Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
immer sehr nett zu ihr gewesen.
Kathryn zwang sich zu einem Lächeln. „Ich fahre zuerst in die Stadt und finde heraus, was Mr Kohlman will. Ich glaube, ich könnte jetzt sowieso nicht mehr einschlafen.“
Miss Maudies Augen strahlten auf. „Gibt es schon Anzeichen, dass das Baby kommt?“
„Nur ein paar Wehen gestern Abend.“
„Wenn Sie sich gut genug fühlen, sollten Sie und Jacob das Herbstfest in der Stadt besuchen. Die ganze Stadt kommt heute dort zusammen. Mr MacGregor betreibt einen Grillstand, und ich werde dort fast den ganzen Tag helfen.“ Sie tätschelte Kathryn ein letztes Mal den Arm. „Falls Sie etwas brauchen, soll Jacob mich holen.“
Noch während sich Kathryn bei ihr bedankte, sah sie Jacob mit zwei Pferden aus dem Stall kommen. Sie zog schnell ein frisches Kleid an, bürstete sich die Haare und aß um des Babys willen eine Scheibe Butterbrot. Eine Schwere lag auf ihrer Brust, als sie an den vor ihr liegenden Tag dachte und daran, dass sie wieder mit Kohlman sprechen müsste, aber der Gedanke, dass Jacob an ihrer Seite wäre, machte diese Aussicht erträglich.
Sie hatte ihr Möglichstes getan, um das Land zu behalten, aber ihr Bestes war am Ende trotzdem nicht gut genug gewesen, und sie wusste, dass sie ihre Ranch loslassen musste. Nichts, das sie heute Morgen zu Kohlman sagte, würde daran etwas ändern.
Auf dem Feld hinter der Kirche standen bereits viele Wagen und die Straßen der Stadt waren überfüllt, obwohl das Fest angeblich erst am Mittag beginnen sollte. Miss Maudie hatte recht gehabt: Es sah aus, als wäre jeder aus der umliegenden Gegend hier, und auch jeder Cowboy aus dem ganzen Territorium.
Kathryn warf einen Blick auf Jacob, der neben ihr auf dem Wagensitz saß, und war froh, dass er hier war. „Wie ich sehe, passt sie.“
Er hob die Hand und berührte die Mütze, die sie ihm gestrickt hatte. „Wie angegossen“, antwortete er mit einem leisen Lachen. „Ich habe sie schon öfter aufgehabt.“
„Das habe ich bemerkt.“
Er warf ihr einen schnellen Seitenblick zu. „Und ich habe Gott für die Geberin gedankt.“
Kathryn blieb sprachlos sitzen, auch nachdem er gewendet hatte, und fragte sich, wann genau dieser sanfte Mann sich so leise in ihr Leben geschlichen und ihr Herz erobert hatte. Sie senkte den Blick und drehte den goldenen Ring, den sie noch an ihrer linken Hand trug. Wie konnte sie zwei so völlig verschiedene Männer mit einer solchen unverrückbaren Gewissheit lieben?
„Näher kommen wir nicht zur Bank.“ Jacob legte die Bremse ein und stieg aus. „Die Straße vor uns ist abgesperrt.“
Er reichte Kathryn die Hand und hielt sie fest, als er ihr nach unten half. Im Gegensatz zu dem Tag vor der Kirche blieben seine Hände jedoch dieses Mal nicht länger auf ihrer Taille liegen. Als ob ich noch eine Taille hätte, dachte sie mit einem Anflug von Humor.
„Soll ich mit hineinkommen? Ich kann aber auch draußen warten.“
Als Kathryn zu ihm hinaufschaute, sah sie ihr schwaches Spiegelbild in seinen Brillengläsern und musste unwillkürlich an Sadie denken. Sadie hatte einen Teil von Jacob gesehen, der ihr verborgen war. „Ich hätte es gern, wenn du mitkommst, wenn dir das nichts ausmacht“, sagte sie und legte die Hand auf seinen Arm, den er ihr anbot. Eine Wärme erfüllte sie, als er sie nahe an sich heranzog und ihr einen Weg durch die überfüllten Straßen bahnte.
Als sie die Bank betraten, sahen sie, dass die Schalterhalle ungewöhnlich ruhig war. Kathryn zählte fünf Angestellte und noch weniger Kunden. Sie entdeckte Miss Stacey, Kohlmans Sekretärin, auf der anderen Seite der Halle.
Miss Stacey stand auf, als sie näher kamen. „Guten Morgen, Mrs Jennings.“
Kathryn begrüßte sie und wusste genau, in welchem Moment die Frau Jacob anschaute, denn ein Runzeln trat an die Stelle ihres Lächelns, bevor sie eilig wegschaute.
„Ich gebe Mr Kohlman Bescheid, dass Sie hier sind.“
„Danke, Miss Stacey“, antwortete Kathryn und drehte sich dann zu Jacob um.
Er lächelte.
Er hatte sich anscheinend an diese Reaktion von den Leuten gewöhnt. Kathryn bedauerte wieder, wie sie damals reagiert hatte, als sie sein Gesicht zum ersten Mal sah. Aber als sie ihn jetzt anschaute, erfüllte sie eine starke Bewunderung für ihn, und sie wollte nur eines. Sie hatte bereits in das Herz dieses gottesfürchtigen Mannes gesehen. Jetzt wollte sie Jacob in die Augen schauen.
Harold Kohlman stand von seinem Schreibtisch auf und runzelte missbilligend
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