der alte Mann selbst ein Opfer des Überfalls geworden war.
Ohne Hertzberg zu fragen, wies die Äbtissin eine Schwester an, die Wunde des Professors zu versorgen.
Gero kam ihr zuvor und bat, den Alten in Ruhe zu lassen, weil man ihn bereits versorgt habe und sich später in Jerusalem dem Hospital des heiligen Johann anvertrauen wolle. Wie hätte er der Frau auch sonst Klebepflaster und Sprühverband erklären sollen, mit denen Tanner Struans Erste Hilfe komplettiert hatte.
Der NSA-Agent half unterdessen, die Pferde im Innenhof anzubinden. Fasziniert sah er sich um.
»Ob du es nun glauben willst oder nicht«, raunte er Arnaud zu. »In |344| den abgelegenen Dörfern Afghanistans oder des Irak sieht es in meiner Zeit kaum anders aus, selbst die Menschen dort sind ähnlich gekleidet.«
»Gehört ihr zum Nachschub für Askalon?«, fragte Ioveta, nachdem sie Gero und seine Männer zu einer hölzernen Bank unter freiem Himmel geführt hatte. Eine Dienerin verteilte unterdessen Becher auf dem davorstehenden Tisch. Mit einem angedeuteten Lächeln reichte die Äbtissin Gero einen Krug mit Wasser und einen mit Wein.
»Womöglich könnte man es so nennen«, log er diplomatisch und goss sich von dem Wasser etwas in einen Becher, bevor er den Krug an die anderen weiterreichte.
Iovetas Mitschwestern versorgten sie unaufgefordert mit Fladenbrot und Olivenöl. Dazu reichten sie getrocknete Datteln.
Hertzberg musste wohl oder übel zulassen, dass man ihm einen schmerzstillenden Kräutersud zubereitet hatte, den er kaum ablehnen konnte und der offenbar scheußlich schmeckte. »Nachschub, um die Pfeile der Fatimiden abzufangen«, bemerkte Ioveta mit einem ironischen Lächeln und zog eine ihrer fein geschnittenen Brauen hoch. »Balduin und seine Barone versuchen seit dem Frühjahr erfolglos, die Festung zu erobern. Die Hospitaliter plädieren in seltener Einigkeit mit dem Patriarchen von Jerusalem dafür, die Sache endlich aufzugeben. Lediglich der Templerorden hält dagegen, aber wegen der hohen Verluste aus vorherigen Schlachten ist er arg dezimiert. Also warum solltet Ihr sonst hier sein, außer zu seiner
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