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Die Rueckkehr des Daemons

Die Rueckkehr des Daemons

Titel: Die Rueckkehr des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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flüchtigen Blick in den Wagen sicher wirksam.
    Seine Uhr war stehen geblieben. Der Staub trieb nicht nur Nordeuropäer in den Wahnsinn, er legte auch die feine Schweizer Mechanik lahm. Dieser verdammte Staub! Kein bisschen rot wie die ägyptische Wüste!
    Endlich tauchte das Ziel ihres Ausflugs auf. Birger Jacobsens Herz schlug schneller, sein Augenlid zuckte. Da war es! Das Nationalmuseum von Bagdad, eines der bedeutendsten und berühmtesten Museen der Welt. Das Vorzeigeobjekt dieses heruntergewirtschafteten Landes. 170.00 0 Exponate, viele davon Jahrtausende alt. Rund um die Uhr aufs Schärfste bewacht von Saddams Männern – in Friedenszeiten. Jetzt wurden die Truppen woanders dringender gebraucht und die US -Army betonte immer wieder, sie hätte keine Polizeiaufgaben zu übernehmen. Sie sicherte lieber Ölfelder als siebentausend Jahre Zivilisationsgeschichte.
    Der Fahrer schaltete herunter. Hundert Meter vor dem Haupteingang blieb er stehen. Er langte zum Steuerknüppel hinunter und riss mit einem kräftigen Ruck die olivgrüne Bodenverkleidung ab. Darunter kam ein Schlüsselbund zum Vorschein, staubbedeckt, aber präzise geschliffen. Ohne zu zögern, drückte er ihn seinem Auftraggeber in den Schoß.

»Warte hier!«, sagte Birger Jacobsen. Mit dem leeren Aluminiumkoffer in der Hand stieg er aus.
    »Allah sei mit dir!«, raunte der Mann. »Der geschickteste Dieb ist, wer den Dieb bestiehlt!«
    Langsam aber sicher gingen Birger Jacobsen diese arabischen Weisheiten auf den Geist!
    Wenigstens stand das Haupttor des Museums sperrangelweit auf, wie angeordnet. Plünderer mit ihren Bollerwagen und Handkarren zogen in einem unendlichen Treck in das Gebäude ein. Andere verließen es bereits ungehindert wieder. Beladen mit assyrischen Bronzeplastiken und Gebetsstatuetten, sumerischem Goldschmuck und mit Juwelen besetzten Lyren aus Ur verschwanden sie in den angrenzenden Armensiedlungen. Männer, Frauen und auch Kinder. Auf dem Schwarzmarkt würden sie ein paar Hundert Dollar dafür bekommen, so viel wie ein Jahreseinkommen. Private Sammler rund um die Welt kauften alles. Samoa war leer geräumt, ebenso Bangladesch und Kambodscha. Rumänien, Afghanistan, Albanien und Vietnam würden folgen. Die Globalisierung fraß Weltgeschichte, wo immer Kriege und Armut das tägliche Leben beherrschten. Birger zuckte die Achseln. Außer in Ägypten gab es sowieso keine Kultur, die es wert war, sich daran zu erinnern. Von George Donny, dem Direktor des Museums, und seiner Stellvertreterin Nidal Amin war nichts zu sehen. Von Wachen erst recht nicht. Die Plünderer hatten leichtes Spiel.
    Birger Jacobsen trat ein. Kühl war es. Auf dem Boden lagen die Scherben frühgeschichtlicher Keramik, umgestürzte Statuen mit abgeschlagenen Köpfen und das zersprungene Glas der zerstörten Vitrinen.
    Seinen Helfer erkannte er sofort. Am roten Kopftuch, rot wie die ägyptische Wüste. Ohne ein Wort der Begrüßung wurde er weiter in das Museum hineingezogen, Richtung Keller. Auf dem Weg dahin öffnete Birger Jacobsen einige unbeschädigte Vitrinen. Ablenkungsmanöver. Seine Schlüssel passten überall. Die Plünderer stürzten sich gierig auf den Inhalt, den sagenhaften Schatz von Nimrud. Er schenkte ihm kaum Beachtung.
    Im Keller war es noch kühler. Mit einer Fackel führte ihn der Mann tief in den Bauch des Museums. »Strom kaputt!«, erklärte er ungelenk. Vor einem Regal blieb er stehen.
    Birger Jacobsen rückte einen dick mit Staub bedeckten Tonkrug an den Rand des Bretts. Als er sein Ohr an das kalte Gefäß legte, begann er am ganzen Körper zu zittern. Erregt lauschte er dem gleichmäßigen Klopfen. Ba-Bomm . Ba-Bomm . Er stöhnte. Kein Irrtum möglich: Er hatte es gefunden!
    Als er seine Fassung wiedergewonnen hatte, ließ Birger Jacobsen den Verschluss des Koffers aufspringen. Vorsichtig stellte er den Krug hinein. Die Schaumstoffverkleidung verhinderte die kleinste Bewegung.
    Ein großzügiges bakshish wanderte von Hand zu Hand. Auch den Schlüsselbund ließ er da. Hier konnte man ihn noch brauchen. Je mehr Chaos entstand, desto besser.
    Im Landrover zurück, sprach er kein Wort. Er versuchte die Bedeutung des Augenblicks durch sein Schweigen zu würdigen. Der Fahrer verstand und konzentrierte sich darauf, einheimische und fremde Truppen weiträumig zu umkurven.
    Kurz vor Mitternacht, an der Grenze, zog Birger Jacobsen den Flakon aus der Tasche. Den mit dem Hunderelief.
    »Halt an!«, befahl er barsch. Mit einem Ruck stoppte der Wagen.

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