Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
heute ist doch nicht einmal Sonntag!“
Er lächelte. „Wir sind zu früh dran, aber heute wird da drüben ein Schulhaus errichtet.“ Er deutete zu einem Grundstück westlich des Kirchengebäudes, wo Pfosten bereits die vier Ecken markierten und Bretter gestapelt waren. „Die Frauen machen das Essen und quilten.“ Er zuckte die Achseln. „Ich dachte, das gefällt Ihnen vielleicht. Und ich dachte, Sie wollen vielleicht zuerst noch Annabelle besuchen.“ Seine Stimme wurde leiser. „Danach wollen Sie vielleicht ein wenig Zeit mit Ihrem Mann verbringen.“
Kathryn warf die Arme um Gabe und drückte ihn dankbar.
Larson stand in der Gasse und schaute an dem zweistöckigen Schindelhaus hinauf. Die Haut auf seinem Rücken zog sich schmerzhaft zusammen. Vor seinem geistigen Auge sah er den benommenen Blick seiner Mutter, als der Mann die Tür schloss, dann roch er den beißenden Gestank der Zigarre. Er schüttelte den Kopf, um diese Erinnerung zu vertreiben.
Das hier war nicht dasselbe Gebäude, und er war nicht mehr dieser kleine Junge.
Er schloss die Augen und nahm seinen ganzen Mut zusammen.
Larson stieg die Hintertreppe hinauf und klopfte an die Tür. Er wartete eine ganze Minute und klopfte dann wieder. Es war Mittag. Inzwischen müsste doch jemand wach sein. Er trat zurück und schaute zu der Fensterreihe im ersten Stock hinauf. Er wartete einige Minuten. Als er sich zum Gehen wandte, sah er, dass der Vorhang an der Tür sich bewegte.
Die Tür ging einen Spaltbreit auf. „Sie müssen heute Abend wiederkommen.“ Die dunklen Augen des jungen Mädchens wanderten schnell über sein Gesicht und seine Mütze. Sie verzog keine Miene. „Wir haben jetzt nicht geöffnet.“
Sie wollte die Tür zumachen, aber Larson streckte eine Hand aus. Er schätzte sie auf dreizehn oder vierzehn. Er hätte gern geglaubt, dass sie eine Küchenhilfe wäre, aber er wusste es besser. Die Kombination aus ihrer jugendlichen Schönheit, ihrer glatten, braunen Haut und ihren mandelförmigen Augen wurde als exotisch betrachtet, und einige Männer bezahlten mehr, wenn sie jung waren. Bei diesem Gedanken wurde ihm übel.
„Ich bin aus einem anderen Grund hier, Miss. Ich wollte mich nach einem Mädchen erkundigen, das hier gearbeitet hat.“
Argwohn trat in ihre großen Augen.
Larson zog einige Dollarscheine aus seiner Tasche. „Ich will nur wissen, ob jemand früher hier gearbeitet hat, das ist alles“, versuchte er es erneut und hielt ihr das Geld hin. Sie wollte es nehmen, aber er zog es leicht zurück. „Ich will zuerst eine Antwort, dann gibt es das Geld.“
Das Mädchen schüttelte den Kopf und wollte die Tür zumachen.
Er schob seinen Stiefel in den Türspalt. „Die Hälfte jetzt, den Rest später.“
Sie nickte und nahm die Scheine, die er ihr hinhielt. „Wie heißt dieses Mädchen?“
„Ihr Name ist Kathryn, aber vielleicht hat sie sich anders genannt.“ Die Augen des Mädchens verzogen sich leicht, und Larson wartete auf ihre Antwort, aber sie starrte ihn nur mit eingeübter Gleichgültigkeit an. Diesen Blick kannte er gut. „Hör zu, ich weiß, dass sie hier gewohnt hat, weil ich sie eines Abends hierherkommen sah. Ich will wissen, ob sie hier gearbeitet hat.“
„Ich kenne diese Dame nicht“, sagte sie abrupt und schob ihm das Geld wieder durch den Spalt. Sie knallte die Tür zu, und er hörte, wie der Schlüssel im Schloss umgedreht wurde.
Larson klopfte erneut, obwohl er bereits wusste, dass er seine Chance verspielt hatte. Nachdem er die Geldscheine aufgehoben hatte, ritt er zum Kolonialwarenladen, um Einkäufe zu erledigen, bevor er die Stadt wieder verlassen wollte. Während er immer noch im Geiste durchging, was das Mädchen gesagt hatte, kam er an der Kirche vorbei und zog an den Zügeln.
Viele Wagen standen um das Gebäude herum. Weiter unten auf der Lichtung arbeitete eine Gruppe Männer zusammen daran, den Rahmen einer Wand aufzustellen. Eine Gruppe schob die Wand höher, während eine andere Gruppe sie mit Seilen hochzog. Decken waren auf dem Präriegras ausgebreitet, während überall Kinder herumliefen. Eine Gruppe Frauen stand um einen Tisch herum, der mit so viel Essen beladen war, dass er die Tischplatte gar nicht sehen konnte.
Er hörte ihre hohen, fröhlichen Stimmen und das Gelächter, da fiel sein Blick auf Kathryn.
Das Sonnenlicht glänzte auf ihren langen, blonden Haaren, während sie auf die anderen zuging. Er verfolgte ihre Schritte zurück und vermutete, dass sie gerade vom
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