Die Rückkehr der Templerin
konnte.
»Eine saubere Arbeit«, sagte eine Stimme hinter ihr. Robin drehte sich langsam um und sah, wie Dariusz fast gemächlich herbeigeschlendert kam. Er hatte die Handschuhe ausgezogen und applaudierte spöttisch. »Eine etwas eigenwillige Methode, einen Mann zu töten, aber eine sehr effektive, wie ich zugeben muss. Allem Anschein nach habt Ihr doch das eine oder andere von Euren neuen Freunden gelernt, Bruder Robin.«
»Wie meint Ihr das?«, erkundigte sich Robin. Der Klang ihrer eigenen Stimme schien wie die einer Fremden in ihren Ohren. Sie hatte Mühe, überhaupt zu sprechen, geschweige denn, sich auf Dariusz’ Worte zu konzentrieren. Alles in ihr war in hellem Aufruhr. Fast beiläufig spürte sie, dass ihr Turban verrutscht war, aber nicht einmal dieser Gedanke drang wirklich in ihr Bewusstsein. Sie fühlte sich unendlich schuldig. Der Plünderer war gewiss nicht der erste Mann, den sie getötet hatte, und er gehörte ebenso gewiss zu jenen, die es wahrscheinlich am meisten verdient hatten - und doch: Sie kam sich wie eine Mörderin vor. Und zumindest in ihren eigenen Augen war sie es auch, denn es gab einen Unterschied zwischen dem Tod dieses Mannes und dem aller anderen, die bisher von ihrer Hand gefallen waren. Es waren Feinde gewesen. Feindliche Soldaten, Attentäter oder Mörder, Männer, die ihr in einer Schlacht gegenübergetreten waren oder ihr selbst nach dem Leben getrachtet hatten. Sie hatte jeden Einzelnen von ihnen töten müssen, um selbst am Leben zu bleiben. Diesen Mann hatte sie getötet, um ihn zum Schweigen zu bringen, nicht, um unmittelbar ihr Leben zu verteidigen. Und auch Dariusz’ Worte bekamen in ihren Ohren einen vollkommen neuen, grausamen Sinn. Robin verspürte ein einziges Frösteln, als ihr erst jetzt klar wurde, wie kalt, präzise und berechnend sie den Plünderer getötet hatte.
»Aber Ihr habt mir doch selbst erzählt, dass Ihr Gast auf der Burg des Assassinenfürsten seid«, antwortete Dariusz in einem Tonfall leiser Überraschung, von dem Robin nicht sicher sein konnte, ob er echt oder geschauspielert war. »Und man sagt doch, dass die Assassinen Meister in der Kunst sind, lautlos und ohne Waffen zu töten.«
Robin hob wortlos die Schultern und wandte sich wieder zu Guy um. Seine weit offen stehenden, leeren Augen schienen sie noch immer vorwurfsvoll anzustarren. Nein, dachte sie, sie würde diesen Blick niemals mehr vergessen.
»Ich hätte ihn nicht töten müssen, hättet Ihr Eure Männer nicht zurückgehalten«, sagte sie bitter. Es war nur ein Schuss ins Blaue, doch Dariusz versuchte erst gar nicht, irgendetwas zu leugnen.
»Aber ich bitte Euch, Bruder Robin«, antwortete er, nun mit überhaupt nicht mehr sanftem, sondern ganz eindeutig beißendem Spott in der Stimme. »Ein so gut ausgebildeter und kampferprobter Ritter wie Ihr wird doch wohl keine Probleme haben, mit einem dahergelaufenen Stück Dreck fertig zu werden. Ich wollte Euch nicht beleidigen.«
»Er war ein Mensch, Bruder Dariusz«, sagte Robin leise.
»Kein Stück Dreck.«
»Ganz, wie Ihr meint«, sagte Dariusz verächtlich. »Und wie es aussieht, sogar ein Christ. Wenngleich einer von denen, auf die ein wahrer Christenmensch gewiss nicht stolz ist. Dennoch wollen wir ihm ein anständiges Begräbnis gewähren.« Er winkte den Männern zu, die den Plünderer zuvor niedergehalten hatten.
»Verbrennt ihn. Und die beiden anderen Leichen gleich mit.« Robin fuhr abermals herum und sog scharf die Luft ein.
Lodernde Wut explodierte regelrecht in ihr, und vielleicht hätte sie etwas sehr Dummes getan, wenigstens aber gesagt, wäre nicht in diesem Moment vom anderen Ende des Dorfplatzes her ein schriller Schrei erklungen. Robin drehte erschrocken den Kopf, und ihr Herz machte einen Satz in ihrer Brust, als sie Nemeth erkannte, die mit weit ausgreifenden Schritten und schreckensbleichem Gesicht auf sie zugerannt kam. Ihre Mutter lief mit wehenden Kleidern hinter ihr hier, aber sie war viel zu langsam, um das Mädchen einzuholen.
»Robin!«, schrie Nemeth. Ihre Stimme überschlug sich fast.
»Hat er dir etwas getan?«
»Eine Freundin von Euch?«, fragte Dariusz amüsiert.
Robin verschwendete keine Zeit damit, ihm zu antworten, sondern eilte Nemeth und ihrer Mutter so schnell entgegen, wie es gerade noch ging, ohne wirklich zu rennen. Sie hörte, wie Dariusz ihr folgte, aber langsamer, und beschleunigte ihre Schritte noch einmal. Ihr Herz raste. Nemeth schrie immer noch aufgeregt ihren Namen und
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