Die Rueckkehr der Templer - Roman
aber immerhin war Rona auch nicht mehr in der Lage, die Waffe gegen ihn oder jemand anderen einzusetzen.
Die beiden Sergeanten, die Tag und Nacht das vergitterte Portal in Richtung Templergasse bewachten, präsentierten die üblichen finsteren Mienen, wie man sie von einem Wachsoldaten erwarten durfte. Als sie Khaleds Aufmachung sahen und ihn als Vertreter der Nizâri erkannten, entspannte sich ihr Blick ein wenig, erst recht nachdem er die lateinische Losung »Gelobt sei die Unschuld der heiligen Muttergottes Maria« gemurmelt hatte.
Der rechte Sergeant, ein blonder Recke, von Aussehen und Größe vermutlich normannischer Abstammung, grinste dreist. »Um diese Zeit haben Frauen hier keinen Zutritt. Das solltest du wissen, mein muslimischer Bruder. Es sei denn, du willst sie gar nicht mitnehmen, sondern uns eine unverhoffte Freude bereiten.« Er sprach Altfranzösisch, und allem Anschein nach ging er tatsächlich davon aus, dass Khaled die Frauen bei ihm zurücklassen würde, bis er seine Geschäfte oben im Hauptquartier erledigt hatte. Auch der andere Sergeant, schwarzlockig und etwas kleiner, schien sich zu freuen.
»Es tut mir leid, euch enttäuschen zu müssen«, raunte Khaled und |162| lächelte süffisant, »aber die beiden sind der Grund, warum ich zu so später Stunde noch hier bin. Es handelt sich um mongolische Prinzessinnen, die dringend mit André de Montbard sprechen müssen. Die Angelegenheit duldet keinen Aufschub.«
Der kleinere von beiden, der mit seinem struppigen Bart aussah wie ein Wüstenräuber, lachte schallend. »Das ist nicht dein Ernst, Assassine, oder?«, prustete er.
Während Khaled sich über die Abfuhr ärgerte, drängte sich Rona mit verkniffenem Blick in den Vordergrund.
»So ernst wie die unwiederbringliche Vernichtung Eures Ordens, wenn Ihr uns nicht zu Eurem Vorgesetzten vorlasst.« Rona hatte zwar leise, aber eindringlich gesprochen und vor allem in glasklarem Französisch.
Das Lächeln des Templers erstarb, und Khaleds Kopf ruckte herum. Die Frau musste verrückt sein.
»Bist du von Sinnen?«, zischte er Rona auf Arabisch zu. »Mit deiner düsteren Prophezeiung hast du jegliche Chance auf Einlass vertan.«
Dass er recht behalten sollte, bedurfte keines weiteren Beweises, weil einer der Männer sein Schwert zog und nicht nur ihn und Rona, sondern auch Lyn bedrohte.
»Ist sie vom Teufel besessen?« Der Normanne schnaubte verärgert und fixierte Khaled mit angriffslustiger Miene. »Du denkst doch nicht wirklich, dass ich so einer vorlauten Hexe mitten in der Nacht Einlass gewähre, noch dazu ohne Passierschein? Seht zu, dass ihr Land gewinnt.«
»Wenn du die beiden Damen nicht einlassen möchtest«, versuchte Khaled es noch ein letztes Mal, »könntest du wenigstens mich einlassen.« Er gab sich der Hoffnung hin, dass man ihm doch noch Gelegenheit gab, Bruder André persönlich von der Rechtschaffenheit der beiden Frauen zu überzeugen.
»Vergiss es, mein muslimischer Freund«, raunte der Blonde. »Von mir aus amüsiere dich mit den beiden bis Morgen früh. Denn vorher wirst du kaum einen Antrag an die Kommandantur stellen können, damit man sie vielleicht bei Bruder André vorsprechen lässt. Oder du versuchst dein Glück, wenn unser Seneschall in den Palast zurückkehrt, was aber vor Dienstag nicht der Fall sein wird, weil weder Komtur noch Großmeister anwesend sind.« Der Normanne steckte sein |163| Schwert zurück in die Scheide. Danach nahmen die Männer Haltung an und kreuzten die Lanzen, wobei ihre Mienen so verschlossen blieben wie das Tor, das sie bewachten.
»Na wunderbar!«, stieß Khaled fluchend hervor und schob die beiden Frauen zurück in die Gasse.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Lyn.
»Was wohl?«, knurrte er. »Vor morgen früh werden wir André de Montbard nicht aufsuchen können.«
»Was sind das für Idioten!«, rief Rona ungehalten. »Ich frage mich ernsthaft, warum Lion wollte, dass wir ausgerechnet diesen Haufen von Spinnern vor dem Untergang retten!« Sie hatte in Babylon gesprochen, um Khaleds lästige Nachfragen zu vermeiden. Bevor Lyn etwas antworten konnte, wandte Rona sich erneut an Khaled, wobei sie ins Arabische wechselte.
»Und uns erzählst du, du hättest Beziehungen!«, erklärte sie barsch.
Khaled blieb stehen, ohne eine Antwort zu geben. Allein sein finsterer Blick verriet seinen Ärger. Lyn befürchtete schon, dass er jeden Moment auf Rona losgehen würde. Um den harten Ton ihrer Schwester zu beschwichtigen, versuchte
Weitere Kostenlose Bücher