Die Rückkehr Des Bösen
mochte, das passte nun gar nicht zu ihr.
Pakula wartete auf sie, tat aber so, als gehe ihn das alles nichts an. Sie schlug die Autotür hinter sich zu. Als ihre Blicke sich begegneten und sie in seinen Augen jene unausgesprochene Frage sah, die Polizisten sich untereinander häufig stellen, da wusste sie, dass er sie verstehen würde. „Ein Fall daheim im District“, erklärte sie schlicht. „Eine Freundin hat gerade den abgetrennten Kopf ihrer Sekretärin gefunden.“
Er verzog das Gesicht, wirkte aber nicht so schockiert, wie es die meisten Leute wohl gewesen wären. „Wollen Sie lieber etwas warten? Wir können die Befragung auch verschieben.“
„Nein, wo wir schon mal da sind, bringen wir’s hinter uns.“
Wieder meldete sich ihr Handy. Hektisch riss sie es aus der Tasche und klappte es auf, ohne auf die Ruferkennung zu sehen.
„Special Agent Maggie O’Dell?“ fragte eine ihr unbekannte männliche Stimme.
„Ja?“ Achselzuckend sah sie Pakula an, der neben ihr wartete, die Hand bereits an der Pfortenklinke.
„Hier spricht Vater Michael Keller.“
Zuerst glaubte sie an einen schlechten Scherz. Sie nahm das Handy vom Ohr und starrte auf das Display. Die Ruferkennung zeigte jedoch keine Nummer an.
„Entschuldigen Sie bitte – wer spricht da, sagten Sie?“
„Sie werden sich bestimmt an mich erinnern. Vater Michael Keller. Ich möchte Ihnen ein Geschäft vorschlagen.“
Ihr war, als drehe sich ihr der Magen um. Nach den Morden von Platte City hatte sie monatelang erfolglos versucht, Keller in Südamerika aufzuspüren. Und jetzt rief er sie hier an, als seien sie alte Bekannte!
„Wie kommen Sie auf den Gedanken, ich würde mich ausgerechnet mit Ihnen auf einen Handel einlassen?“
„Weil ich Ihnen helfen kann, diesen Priestermörder zu fassen.“
„Ach!“ Folglich hatte die inszenierte Berichterstattung in den Medien bereits das ferne Chile erreicht – falls er sich dort überhaupt noch versteckte. „Was könnten Sie mir schon anzubieten haben!“
„Das werden Sie erfahren, sobald wir eine Vereinbarung haben. Ich werde es Ihnen dann sogar selbst überbringen.“
Sie konnte es nicht fassen. Keller bot ihr an, in die USA zurückzukehren! Nach so vielen Jahren! Was mochte ihn bloß dazu bewegen?
„Und wie genau wollen Sie mir helfen?“ fragte sie, die Stimme emotionslos und sachlich, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt, dass sie einen Handel mit einem Kindermörder schloss.
Er antwortete nicht, und sie meinte schon, die Verbindung sei unterbrochen oder er habe aufgelegt.
„Hallo? Sind Sie noch da?“
„Ich stehe auf der Liste.“
„Was für eine Liste meinen Sie?“ Es gab also tatsächlich eine Liste! Eigentlich durfte es sie nicht überraschen, dass Kellers Name dort auftauchte. Wie aber hatte der Killer ihn gefunden? Zumal es ihr selber nicht gelungen war! Es war also Angst, die Keller zu dieser Kontaktaufnahme trieb. Sie musste sich ein Grinsen verkneifen. Klar, der Kerl hatte Angst. Falls es der Mörder geschafft hatte, ihn aufzuspüren, dann war er in akuter Gefahr.
Beim Wort „Liste“ furchte Pakula die Stirn. Offenkundig ging ihm auf, dass das Gespräch ihren Fall betraf. Er trat auf Maggie zu, als müsse er ihr beispringen.
„Sie wissen schon, welche. Es sei denn, Sie sind weiter von der Aufklärung des Falles entfernt, als ich dachte.“ Nach Maggies Gefühl schwang in Kellers Stimme ein gereizter Unterton mit.
„Ich habe nicht den Eindruck, dass wir auf Ihre Hilfe angewiesen sind. Bedaure, ich bin nicht interessiert an einem Geschäft mit Ihnen.“ Die Vorstellung, wie ihm am anderen Ende das Herz in die Hose rutschte, erfüllte sie mit derartiger Schadenfreude, dass sie sich regelrecht dagegen wehren musste.
„Dann interessiert Sie also nicht, wer sonst noch auf der Liste steht?“
„Wie bitte?“
„Ich habe eine Kopie. Von der kompletten Namensliste.“
„Woher weiß ich, dass Sie die nicht einfach selbst zusammengestellt haben?“
„Woher sollte ich wohl von Daniel Ellison wissen? Nicht aus der Presse, denn den Medien gegenüber haben Sie ihn nicht erwähnt. Wohl vergessen, was?“
Sie spürte, wie ihre Knie weich wurden, aber er war noch nicht fertig. „Er stand auf der Liste. Und jetzt ist er ebenfalls tot, oder?“ Keller wartete, als wisse er ganz genau um das Gewicht seiner Worte. „Ich liefere Ihnen alles, was ich habe ... aber nur Ihnen. Niemandem außer Ihnen.“
„Was fordern Sie denn als Gegenleistung für ihre
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