Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
nicht im Bordell gewesen. Die Hintertür war zugesperrt und niemand hatte geantwortet. Danach war Kathryn beim Bestatter gewesen, um sich nach dem Grabstein zu erkundigen, den sie für Larsons Grab bestellt hatte, aber er hatte ihr erklärt, dass er noch nicht fertig sei. Das war ihr auch recht. Sie hatte sowieso nicht das Geld, um ihn zu bezahlen. Danach hatte sie frische Blumen gekauft und Larsons Grab besucht.
Als jemand sie an der Schulter berührte, drehte sich Kathryn um. Sie hatte Hannah Carlson erst heute Morgen kennengelernt, aber sie fühlte sich mit dieser Frau schon sehr verbunden.
„Patrick sagt, dass er mit einem Mann, der neu hier ist, essen will, und er hat mich gebeten, mich zu ihm zu setzen. Ich weiß, dass ich dich eingeladen habe, dich zu uns auf unsere Decke zu setzen, aber ich wollte fragen, ob du bereit wärst, mitzukommen.“
Kathryn blickte ihre neue Freundin misstrauisch an. „Du hast mich heute schon jedem unverheirateten Mann hier vorgestellt, Hannah Carlson. Bist du sicher, dass das kein Trick ist?“ Hannah war ungefähr im gleichen Alter wie sie, aber äußerlich waren sie völlig verschieden. Doch so wie es aussah, besaßen sie den gleichen Humor und ein ähnliches Temperament.
„Nein, darum geht es mir nicht, versprochen.“ Hannah drückte verspielt ihren Ellenbogen. „Aber irgendwann kommst du an einem Sonntagnachmittag genau zu diesem Zweck zu mir.“ Ihr Grinsen verwandelte sich in ein reumütiges Lächeln. „Ich wünschte, ich wäre bei der Beerdigung deines Mannes gewesen, Kathryn. Normalerweise begleite ich Patrick zu solchen Anlässen, aber an dem Tag war Lilly krank.“ Ihre dunklen Augen glänzten. „Wenn wir uns nur früher kennengelernt hätten.“
„Aber wir haben uns jetzt kennengelernt“, sagte Kathryn und erinnerte sich an den Tag, an dem sie alle Übernachtungspensionen in der Stadt abgeklappert hatte, „und dafür bin ich Gott jetzt schon von Herzen dankbar. Ich hole mein Essen und komme in einer Minute zu dir.“ Sie bedachte Hannah mit einem beruhigenden Lächeln und begann dann, ihren Teller zu füllen. Sie fragte sich, wo Gabe war, und schaute sich nach ihm um, während sie sich einen Weg durch das Labyrinth an Decken bahnte. Zuletzt hatte sie ihn gesehen, als er beim Schulhaus geholfen und die schweren Querbalken gehalten hatte, während andere Männer die Nägel einschlugen. Obwohl sie bereits gewusst hatte, wie stark er war, war sie auch jetzt wieder beeindruckt gewesen.
Kathryn erblickte Jacob, als sie noch ein Stück entfernt war. Sie merkte genau, in welchem Moment er sie sah. Sein Mund verzog sich zu einem schnellen Lächeln, bevor er seinen Kragen um seinen Hals hochzog. Sie bezweifelte, ob ihm überhaupt bewusst war, dass er das machte. Sie erwiderte sein Lächeln.
Er stand auf, als sie auf ihn zukam, und begrüßte sie in seiner leisen, rauen Stimme. „Kathryn.“
Seine Stimme klang nicht direkt heiser, aber irgendwie rau. Manchmal, wenn er sprach, fragte sich Kathryn, ob er Schmerzen beim Sprechen hatte. „Es ist schön, Sie wiederzusehen, Jacob.“
Sie wählte einen Platz neben Hannah auf dem Baumstamm, direkt gegenüber von Jacob und Pastor Carlson. Als sie die leichte Überraschung in Pastor Carlsons und Hannahs Gesicht sah, schmunzelte Kathryn. „Jacob und ich arbeiten beide auf Casaroja.“
„Dann kennen Sie sich also?“ Pastor Carlsons Blick wanderte zwischen Jacob und Kathryn hin und her, ebenso wie der seiner Frau.
Kathryn wartete darauf, dass Jacob antworten würde. Als er stumm blieb, sagte sie: „Nicht wirklich, Herr Pastor. Wenigstens nicht sehr gut. Ich arbeite auf Casaroja als Haushälterin und Jacob ist für die Ställe verantwortlich.“
Als sie das sagte, blickte Jacob auf, und Kathryn hätte gern seine Augen hinter der getönten Brille gesehen. Trotz seiner ruhigen Art hatte sie den Eindruck, dass Jacob nichts entging, und sie hätte in diesem Moment nur zu gern gewusst, was er dachte.
Patrick bestand darauf, dass Kathryn und Jacob ihn beim Vornamen nannten. Sie genossen ihr Essen und unterhielten sich gemütlich.
„Dann sage ich Patrick“, nickte sie, während sie ein Stück von ihrer Kartoffel aß.
„Also, Jacob … wir wissen schon ein bisschen über Kathryn und ihr Leben“, sagte Patrick und spießte eine Gurke auf. „Aber über dich wissen wir nicht viel. Erzähle uns doch ein wenig über dich. Bist du schon lange in der Stadt?“
Jacob sah in ihre Richtung, aber Kathryn konnte nicht sagen, ob
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