Die Rückkehr der Templerin
Trupp Rast bei einer Ruine, die auf einem schroffen Hügelkamm lag. Robin fi e l mehr aus dem Sattel, als sie vom Pferd glitt, und taumelte halb blind in den nächstbesten Schatten. Erschöpft sank sie zu Boden und griff mit zitternden Händen nach ihrem Wasserschlauch.
Sie hatte ihn kaum an die Lippen gesetzt, als Dariusz vor ihr auftauchte. »Ihr seid an der Reihe, Wache zu halten«, sagte er knapp. »Ihr seid Bruder Rother zugeteilt.«
Robin sah müde zu dem grauhaarigen Tempelritter hoch. Dariusz stand mit dem Rücken zur Sonne, sodass sie heftig blinzeln musste und den Ausdruck auf seinem Gesicht trotzdem nicht erkennen konnte. Seine Stimme jedenfalls war frei von jeglicher Emotion. Dennoch war sie ziemlich sicher, dass sie jetzt die Quittung für ihre despektierlichen Worte vom Morgen bekam.
Sie ersparte sich jede Antwort, sondern stemmte sich stattdessen mühsam wieder in die Höhe. Dariusz streckte die Hand aus, um ihr aufzuhelfen, aber Robin spürte die Falle im letzten Moment und stemmte sich aus eigener Kraft auf die Beine. Prompt wurde ihr wieder schwindelig, aber sie biss die Zähne zusammen, antwortete nur mit einem knappen Nicken und wandte sich mit einer erschöpften Bewegung zu dem schlanken Ritter um, der neben Dariusz stand.
Bruder Rother konnte nicht viel älter als Salim sein, auch wenn ein Leben voller Entbehrungen und Leid deutliche Spuren in seinem Gesicht hinterlassen hatte. Aber er hatte freundliche Augen, deren unerschütterliche Lebensfreude selbst die Jahre im Weiß und Rot des Templergewandes nicht vollkommen hatten auslöschen können. Sein Blick schien Robin etwas signalisieren zu wollen, was sie nicht verstand, worauf sie aber trotzdem reagierte: Ohne ein weiteres Wort in Dariusz’ Richtung wandte sie sich um und ging mit schleppenden Schritten in Richtung der Ruine los, auf die der Templer gedeutet hatte.
»Ihr müsst durstig sein, Bruder«, sagte Rother - leise und erst, nachdem sie sich zuverlässig aus Dariusz’ Hörweite entfernt hatten. Er hielt ihr seinen Wasserschlauch hin, und Robin unterdrückte im letzten Moment den Impuls, danach zu greifen. Sie waren aus Dariusz’ Hör-, aber bestimmt nicht aus seiner Sichtweite, und der Umstand, dass sie selbst vor lauter Erschöpfung einfach ve r gessen hatte, ihren eigenen Wasserschlauch mitzunehmen, war ihr einfach peinlich. Gerade nach dem Gespräch, das sie am Morgen mit Dariusz geführt hatte, wollte sie sich in seiner Gegenwart nicht mehr das mindeste Zeichen von Schwäche erlauben.
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, wiederholte Rother sein Angebot nicht. Der Rhythmus seiner Schritte änderte sich, und Robin glaubte zuerst, er würde schneller gehen, aber das genaue Gegenteil war der Fall. Trotzdem hatte sie immer noch Mühe, mit ihm Schritt zu halten, und als sie endlich die Ruine erreichten und sich im Schutz des kümmerlichen Schattens zusammenkauerten, den die abbröckelnden Mauern warfen, war sie dem Zusammenbruch nahe.
»Hier.« Rother hielt ihr den Wasserschlauch hin und machte ein ärgerliches Gesicht, als Robin immer noch zögerte, danach zu greifen. »Nehmt schon. Bruder Dariusz sieht es nicht. Und ich werde es ihm nicht sagen.«
Robin zögerte - vollkommen widersinnigerweise - noch einmal, aber dann griff sie mit beiden Händen zu, riss Rother den Schlauch regelrecht aus den Fingern und trank so gierig, dass ihr das Wasser am Kinn hinablief und auf ihr Gewand tropfte. Die ersten Schlucke schienen ihren Durst eher noch anzustacheln, und sie trank fast noch schneller weiter, achtete aber jetzt darauf, nichts mehr von dem kostbaren Nass zu verschwenden. Trotzdem war Rothers Schlauch mehr als zur Hälfte geleert, als sie ihn endlich absetzte und mit schlechtem Gewissen zurückgab. »Danke«, seufzte sie. »Ich hatte das Gefühl zu verdursten.«
»Was nicht zu übersehen war.« Rother machte Anstalten, seinen Schlauch wieder zu verschließen, deutete aber dann nur ein Schulterzucken an, forderte Robin mit einer entsprechenden Geste auf, mit den Händen eine Schale zu formen, und goss ihr das lauwarme Wasser hinein, als sie gehorchte. Robin schöpfte sich das Wasser ins Gesicht und rieb sich den Rest in den Nacken und auf die Schläfen. Es tat unglaublich gut.
»Danke«, sagte sie noch einmal.
»Ihr hattet es nötig«, antwortete Rother.
»Das stimmt - aber jetzt habt Ihr kein Wasser mehr«, sagte Robin mit einer Kopfbewegung auf Rothers Schlauch, der nun tatsächlich so gut wie leer war, »und die
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