Die Rueckkehr der Templer - Roman
Augen, als ob er ein Schwerverbrecher wäre. »Du willst mich um mein Geld bringen«, krächzte er, weitaus wachsamer, als es von weitem den Anschein gehabt hatte. »Das hier sind fünf Säcke Hafer, die Fatima und ich unter Einsatz unseres Lebens aus Akko herbeigeschleppt haben. In diesen lausigen Zeiten ist das ein wahres Vermögen, verstehst du, mein Junge?«
Prüfend kroch sein Blick über Geros Gesicht, der seinen Schal ein wenig gelockert hatte, so dass der Alte seinen Mund und den blonden, kurzgeschorenen Bart zu sehen bekam. »Aber sicher verstehst du das«, setzte der Berber hinzu, »deshalb willst du mir die Ware so kurz vor dem Ziel abspenstig machen.«
»Aber wo denkst du hin!«, widersprach Gero und zückte demonstrativ einen der Goldbyzantiner aus seinem Beutel, die ihm Arnaud in weiser Voraussicht zugesteckt hatte. »Damit wären der Maulesel und der Hafer beglichen. Und ich bringe dir den Esel und den Gewinn für die Säcke zurück, sobald ich meine Geschäfte erledigt habe. Sag, was hältst du davon?«
Der Alte biss auf die Münze und grinste zufrieden, als das Material kaum merklich nachgab. »Entweder seid Ihr ein Irrer oder ein Gauner oder beides«, bemerkte er in einem lakonischen Tonfall.
»Oder ein Heiliger«, fügte Gero scherzhaft hinzu. »Nun, was ist?«
»Amüsiert euch gut«, sagte der Alte und übergab ihm die Zügel des Tieres. »Ihr Name ist Fatima, und wenn sie nicht will, gebt ihr einen leichten Schlag auf den Hals, das mag sie nämlich überhaupt nicht.« Er lächelte, während Fatima wie zur Bestätigung mit ihren Ohren wackelte. »Soll ich hier vor der Brücke auf euch warten?«
»Ja, das wird das Beste sein«, sagte Gero, nicht wissend, welchen Weg nach draußen er würde nehmen müssen. »Sollte ich aus irgendeinem Grund nicht mehr hier auftauchen, versucht hineinzukommen, unter dem Vorwand, dass ihr Fatima abholen wollt.«
»Ihr seid ein Gauner? Hab ich recht?«
»Ob ihr’s glaubt oder nicht«, erwiderte Gero mit einem Lächeln, »ich bin ein Templer.«
»Das läuft auf dasselbe hinaus«, sagte der Alte.
|676| Ohne noch etwas zu entgegnen, machte Gero sich mit der durchaus willigen Fatima auf den Weg über die Brücke. Der Wachposten, der ihn kontrollierte, ein Sergeant im schwarzen Habit, schien an seiner Herkunft nicht sehr interessiert zu sein, nachdem Gero ihm in gebrochenem Altfranzösisch den Inhalt der Säcke aufgezeigt hatte. In Erwartung des dringend benötigten Pferdefutters verzichtete der Mann auf weitere Fragen und erklärte Gero stattdessen, wie er am schnellsten zu den Stallungen kam und zum dortigen Bruder der Verwaltung, der für den Einkauf des Futters zuständig war.
Gero führte den Maulesel bis vor die Tore des Pferdestalls und band Fatima an einem Pfahl fest. Dann nahm er den schnellsten Weg zum Dormitorium und zu Montbards Gemächern, die sich im ersten Stock des Gebäudes befanden, wo man entsprechende Unterkünfte eigens für hohen Besuch eingerichtet hatte. Gero nahm zwei Stufen auf einmal, als er das finstere Treppenhaus hinaufhastete, um so schnell wie möglich zu Montbard zu gelangen. Auf dem Weg dorthin musste er einen Haken schlagen, nachdem er die erste Etage erreicht hatte, und sich hinter einer Marmorsäule verstecken, weil er plötzlich die Stimme Peter von Vezelays zu hören glaubte. Aus einer Nische heraus beobachtete er, wie tatsächlich Vezelay und Berengar von Beirut den Gang herunter an ihm vorbeimarschierten, um zum Treppenhaus zu gelangen. Allem Anschein nach hatte Tramelay die beiden Offiziere bei seinem Sturmangriff nicht dabeihaben wollen, was ihnen einen grausamen Tod erspart hatte. Aber welche Rolle spielten sie jetzt?
»Was ist, wenn sie Montbard tatsächlich schon morgen zum Großmeister wählen?«, mutmaßte de Vezelay. »Was wirst du dann tun?«
»Was soll ich schon tun?«, knurrte Berengar missmutig. »Dass der alte Fuchs uns beide übergehen will, ist doch so klar wie Quellwasser. Montbard muss irgendetwas in der Hinterhand haben, das ihn für den König als Großmeister interessant macht. Warum sonst sollte er ihn als Nachfolger Tramelays vorgeschlagen haben? Immerhin war er bisher am königlichen Hofe eine Persona non grata. Erst mit Auftauchen dieser merkwürdigen Ritter hat sich das Blatt für ihn gewendet. Dabei hat er sich merkwürdigerweise nicht im Kapitel für deren Freilassung stark gemacht, sondern erst über Melisende, und es interessiert mich brennend, mit welcher Gegenleistung er ihr das Geld für
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