Die Rueckkehr der Templer - Roman
kirchlichen Gerichts gerettet, weil sie ihr Vermögen unter anderem dazu nutzt, die verantwortlichen Pfaffen bei Laune zu halten. Denn solange die beiden die Kirche auf ihrer Seite haben, sind sie faktisch unangreifbar.«
»Kennt Melisende euer Geheimnis?« Arnaud sah sie fragend an.
»Wo denkst du hin?« Rona schüttelte energisch den Kopf. »André würde sie niemals einweihen. Er sagt, sie sei zu schwatzhaft und zu machtbesessen, als dass man ihr ein solches Mysterium anvertrauen könnte. Trotzdem ist sie Meister André mit Leib und Seele ergeben. Obwohl – eher nur mit der Seele. Die beiden sind kein Liebespaar. Sie berühren sich noch nicht einmal zur Begrüßung. Aber Melisende schätzt seine Treue und respektiert seine Unterstützung für uns. Aber zu mehr reicht es nicht. Vielleicht hat sie auch andere Beweggründe, die wir nicht kennen und deshalb nicht ausreichend verstehen.«
Arnaud zog seine dunklen Brauen zusammen. »Was meinst du mit anderen Beweggründen?«
|452| »Lyn und ich sind uns einig, dass sie uns längst vernichtet hätte, wenn sie keinen Vorteil darin sähe, Montbard zu unterstützen. Sie hat uns vor einer Verfolgung Tramelays bewahrt. Allerdings war sie von Beginn an nicht gut auf uns zu sprechen, was in ihrer weiblichen Eifersucht begründet sein mag. Sie bezichtigte Lyn, ihr den Liebhaber genommen zu haben. Ein Mann namens Khaled war es, der uns nach dem Transfer in der Wüste aufgelesen hat. Er war Sarazene und bis dahin treuer Vasall der Königin, wenn du verstehst, was ich meine. Er war der Anführer eines Kontingents von Assassinen, das dem Königshof zu verschiedenen Zwecken diente. Lyn und er haben …« Sie stockte einen Moment und warf ihrer Schwester einen mitfühlenden Blick zu. »Er hat sie zu seiner Gefährtin gemacht.«
Arnaud sah Lyn erstaunt an. »Du warst mit einem Assassinen zusammen?« Er war nie zuvor einem Assassinen begegnet. Angeblich waren sie noch gefährlicher als die Mameluken, deren Blutrünstigkeit kaum zu überbieten war.
»Ich bin … nein – ich war seine Frau«, erklärte Lyn leise und starrte in die Nacht. »Kurz nach unserer Ankunft im Juli 1148 hat er mir im Felsendom vor Allah sein Wort gegeben, mich zu lieben bis ans Ende seiner Tage. Dass dieses Ende schon so bald eintreten würde, habe ich allenfalls geahnt.«
Arnaud schluckte ergriffen. »Selbst in meiner Zeit, also gut einhundertfünfzig Jahre später, wurde noch darüber gesprochen, dass die Eroberung von Damaskus für den Orden das reinste Desaster gewesen sei. Dreieinhalbtausend tote Fußsoldaten, nicht wenige davon unerfahrene Pilger. Unser Orden wurde noch hundert Jahre danach beschuldigt, mit den Sarazenen gemeinsame Sache gemacht zu haben.«
»Was nicht ganz falsch sein dürfte. Zumindest war ihnen unter Montbards Führung als Seneschall bekannt, dass die Chancen auf einen Sieg eher gering sein würden. Deshalb haben sie sich aus den Angriffen weitestgehend zurückgehalten und unter Kaiser Konrad die Nachhut gebildet. Dennoch wollten sie nicht auf eine Teilnahme an diesem Feldzug verzichten, falls es doch noch etwas zu holen gegeben hätte. Den Templern ist für solche Spielchen inzwischen das Geld ausgegangen«, erklärte Rona. »Ebenso wie König Balduin III. Die Belagerung von Askalon läuft seit dem Frühjahr ähnlich enttäuschend wie beim ersten Versuch im Jahr 1148. Nur dass sie diesmal gewinnen werden, |453| auch wenn es noch einige Tote geben wird. Sieben Monate lauern Adlige und Klerus wie die Katzen vor der Festung und warten, dass die Mäuse herauskommen. Aber die Sarazenen denken nicht daran, ihnen diesen Gefallen zu tun. Jedenfalls nicht, solange sie eine gut funktionierende Anbindung zum Meer haben. Von Ägypten aus werden sie mit Lebensmitteln, Pferden und Waffen versorgt. Während der Statthalter von Askalon und sein Gefolge noch aus goldenen Bechern trinken, geht den Christen nicht nur regelmäßig das Wasser aus, sondern auch das Brot. Dabei müssen der König und seine Barone ganze Armeen verköstigen. Seit Monaten treibt der Mangel an Weizen und Gerste die Brotpreise in die Höhe, von Fleisch und Obst ganz zu schweigen. Außerdem befinden sich fast alle Christen im Kampf, ganz gleich, ob sie Bauern oder ausgebildete Soldaten sind. Es gibt kaum noch Männer, die säen und ernten. Deshalb sind nun verstärkt die Frauen gefragt, was bäuerliche Qualitäten angeht. Auch als Geldgeber werden sie gerne gesehen. Königin Melisende verfügt immer noch über beachtliche
Weitere Kostenlose Bücher