Die Rückkehr Des Bösen
Kindheit ein so abruptes Ende gefunden hatte. Ja, wenn seine Mutter ihm erlaubt hätte, die High School abzuschließen. So wie all seine Klassenkameraden! Aber nein, sie musste ihn unbedingt zwei Jahre früher aufs Priesterseminar schicken. Ja, wenn ...
Der Umgang mit den Jungen gab ihm das Gefühl, wieder jung zu sein, und schien ihn für das, was er als Kind verpasst hatte, zu entschädigen. Ihre Nähe wirkte auf ihn wie eine Verjüngungskur. So hatte er versucht, es Dr. Marik zu erklären, doch der alte Knabe hatte das nicht begriffen. Vermutlich wollte er es auch gar nicht verstehen. Stattdessen hatte er Berichte in glühenden Formulierungen verfasst, um damit Kardinal Rose zu beglücken.
Zwei der Jungen winkten Vater Gerald zu, woraufhin der in Laufschritt verfiel. Irgendjemand warf ihm den Ball zu, und nach mehreren Sprints und einigen Pässen fand er sich plötzlich am Boden wieder, über sich einen Haufen kreischender, balgender Bengel. Sean Harris lag laut lachend quer über ihm, und er spürte dessen warmes, festes Gesäß an seinen Lenden. Und ungeachtet, dass ihm der eine den Ellbogen in die Seite rammte und der andere ihm den Fuß übers Gesicht schrappte, presste er seine Erektion vorsichtig gegen Seans Pobacken. Gerade noch rechtzeitig, bevor er die Kontrolle über sich verlor, schüttelte er den Jungen mit dem strohblonden Schopf und dem Grübchen über dem rechten Mundwinkel von sich ab und setzte sich auf, bemüht, dass niemand die Ausbeulung zwischen seinen Beinen bemerkte. Dann bat er Sean Harris, ihm nach dem Feuerwerk beim Aufräumen zu helfen.
Soweit er wusste, hatte Seans Vater erst kürzlich seine Stelle verloren. Die Familie war knapp bei Kasse, und die zwanzig Dollar, die er dem Jungen für den kleinen Gefallen geben würde, wären bestimmt sehr willkommen. Seine Mutter wäre sicher damit einverstanden, wenn er ihn dann anschließend mit seinem Wagen nach Hause führe.
Er mischte sich wieder unter die Leute, die bereits unter „Ohs“ und „Ahs“ das Feuerwerk bestaunten, die Gesichter himmelwärts gerichtet, hinauf zu dem Lichtspektakel, das in diesem Moment begonnen hatte. Die Szenerie wurde allein von den Explosionen der Feuerwerkskörper illuminiert, alle anderen Lichter, selbst die Parkplatzbeleuchtung, waren ausgeschaltet.
Behutsam stakste Vater Kincaid über etliche Deckenzipfel, darauf bedacht, niemandem auf die Füße zu treten. Die Lichtblitze ließen alles seltsam verzerrt erscheinen und irritierten ihn. Er stolperte über eine Kühlbox, wehrte die Entschuldigung des Eigentümers mit einem Wink ab und kollidierte dann auch noch mit einem Grüppchen Jungen, die sich der besseren Sicht wegen nach vorne drängten.
„Entschuldigung, Vater!“ rief einer von ihnen fröhlich.
Die Donnerschläge folgten jetzt Schlag auf Schlag, und Vater Gerald spürte die Druckwellen der Explosionen. Endlich hatte er’s fast durch die Menschenmenge geschafft, da stieß er schon wieder mit jemandem zusammen, diesmal indes mit voller Wucht und ohne ein Wort der Entschuldigung. Der Zusammenprall war so heftig gewesen, dass ihm glatt die Luft wegblieb. Nach Atem ringend griff sich Vater Gerald an die Brust. Seine Finger, die Hand, alles war plötzlich klebrig und nass. Nur sah er nichts in der Dunkelheit.
Wieder flammte der Himmel auf, und da entdeckte Vater Kincaid den Fleck, der sich vorn auf seinem Hemd ausbreitete. Ein stechender Schmerz raste ihm durch den Leib. Wann, fuhr es ihm durch den Kopf, bist du denn in die Knie gesunken? Das Krachen und Bersten verschwand zunehmend in der Ferne.
Das Feuerwerk war noch gar nicht vorbei, und trotzdem war um Vater Gerald herum alles schwarz.
24. KAPITEL
Sonntag, 4. Juli
Interstate 95
Sie waren schon fast zwei Stunden unterwegs, als Maggie auffiel, dass sie und Julia Racine den Fall ohne jede Meinungsverschiedenheiten diskutierten, ohne Seitenhiebe oder Rivalität. Racine war sogar einverstanden gewesen, dass Harvey mitfuhr. Sie hatte ihm die Rückbank ihres Nissan G35 Coupe zur Verfügung gestellt, und zwar ohne angesichts seiner Riesenpfoten auf ihren makellosen Lederbezügen auch nur eine Miene zu verziehen.
Zunächst hatte Maggie geglaubt, das sei nur Theater, um sie für sich einzunehmen. Allerdings wusste sie auch, dass es Julia Racine an Geduld und Höflichkeit mangelte, um etwas, das ihr gegen den Strich ging, einfach großzügig zu übersehen. Und ein Labrador-Retriever in einem Vierzigtausend-Dollar-Schlitten war recht schwer zu
Weitere Kostenlose Bücher