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Die Rückkehr der Templerin

Die Rückkehr der Templerin

Titel: Die Rückkehr der Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einem von beidem zu tun. Es war reine Tollkühnheit; allerdings jene ganz besondere Art von Tollkühnheit, durch die Schlachten nicht gewonnen wurden, sondern im Allgemeinen in einer Katastrophe endeten und über die auch keine Heldenlieder gesungen oder Geschichten am Lagerfeuer erzählt wurden.
    Nachdem sie den Hügel hinter sich gebracht hatten und ihnen das Gefälle noch mehr Schwung verlieh, fielen die Tiere in einen schnellen, gleichmäßigen Galopp. Der Boden begann unter den Hufen der Pferde zu dröhnen, und die Luft war vom aufgewirbelten Staub erfüllt, den sie wie eine gewaltige Schleppe hinter sich herzogen. Der kleine Trupp überquerte zwei weitere felsige Hügel und sprengte durch einen Bach, dessen Wasser bis zu den Oberkörpern der Reiter hinaufspritzte. Robin hatte mit dem Gegenteil gerechnet, aber ihre Übelkeit war verflogen, und so absurd ihr das selbst beinahe vorkommen mochte, spürte sie, wie neue Kraft ihre Glieder durchströmte und sich eine sonderbare, fast erschreckende Zuversicht in ihr breit zu machen begann. Vielleicht war es dasselbe, was sie schon am Morgen gestört hatte: eine fast schon euphorische Stimmung, die sie glauben ließ, ihre Feinde auf jeden Fall besiegen zu können, und die sie wegen ihrer Absurdität erschreckte, ohne aber verhindern zu können, dass sie selbst davon mitgerissen wurde. Tatsächlich galt ihre einzige Sorge in diesen Augenblicken der Frage, ob ihre Pferde, die ebenso erschöpft und ausgelaugt sein mussten wie ihre Reiter, die Kraft für eine längere Verfolgung aufbringen würden.
    Während sie auf die allmählich deutlicher erkennbare Staubwolke zusprengten und es mehr oder weniger den Pferden überließen, ihren Weg auf dem mittlerweile von Steinen und Geröll übersäten Boden zu finden, fühlte sich Robin fast nicht mehr wie sie selbst, sondern nur noch als Teil dieses gewaltigen, unsichtbaren Heeres, dem nichts auf der Welt standhalten konnte. Das Donnern der Hufe, das Klirren der Waffen, die wehenden weißen Umhänge der Männer, all das riss sie einfach mit. Vielleicht war die Zeit, die sie in Abbés Komturei verbracht hatte, doch nicht so spurlos an ihr vorübergegangen, wie sie bisher gemeint hatte. Sie hatte ihr Leben gedanklich zumindest damals der Aufgabe gewidmet, ein Ritter zu werden, und sie hatte dieses Ziel gegen alle Vernunft, gegen jede Logik und gegen alle noch so gewaltigen und unverbindlich erscheinenden Hindernisse erreicht, und nun lag ihre erste richtige Schlacht vor ihr. Das Massaker auf der Sankt Christophorus während der Hinfahrt in dieses Land unglaublicher Gegensätze, in der bittere Armut und verschwenderischer Luxus, Grausamkeit und Großherzigkeit oft erschreckend nah beieinander lagen, hatte sie niemals als ein solches gewertet - vielleicht, weil es so gar nicht ihren Vorstellungen eines ritterlichen Kampfes entsprochen hatte, und auch den Überfall auf die Sklavenkarawane hatte sie nur als nahezu unbeteiligtes, wehrloses Opfer miterlebt. Nun würde sie dem Gewand, das sie trug, zum ersten Mal wirklich Ehre machen können.
    Sie überquerten einen weiteren Hügel, danach schwenkte die ganze Kolonne scharf nach links durch einen gut fünffach mannshohen Spalt zwischen den Felsen, und als die Wände wieder vor ihnen zurückwichen, lag ein lang gestrecktes, schmales Tal vor ihnen, zwischen dessen grün gewachsenen Flanken sich die Häuser eines kleinen Dorfes erhoben. Ganz flüchtig empfand Robin so etwas wie ein sachtes Bedauern, den Krieg nun auch in dieses kleine Dorf zu tragen, dann sah sie genauer hin und erkannte, dass er es bereits erreicht hatte.
    Aus etlichen der kleinen, braun verputzten Häusern aus unterschiedlich großen Bruchsteinen schlugen Flammen. Was sie von weitem für eine Staubwolke gehalten hatte, war Rauch, der Rauch eines Feuers, das nur deshalb noch nicht den gesamten Ort verzehrt hatte, weil es in den einfachen Steinbauten und ihrer Einrichtung nicht genug Nahrung fand. Große Rußflocken trieben ihnen entgegen wie schwarzer Schnee aus den Abgründen der Hölle. Es stank nach brennendem Holz und Öl, nach verschmortem Haar und anderen, schlimmeren Dingen, die sie nicht identifizieren wollte (obwohl etwas in ihr es sehr wohl tat), und trotz des Trommelns der Pferdehufe, das von den Wänden des schmalen Tales zurückgeworfen und noch verstärkt zu werden schien, glaubte sie ein fernes Weinen und Wehklagen zu hören, vielleicht das Wimmern eines Kindes.
    Ohne langsamer zu werden, sprengte der Trupp

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