Die Rückkehr des Drachen
gleiche gewesen. Auch Anaiya hatte zunächst genauso dagestanden, aber ihr Blick war besorgter gewesen. Bis sie bemerkte, daß die drei auch sie musterten. Dann paßte sich ihr Gesichtsausdruck denen von Elaida und Sheriam an.
Keiner dieser Besuche hatte in Egwenes Augen irgendeine Bedeutung. Die Herrin der Novizinnen hatte ganz sicher Grund genug, nach ihren Schützlingen zu sehen und auch nach den anderen Novizinnen, die in der Küche arbeiteten, nun, und Elaida wollte natürlich ein Auge auf die Tochter-Erbin von Andor haben. Egwene bemühte sich, nicht an das Interesse der Aes Sedai an Rand zu denken. Was Alanna betraf, war sie nicht die einzige Aes Sedai, die lieber ein Tablett mit Speisen in ihr Zimmer mitnahm, anstatt mit allen anderen gemeinsam zu essen. Die Hälfte der Schwestern in der Burg war einfach zu sehr beschäftigt, um unten zu essen oder sich die Zeit zu nehmen, nach einer Dienerin zu suchen, die ihnen das Essen bringen sollte. Und Anaiya? Anaiya war möglicherweise einfach besorgt um ihre ›Träumerin‹. Nicht, daß sie irgend etwas unternahm, um die von der Amyrlin ausgesprochene Strafe zu mildern. Sie kam also wahrscheinlich Egwenes wegen. Das konnte jedenfalls der Grund sein.
Als sie ihr Kleid in den Schrank hängte, sagte sich Egwene noch einmal, daß Verins verbaler Ausrutscher wahrscheinlich völlig normal gewesen sei, denn die Braune Schwester war ja wohl ständig geistesabwesend. Falls es ein Versehen war. Sie setzte sich auf die Bettkante, zog ihr Nachthemd über und begann, ihre Strümpfe herunterzurollen. Langsam war ihr die Farbe Weiß fast genauso verhaßt wie Grau.
Nynaeve stand vor dem Kamin, hatte Egwenes Gürteltasche in der einen Hand, und mit der anderen zog sie schon wieder an ihrem Zopf. Elayne saß am Tisch und bemühte sich nervös, eine Unterhaltung in Gang zu bringen.
»Grüne Ajah«, sagte die junge Frau mit dem goldenen Haarschopf wohl zum zwanzigstenmal seit dem Mittagessen. »Ich wähle auch vielleicht die Grünen Ajah, Egwene. Dann kann ich drei oder vier Behüter haben und vielleicht einen davon heiraten. Wer wäre besser als Prinzgemahl von Andor geeignet als ein Behüter? Außer, es ist... « Sie ließ errötend die Worte verklingen.
Egwene fühlte Eifersucht in sich aufsteigen, obwohl sie die längst abgelegt zu haben glaubte. Es mischte sich allerdings auch Sympathie darunter. Licht, wie kann ich nur eifersüchtig werden, wo ich doch Galad nicht einmal ansehen kann, ohne zu zittern und das Gefühl zu bekommen, ich schmelze, und das zur gleichen Zeit? Rand gehörte zu mir, aber jetzt nicht mehr. Ich wünschte, ich könnte ihn dir geben, Elayne, aber ich fürchte, er gehört keiner von uns. Es mag ja schön und gut für die Tochter-Erbin sein, einen Bürgerlichen zu heiraten, solange er wenigstens aus Andor kommt, aber nicht den Wiedergeborenen Drachen! Sie ließ die Strümpfe auf den Boden fallen, weil sie sich sagte, daß es heute abend wichtigere Dinge gäbe als Ordnung und Sauberkeit. »Ich bin soweit, Nynaeve.«
Nynaeve gab ihr die Gürteltasche und ein langes, dünnes Lederband. »Vielleicht wirkt er bei mehr als einer Person gleichzeitig? Ich könnte... möglicherweise mit dir gehen.«
Egwene ließ den Steinring auf ihre Handfläche rollen, zog das Lederband durch und band es sich um den Hals. Die Streifen und die blauen, braunen und roten Flecken wirkten vor dem Hintergrund ihres weißen Nachthemds noch lebhafter. »Und soll Elayne dann uns beide bewachen und schützen? Obwohl es sein kann, daß die Schwarzen Ajah uns bereits auf den Fersen sind?«
»Das schaffe ich schon«, meinte Elayne tapfer. »Oder laß mich mit dir gehen, und Nynaeve kann Wache halten. Wenn sie zornig ist, ist sie sowieso die Stärkste von uns, und sollten wir eine Wächterin brauchen, kannst du sicher sein, daß sie rechtzeitig wütend wird.«
Egwene schüttelte den Kopf. »Und was ist, wenn es gar nicht bei zweien auf einmal wirkt? Wenn es zwei von uns versuchen, kann es sein, daß überhaupt nichts mehr geht. Und wir wüßten es nicht einmal, bevor wir wieder wach sind. Dann hätten wir die Nacht vertan. Wenn wir aufholen wollen, dürfen wir keine einzige Nacht verschwenden. Wir liegen so schon zu weit hinter ihnen zurück.« Das waren stichhaltige Gründe, hinter denen sie stand, doch insgeheim hatte sie noch einen anderen Grund, der ihrem Herzen näher lag. »Und dann fühle ich mich auch wohler, wenn ich weiß, daß ihr beide mich behütet, falls... «
Sie wollte es
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