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Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Titel: Die Rückkehr des Fremden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Alexander
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stieg ab, streckte sich und rieb seinen rechten Oberschenkel, dann streichelte er das Pferd an der Stirn. Er nahm die Zügel locker in die Hand, und das Pferd folgte ihm. Er war noch nicht so nahe, dass Kathryn sein Gesicht erkennen konnte, aber auch aus dieser Entfernung sah sie, dass Jacob weder seine Brille noch seine Mütze trug. Sein Kopf war bis auf einige dunklere Stellen, die aussahen, als hätte er dort seine Haare abrasiert, völlig kahl.
    Kathryn trat vom Fenster zurück, als Jacob näher kam. Die Melodie aus der Spieluhr wurde langsamer, als hätte sie Mühe, die letzten paar Noten zu schaffen. Als Jacob vorbeiritt, hörte sie das Pferd wiehern, dann vernahm sie Jacobs leises Flüstern, mit dem er auf das Pferd einging. Vor Neugier hätte sie gern genauer hingeschaut, aber irgendwie wusste sie, dass Jacob nicht wollte, dass sie ihn so sähe, und ihr Respekt vor ihm war größer als die Versuchung.
    Eine halbe Stunde später hielt eine Kutsche vor ihrem Haus. Kathryn legte die Decke, die sie für das Baby strickte, weg und sah hinaus. Gabe der mit einem gestärkten weißen Hemd und einer braunen Hose bekleidet war, stieg vom Wagen. Kathryn hatte ihn noch nie so attraktiv gekleidet gesehen.
    „Wohin fahren wir denn so früh am Morgen?“, fragte sie einige Minuten später, als sie auf die Straße bogen, die in die Stadt führte. „Miss Maudie und ich haben genug Essen für eine kleine Armee vorbereitet. Ich hoffe also, dass du Hunger hast.“
    Gabes Grinsen zeigte ihr, dass er ihr immer noch nicht verraten wollte, wohin sie fuhren. Er begann, ein Kirchenlied zu singen, das Kathryn kannte, und sie stimmte in das Lied mit ein. Sie hatte seit Jahren mit niemandem mehr gesungen und fand Trost darin, jetzt mit Gabe die vertrauten Lieder zu singen.
    „Okay, Sie suchen das nächste Lied aus“, sagte er eine Weile später.
    „Ich kenne ein Lied aus meiner Kindheit. Es hat keine so schnelle Melodie, aber ich hoffe, dass ich es noch zusammenbringe.“ Sie begann zu singen, aber Gabe stimmte nicht mit ein. Kathryn brach ab und stieß ihn gut gelaunt mit dem Ellenbogen.
    Er schüttelte den Kopf. „Ich kenne den Text nicht. Aber ich höre Sie gern singen, Miss Kathryn.“
    Sie lächelte und begann dann erneut. „Vater und Freund, dein Licht, deine Liebe, sie strahlen durch alle deine Werke, die wir sehen. Deine Herrlichkeit lässt den Himmel erstrahlen, und die ganze Erde ist voll von dir.“
    Als Gabe sich umdrehte und sie anschaute, standen Tränen in seinen Augen. „Geht der Text noch weiter?“
    Durch seine Reaktion gerührt, schloss Kathryn die Augen. „Deine Stimme hören wir, deine Nähe fühlen wir. Du bist zu rein für unsere menschlichen Augen, du bist in Wolken gehüllt, unsichtbar, du herrschst, du bist der Herr des Lebens und des Lichts.“
    Sie sang den nächsten Vers und ließ dann die Stille auf sich wirken. Gabe sah aus, als wäre er tief in Gedanken versunken. Deshalb setzte sich Kathryn zurück und genoss den Sonnenschein in ihrem Gesicht und das Geheimnis des Windes. Das, was Gabe für sie heute geplant hatte, konnte nicht schöner sein als das, was er ihr schon gegeben hatte. So leicht war ihr nicht mehr ums Herz gewesen seit …
    Krampfartige Schmerzen erfassten ihren Bauch. Sie beugte sich vor und klammerte sich an den Wagensitz. Kalter Schweiß brach ihr auf dem ganzen Körper aus, und sie rang nach Luft und schloss die Augen.
    Gabe verlangsamte den Wagen und legte ihr eine Hand auf den Rücken. „Miss Kathryn, was ist los?“
    „Ich weiß es nicht“, sagte sie schließlich und holte vorsichtig Luft. So schnell wie sie gekommen waren, verschwanden die Schmerzen wieder. Sie lehnte sich zurück, legte die Hände über ihren Bauch und streichelte ihr ungeborenes Kind. „Vielleicht habe ich zu viel gesungen.“ Sie zwang sich zu einem Lachen, als sie den Ernst in Gabes Miene sah.
    „Sollen wir zurückfahren?“
    Sie legte eine Hand auf seinen Arm. „Nein, bitte nicht, Gabe. Fahren wir weiter. Mir geht es schon wieder besser.“
    „Sind Sie sicher?“
    Sie atmete langsam aus. „Solange du mich kein Wettrennen laufen lässt, geht es mir gut, glaube ich.“ Aber sie beschloss, es an diesem Tag ruhiger anzugehen und sich nicht zu übernehmen. Sie wollte die Gesundheit ihres Kindes nicht aufs Spiel setzen.
    Als sie den Stadtrand erreichten, lenkte Gabe den Wagen zu der Straße, die zu der weißen Kirche führte. „Das ist die Überraschung.“
    Sie sah das leere Gebäude an. „Aber

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