Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

klären. Es ist Angelegenheit des Mannes zu entscheiden, was er seiner Frau mitteilt.“ Seine Augen wurden kühl. „Ich bin nicht derjenige, der Ihnen diese Information vorenthalten hat, Madam.“
    Sein vernichtender Blick ließ Kathryn jeglichen Kampfgeist verlieren. Sie sank auf ihrem Stuhl zurück. Der Traum, die Ranch zu behalten, glitt ihr durch die Finger. Warum hatte Larson ihr das verheimlicht? Es tat ihr weh, dass er das nicht mit ihr geteilt hatte, dass er ihr nicht zugetraut hatte, diese Last mit ihm gemeinsam zu tragen. Sie atmete tief ein und hatte Mühe, die Haltung zu bewahren.
    „Wie lang hat Mrs Jennings angesichts ihrer Situation Zeit, um den Kredit zurückzuzahlen, bevor Sie ihren Besitz zwangsversteigern?“
    Kathryns Blick wanderte von Mr Taylor zu Kohlman.
    Kohlmans linkes Auge zuckte. „Ich gebe ihr bis September Zeit, und mit diesem Angebot bin ich sehr großzügig. Dann sind alle Kredite in vollem Umfang fällig.“
    „Alle Kredite!“ Kathryn betete, dass sie ihn falsch verstanden hätte.
    Der Bankier faltete die Hände über seinem hervorstehenden Bauch. Der Lederstuhl knarrte unter seinem Gewicht. „So ist es. Der Vertrag, den Ihr Mann im letzten Frühjahr unterzeichnete, besagte eindeutig, dass alle Kredite fällig werden, falls er auch nur mit einem Teil der Kreditrückzahlungen in Verzug gerät. Das umfasst das Land, das Vieh, den Hof. Alles.“
    Obwohl sie kein Fachmann in Bankgeschäften war, hatte Kathryn öfter etwas von den Geschäften ihres Vaters mitbekommen und sich dadurch einiges Wissen angeeignet. „Darf ich den Vertrag sehen, den mein Mann unterschrieben hat?“
    Kohlman schlug eine Akte auf, die schon auf seinem Schreibtisch lag, und schob ihr die Papiere hin. Dann schaute er demonstrativ auf seine Taschenuhr.
    Sie ignorierte ihn und las den Vertrag sorgfältig durch. Obwohl sie nicht alle Fachausdrücke des langen Dokuments verstand, drückte ein lähmendes Gefühl ihre Brust zusammen, als sie Larsons Unterschrift am Ende der Seite erkannte. „Ist das übliche Praxis, Mr Kohlman? Die Rückzahlung aller Kredite zu verlangen, wenn eine einzige Zahlung zu spät kommt?“
    Sein Blick verriet ihr, dass es ihm nicht gefiel, infrage gestellt zu werden. „Nur bei Kunden, die als hohes Risiko eingestuft werden.“
    Sie blinzelte. „Hohes Risiko?“
    Sein selbstzufriedenes Lächeln drehte ihr fast den Magen um. „Ihr Mann war letztes Jahr mit seinen Zahlungen im Verzug. Wir haben ihn natürlich wie alle unsere Kunden behandelt.“ Er schüttelte den Kopf und seufzte. „Wenn ich an dieser Sache irgendeine Schuld trage, dann dass ich in meiner Einschätzung der Geschäftstüchtigkeit Ihres Mannes zu wohlwollend war. Und das tut mir wirklich leid. Das ändert jedoch nichts an Ihrer Situation.“
    Diese Beleidigung traf Kathryn mit stärkerer Wucht, als wenn Kohlman sie selbst beleidigt hätte. Aber warum hatte Larson ihr nichts davon erzählt? Sie dachte zurück und erinnerte sich, dass die brutale Kälte des vorletzten Winters sie mehrere hundert Rinder gekostet hatte. Offenbar war der Verlust vernichtender gewesen, als sie geahnt hatte. Welche Sorgen mussten Larson belastet haben …
    „Mr Kohlman.“ Matthew Taylor beugte sich mit entschlossener Miene auf seinem Stuhl vor. „Ich arbeite seit über sechs Jahren für Mr Jennings. Er ist ein guter Mann und hat eine natürliche Gabe, seine Ranch zu leiten. Er würde keine unnötigen Risiken bei der Ranch eingehen. Das kann ich Ihnen versichern.“
    Als Mr Taylor aufstand, erhob sich Kathryn ebenfalls. Er sah zu ihr herüber und sie dankte ihm mit einem leichten Lächeln für seine freundlichen Worte.
    „Trotzdem ist es so gekommen.“ Kohlman breitete die Arme weit aus, als wäre ein Bankett vor ihm aufgebaut worden.
    Kathryn gewann den Eindruck, dass er richtig mit sich zufrieden war. Etwas in ihr rebellierte. Sie würde darum kämpfen, die Ranch zu behalten, selbst wenn sie das alles kosten würde, was sie besaß. Wenn auch vielleicht aus keinem anderen Grund als um dem Kind, das unbemerkt in ihr heranwuchs – Larsons Kind – ein sichtbares Erbe von seinem Vater zu geben, den es vielleicht nie kennenlernen würde.

    Kathryn wartete vor dem Bankgebäude, während Mr Taylor den Wagen aus dem Pferdestall holte. Die Sonne tauchte immer wieder für kurze Zeit zwischen den Wolken auf, und das für diese Jahreszeit ungewöhnlich warme Wetter der letzten Tage versprach Regen anstelle des üblichen Schnees.
    Ihr Brustkorb zog