Die Rueckkehr der Templer - Roman
streichelte ihren Handrücken. Er grinste verlegen.
»Khaled könnte mit seinen Vermutungen recht behalten«, sagte sie leise und erwiderte Arnauds zärtliche Geste. »In den heiligen Schriften seiner Bruderschaft ist eine Abfolge von Ereignissen aufgezeichnet, deren Inhalt in beängstigender Weise den genauen Verlauf des zukünftigen Untergangs beschreibt. Die Parallelen zur Realität sind erschreckend.«
»Was steht darin?«
»Bevor die drei großen monotheistischen Religionen sich gegenseitig zerstören, wird es zu Machtveränderungen innerhalb der arabischen Staaten kommen. Das wird zu Aufständen führen, die wie ein Brandherd die gesamte Weltpolitik erfassen werden. Danach folgt ein Chaos wegen der am Boden liegenden Wirtschaft. Die Finanzwelt wird aus dem Gleichgewicht kippen und eine große Armut unter den Menschen verbreiten. Die verschlechterten Lebensumstände werden einen weltweiten Krieg auslösen. Am Ende dieser Schlacht sind sämtliche Großmächte |565| beteiligt, und die Weltordnung wird vollkommen zerstört. Danach werden Moral und Anstand unter den Menschen verschwunden sein, allein die Profitgier wird regieren. Es wird weder Freunde noch Feinde geben. Nur noch Herrschende und Beherrschte.«
»Das klingt ja wie die Apokalypse des Johannes«, flüsterte Arnaud und erschauerte bei dem Gedanken.
»Bleibt zu hoffen«, entgegnete Rona. »Dass diese Bundeslade hält, was sich alle erhoffen. Ansonsten haben wir ein echtes Problem.«
Arnaud näherte sich ihrem Gesicht so weit, dass er ihren Atem auf seinen Lippen spürte. »Das würde bedeuten, es gibt doch einen Gott, der alles lenkt.«
»Es würde bedeuten«, erwiderte sie leise, »dass deine Theorie von einer dem Menschen übergeordneten göttlichen Instanz, die sämtliche Zeitabläufe bestimmt und diese deshalb von Menschenhand nicht umkehrbar sind, zutreffen würde. Es hieße aber auch, dass wir durch diese Instanz vollkommen fremdbestimmt wären und nichts selbst steuern können, weil wir alle eine Stimme im Ohr hätten, die uns sagt, was als Nächstes zu tun ist. Im Umkehrschluss wäre diese Instanz dann aber auch für all unsere Sünden zuständig. Ob du sie Gott nennst, Allah oder das Universum, spielt dabei keine Rolle.«
»Du bist eine Ketzerin, das ist dir hoffentlich klar.« Arnaud bemühte sich um Strenge im Blick, was ihm angesichts ihres Lächelns, mit dem sie ihn versöhnlich stimmen wollte, schwerfiel. »Und was wäre, wenn man sein von Gott gelenktes Schicksal letztendlich doch selbst bestimmen kann?« Er drückte ihre Hände noch ein wenig fester.
»Also du meinst ein Prinzip, das sich normalerweise ausschließt und trotzdem funktioniert, so wie Teilchen und Welle in der Quantenphysik?«, fragte sie und schaute ihn dabei an wie eine Schlange, die ihr Opfer betört. Arnaud verlor sich in ihrem rätselhaften Blick. Er hatte ihren Vergleich nicht verstanden. Sie erschien ihm um einiges klüger als er. Aber selbst wenn zwischen ihnen ein Gleichstand an Wissen bestanden hätte, so war er kaum fähig, in ihrer Nähe einen einzigen klaren Gedanken zu fassen.
»Meinst du vielleicht, wenn man etwas tut, das gegen alle Regeln verstößt, und gleichzeitig Gottes Segen erwartet?« Ohne noch weiter darüber nachdenken zu wollen, küsste er sie zart. Zu seiner Überraschung entzog sie sich nicht, was ihn ermutigte, noch einen Schritt weiterzugehen. |566| Er presste seinen leicht geöffneten Mund auf ihre vollen, noch unerfahrenen Lippen. Ihre Zunge berührte die seine, und Arnaud schoss schmerzhaft das Blut in die Lenden. Er zog sie fest zu sich heran und küsste sie mit ungezügelter Leidenschaft. Rona erwiderte seine Küsse mit der gleichen Begeisterung. Für eine Frau, die angeblich noch nie etwas mit einem Mann gehabt hatte, schmiegte sie sich unerwartet willig in seine Arme.
»Vergiss die Zeit«, sinnierte sie flüsternd an seine Lippen. »Lass uns die Gegenwart auskosten, bevor wir an ein Morgen denken, das eigentlich schon ein Gestern ist.«
Kapitel 20
Im Namen des Herrn
Juli 1153 – Gaza/Askalon
Der Harem war ein Paradies für Männer, nicht aber für Frauen, wenn man von schönheitsfördernden Maßnahmen, wie Massagen, heißen Bädern, und duftenden Ölpackungen einmal absah, von denen man im Palast von Askalon trotz des anhaltenden Belagerungszustandes durch die Christen offenbar nicht lassen wollte.
Den ganzen Tag über spielten ein paar junge Mädchen auf verschiedenen orientalischen Zupfinstrumenten oder schlugen ein
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