Die Rueckkehr der Templer - Roman
Angehörige der Stadtmiliz, Männer unterschiedlichen Alters, die offenbar nicht zum Einsatz gekommen waren und sich nun entweder auf dem Weg zu ihren Familien oder in eine der Tavernen befanden, um den abendlichen Schreck mit einem Krug Bier oder Wein herunterzuspülen.
Auch zahlreiche Pilger strömten auf die Straßen; sie hatten sich auf Anraten ihrer Herbergswirte in Kellern verkrochen und blickten nun unsicher zum Himmel auf.
Allem Anschein nach hatten sich die Angreifer – Fatimiden, die der |158| Stadt seit ihrer Eroberung keine Ruhe gönnten – nach dem Beschuss ins Hinterland zurückgezogen, um einer nächtlichen Verfolgung durch Templer und Hospitaliter zu entgehen. Beim Anblick der nun fest verbarrikadierten Devotionalienläden, die den christlichen Pilgern gewöhnlich selbst um diese Zeit noch allerhand Unsinn verkauften, stellte sich Khaled die Frage, wie er die beiden Frauen an den Templerwachen am sogenannten Tor der Ketten vorbeibringen sollte. Für ihn selbst war es kein Problem, um diese Zeit an die Pforten der Ordensritter zu klopfen, aber in Begleitung zweier Frauen, die so schön waren wie die Sünde, sah die Sache schon anders aus. Frauen waren im Hauptquartier der Templer ohnehin nur im Ausnahmefall zugelassen. Normalerweise lagen die meisten Ordensbrüder um diese Zeit längst auf ihren Pritschen und schnarchten ein letztes Ave-Maria. Durch den Brandanschlag aus dem Schlaf gerissen, waren sie mit Sicherheit in maximaler Stärke ausgerückt. Irgendwann in nächster Zeit würden sie zu ihrem Quartier zurückkehren, wahrscheinlich erfolglos, und noch vor der Nachtruhe von ihrem Kommandanten einen Becher Wein genehmigt bekommen. Ein bewährtes Mittel gegen den Frust, weil dieser hinterhältigen ägyptischen Brut selbst mit himmlischen Heerscharen nicht beizukommen war. Aber sehr wahrscheinlich würde auch das nicht dazu beitragen, die Laune der Ordensbrüder zu heben, um mitten in der Nacht irgendwelchen Ausnahmegenehmigungen zuzustimmen.
Als sie die untere Templergasse durchquerten, vorbei an Goldschmieden, Geldwechslern und den Läden der Gerber, waren die Feuerkörbe, die das große eisenvergitterte Spitzbogentor zum Templum Domini beleuchteten, bereits zu sehen. Die zwei hünenhaften Sergeanten des Ordens, die es bewachten, waren hingegen kaum zu erkennen. Da sie als Templer auf Zeit –im Gegensatz zu den lebenslänglich verpflichteten weißgewandeten Rittern – schwarze Gewänder trugen, leuchteten nur ihre roten Brustkreuze im Schein der Flammen hell auf.
Lyn wich Khaled nicht von der Seite. »Was erwartet uns, wenn wir die Wachen passiert haben?«
Khaled holte tief Luft, bevor er zu einer Erklärung ansetzte. »Das Areal der ehemaligen Plattform des salomonischen Tempels ist ziemlich gewaltig«, eröffnete er seiner Begleiterin mit einer allumfassenden Geste. »Es liegt auf einer Anhöhe und macht mindestens ein Drittel |159| der Fläche innerhalb der gesamten Stadtmauer aus.« Er schaute sie von der Seite an. »Wie du wahrscheinlich weißt, verdankt der Orden diesem Ort unter anderem seinen Namen. Die Templer und die Chorherren des Felsendoms teilen sich die Plattform in brüderlichem Einvernehmen«, erklärte er weiter, während sie voranschritten. »Nordwestlich befindet sich der sogenannte Felsendom. Der Qubbet as-sakra, wie wir Muslime das achteckige Gebäude nennen. Es ist unfassbar schön, mit bunten Kacheln und Marmorfliesen verkleidet. Wenn wir Gelegenheit dazu haben, solltet ihr euch die Säulentore am Ende der Treppen anschauen. Sie wurden aus grün gesprenkeltem Marmor gehauen, der aussieht wie eine Blumenwiese.« In Khaleds Gesicht spiegelte sich die Begeisterung, die er angesichts der architektonischen Meisterleistungen seiner Mitbrüder empfand. »Kalif Abdalmalik hat die Moschee in den Jahren 691 bis 692 nach Christus erbauen lassen, und mit der blutigen Erstürmung Jerusalems am 15. Juli 1099 wurde sie von den christlichen Chorherren besetzt.« Seine Stimme verlor an Enthusiasmus. »Danach hat man die ehemalige Stätte Mohammeds gnadenlos zu einer Kirche erklärt und in Templum Domini umbenannt. Seither thront auf der goldenen Kuppel statt einer grünen Flagge ein riesiges Kreuz, dessen silberne Kopie in den Schlachten des Königreiches stets vor dem königlichen Heer vorangetragen wird.«
»Wenn ich das alles höre«, bemerkte Rona mit einem ironischen Zug um den Mund, »kommt mir der Verdacht, dass es besser wäre, alle Religionen einfach abzuschaffen. Dann gibt
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