Die Rueckkehr der Templer - Roman
fragte er mit einem zweideutigen Lächeln. »Soll er Euch etwa im Schwerkampf unterrichten?«
»Ich benötige einen Leibwächter«, antwortete sie. »Die Zeiten sind gefährlich, und ich bin eine vermögende Frau. Niemand weiß, was geschieht, wenn sich herumspricht, dass ich über gewisse Mittel verfüge. |535| Bruder Struan ist eine imposante Erscheinung. Alleine durch seinen Anblick wird er etwaige Attentäter und Entführer von mir fernhalten.«
In Wahrheit dachte sie eher an Khaled. Sie würde nicht zulassen, dass der Assassine ihr nochmals den Dolch an den Hals setzte. Allerdings war auch Balduin zuzutrauen, dass er seine ungeliebte Mutter von seinen Schergen in einen ungemütlichen Kerker entführen ließ und sie so lange bedrängte, bis sie ihm ihre Geldverstecke verriet. Struan MacDhoughaill hingegen war ein Ritter von Ehre. Sein stolzer, unnahbarer Blick hatte ihr verraten, dass er eherne Grundsätze in sich trug, die mit Geld nicht zu kaufen waren. Darüber hinaus war er auch nur ein Mann, was nichts anderes bedeutete, als dass er in einsamen Stunden durchaus fürs Bett zu gebrauchen war.
»Wollt Ihr mir nichts zu trinken anbieten?«, fragte sie Tramelay scheinheilig. Während der Großmeister lautstark nach einer Ordonnanz rief, nutzte Melisende die Zeit, um sich zu sammeln. Sie zwinkerte Montbard unauffällig zu. Keinesfalls wollte sie sich gegenüber Tramelay und seinen Getreuen anmerken lassen, dass sie mit Bruder André in dieser Sache ein Geschäft eingegangen war. Er hatte schließlich die grandiose Idee entwickelt, die fremden Templer in Tramelays Truppe einzuschleusen, damit sie im Falle der Eroberung der Festung und der Erstürmung der Schatzkammer den von ihr lang ersehnten Kelch für sie in Sicherheit brachten.
Als Tramelay kurz darauf einen verschwenderischen, apulischen Rotwein in filigranen, syrischen Gläsern servieren ließ, erhob Melisende ihren Kelch mit einem übertriebenen Lächeln. »Auf Askalon und meinen jüngeren Sohn Amalric«, hob sie an, »der – so hoffe ich – die letzte Bastion der Fatamiden in wenigen Wochen als Grafschaft übernehmen wird.«
Als Montbard am frühen Morgen in den Stallungen des Salomo erschien, hatten die Knechte des Ordens im hinteren Kerker die täglichen Folterungen bereits wieder aufgenommen. Es beruhigte ihn, zu sehen, dass die von Melisende freigekauften Ritter nicht gezüchtigt worden waren.
Gero von Breydenbach saß am Boden und schaute wenig hoffnungsvoll, bis er Montbards Gesicht erblickte.
|536| »Bringt Ihr uns nun eine frohe Botschaft, Beau Seigneur«, fragte er mit einem leicht ironischen Unterton, »oder kündet Ihr uns vom bevorstehenden Jüngsten Gericht?«
»Keines von beidem«, erwiderte Montbard mit einem zuversichtlichen Lächeln. Sein Blick fiel auf den blonden Jungen und dann auf Anselm. »Hat hier eine wunderbare Vermehrung stattgefunden?«
»Sie gehören zu uns«, sagte Gero mit fester Stimme. »Sie sind uns gefolgt und wurden wie wir zu Unrecht von Tramelay und seinen Schergen in diesen Kerker geworfen.«
Montbard schnippte mit den Fingern. Eine der Wachen eilte herbei und öffnete auf seine Anweisung hin die Kerkertür. Er trat unbewaffnet hinein und befahl dem Bruder, den Käfig offen stehen zu lassen und die Anwesenden von den Ketten zu befreien.
Johan van Elk reagierte als Erster und sprang verblüfft auf. Mit großen Schritten kam er auf ihn zu. Trotz des härenen Hemds lag in seinem Gang die Würde eines Grafen.
»Bedeutet das, die Königin hat gezahlt, und der Orden lässt uns einfach ziehen?«
»Euch einfach ziehen zu lassen wäre zu viel gesagt.« Montbard lächelte schwach. »Dem Herzen nach seid Ihr immer noch Templer, oder irre ich mich?«
Als er sah, dass alle bis auf zwei und der Junge nickten, fuhr er mit bedächtiger Stimme fort: »Das sollt Ihr bleiben. Auch wenn Ihr mehrmals die Zeiten gewechselt habt, entbindet Euch das nicht von Eurem Gelübde als Ordensbrüder.«
»Woher wisst Ihr …« Bruder Gero warf ihm einen verwunderten Blick zu.
»In der syrischen Herberge wartet ein gewisser Moshe Hertzberg auf Euch und Euer Bruder Arnaud de Mirepaux, der mich nach der Kapitelversammlung aufgesucht und über alles aufgeklärt hat. Dazu die beiden Frauen, nach denen Ihr sucht. Soweit man mir sagte, der Grund, weshalb Ihr diese absonderliche Reise auf Euch genommen habt.«
»Ich glaub’s nicht«, stammelte Johan. Wie vom Donner gerührt, schaute er in die Runde, als ob er sich vergewissern wollte,
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