Die Rueckkehr der Templer - Roman
Platz nahm, war nicht mit Männern wie Montbard und seinen Gründungsbrüdern zu vergleichen. Melisende bereitete es eine diebische Freude, den rotgesichtigen Hitzkopf mit dem weißblonden Bart nervös zu machen, und so wanderte sie zunächst am Tisch vorbei, |533| um zum Südfenster zu gehen, von wo aus sie einen Blick über das sonnenüberflutete Kidrontal werfen konnte.
Der Großmeister schien ihre Gelassenheit wenig zu schätzen. Als sie sich nach ihm umwandte, trat er fahrig von einem Bein aufs andere, wie ein Knappe, dem es während der Messe verboten war, seine volle Blase zu erleichtern.
Vezelay, der alberne Galan, dem Eingeweihte nachsagten, dass er vorzugsweise junge, zarte Knappen für spezielle Dienste in seine Gemächer lockte, verfolgte jede ihrer Bewegungen wie ein Schakal, der seine Beute fixiert.
Lächelnd wandte sie sich Montbard zu, der vor Jahren selbst als Seneschall in diesen Gemächern residiert hatte. Ihr Sohn Balduin III. hatte nach seiner Machtübernahme auf die Ernennung Bernard von Tramelays als Großmeister bestanden. Und die Führungsoffiziere des Templerordens waren seiner Empfehlung gefolgt, anstatt – wie es der Reihenfolge nach richtig gewesen wäre – André de Montbard in dieses Amt zu erheben. Selbst die Barone hatten dieser Entscheidung jubelnd zugestimmt, nur um Melisende zu schwächen. Mit Montbard als Großmeister und seinem Heer folgsamer Ordensritter in der Hinterhand hätten sich ihr Sohn und die geifernden Hyänen, die ihn umgaben, wohl kaum getraut, der amtierenden Königin den Thron streitig zu machen. Seitdem waren Unvernunft und Habgier in diese ehrwürdigen Hallen eingezogen, und Melisende war überzeugt, dass all dies noch mal ein schlimmes Ende nehmen würde, wenn sie nichts unternahm.
»Ihr und die Euren dürft gerne Platz nehmen, Meister Bernard«, bemerkte sie mit hochgezogenen Brauen gegenüber Tramelay, damit er endlich zur Ruhe kam.
Tramelay folgte ihrer Aufforderung mit sauertöpfischer Miene und ließ sich am Kopf des Tisches nieder, dort, wo der Stuhl mit der erhöhten Lehne des Meisters auf ihn wartete. Seine zwei Brüder folgten ihm, indem sie sich auf die gewöhnlichen Stühle rechts und links neben ihm setzten.
»Ist es das viele Geld, das Euch so erregt?«, spöttelte Melisende und schaute dem Großmeister von oben herab in die leicht vorstehenden Augen. »Oder der Umstand, dass die Münzen aus den Truhen einer einflussreichen Frau stammen?«
|534| »Eure Günstlinge sind Mörder«, erwiderte Tramelay scharf. »Und Ketzer, die mit dem Satan im Bunde stehen.« Sein tadelnder Blick streifte Montbard. »Die Frage darf erlaubt sein, warum Euch diese Männer so viel bedeuten? Niemand hat sie je zuvor gesehen, und keiner weiß, unter welchem Stein sie hervorgekrochen sind.«
»Soweit ich weiß«, warf Montbard dazwischen, »verfügen sie über ordentliche Wappenbücher, die ihre adlige Herkunft und die Aufnahme in den Orden nachweisen, oder irre ich mich?«
Tramelay brummte etwas Unverständliches, das Montbard und die Königin als Zustimmung werten durften. »Aber das gibt ihnen nicht das Recht, unsere Männer zu töten.«
»Sofern ich das beurteilen kann«, begann Montbard mit undurchsichtiger Miene, »war die Geschichte eher ein tragischer Unfall. Eure Männer waren nicht als Templer zu erkennen. Wer mit dem Teufel reitet, kann durchaus in der Hölle landen. Ihr solltet Euch also nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.«
»Was wollt Ihr damit andeuten?«, zischte Tramelay wütend.
Montbard ließ die Frage unbeantwortet, und Melisende hob ungeduldig ihre rechte Hand, um Einspruch zu erheben.
»Bruder André hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass in letzter Zeit unverhältnismäßig viele Ritter in Kämpfen mit überraschend angreifenden Sarazenen ihr Leben gelassen haben«, bemerkte sie mit einem bedauernden Lächeln. »Versprengte, kleine Truppen, die Versorgungszüge angreifen oder vorwiegend nachts zuschlagen, wenn es an Wachen fehlt. Ich stimme Bruder André zu, dass es sinnvoller ist, die verurteilten Brüder im Krieg gegen die Sarazenen ihre Sünden sühnen zu lassen, als sie an einen sinnlosen Tod zu verschwenden. Jeder macht einmal einen Fehler, und hat unser süßer Herr Jesus nicht selbst gesagt: Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein?«
Sie bedachte Tramelay mit einem ruchlosen Blick, während sie mit einem Ende ihres durchsichtigen Schleiers spielte.
»Und warum wollt Ihr dann ausgerechnet den Schotten für Euch haben?«,
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