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Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Titel: Die Rückkehr des Fremden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Alexander
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hatte.
    Kathryn weigerte sich, sich zu lange mit etwas aufzuhalten, das sie nicht ändern konnte, und räumte die Teller wieder in die Truhe. Ihre Hand stieß gegen eine kleine Holzkiste und ein gedämpfter Klang ertönte, dem ein weiterer Ton folgte. Nach einem kurzen Blick hinter sich zur Tür zog sie das kleine Kästchen aus seinem Versteck.
    Kathryn öffnete den Deckel. Bei dem Gedanken an das, was sich darin befand, lief ihr ein angenehmer, warmer Schauer über den Rücken. Ein Lächeln legte sich um ihren Mund, obwohl ihre Vorfreude von einer gewissen Vorsicht begleitet war. Monate waren vergangen, seit sie sich das letzte Mal erlaubt hatte, es herauszuholen, obwohl sie in den letzten Wochen unzählige Male daran gedacht hatte. Besonders angesichts des harten Winters, der das Land fest im Griff hielt. Was würde passieren, wenn der restliche Winter ähnlich grausam verliefe?
    Ein einsamer, eingewickelter Gegenstand lag in dem Kästchen. Sie begann vorsichtig, die zerknitterten Ränder der Gesellschaftsseite des Boston Herald vom 24. Dezember 1857 auseinanderzufalten. Die Ironie des Datums auf der Zeitung entlockte ihr ein weiteres Lächeln. Genau zehn Jahre waren vergangen, seit sie aus den Begrenzungen ihrer Jugend in ein neues, verheißungsvolles Leben mit dem Mann geflüchtet war, der ihr Herz erobert hatte.
    Und dem ihr Herz immer noch gehörte, auch wenn ihr Leben nun ganz anders verlaufen war, als sie es sich vorgestellt hatte.
    Sie nahm die Spieluhr aus der Zeitung und fuhr mit den Fingern über die glatte, lackierte Fläche. Es war die letzte Geburtstags-Spieluhr, die sie von ihren Eltern bekommen hatte, und ihr Lieblingsstück. Diese Spieluhr hatte sie zur Erinnerung an ihren siebzehnten Geburtstag bekommen. Jede einzelne Spieluhr war von zierlicher Größe und exquisiter Machart und mit einer wunderschönen Melodie ausgestattet gewesen. Vor sechs Jahren hatte sie sich von allen bis auf diese eine getrennt.
    Sie warf einen Blick hinter sich auf das mit Eisblumen überzogene Fenster, das zur Hälfte mit Schnee bedeckt war, und schaute dann wieder das Kästchen in ihren Händen an. Manchmal vermisste sie die geschützte Welt im vornehmen Haus ihrer Eltern. Natürlich würde sie nie ihr Leben mit Larson dagegen eintauschen. Sie wünschte nur, ihre Ranch wäre erfolgreicher. Um seinetwillen genauso sehr wie um ihretwillen.
    Sie zog vorsichtig die Flügelschraube an der Unterseite auf und achtete darauf, dass sie die Feder nicht überdrehte. Dann hob sie den Deckel, und bei der bekannten Melodie stockte ihr wie jedes Mal der Atem. Die Spieluhr bestand aus poliertem Mahagoni mit Goldblatt-Einlegearbeiten und war bei Weitem die schönste in ihrer Sammlung gewesen und mehr wert als alle anderen zusammen. Sie würde eine schöne Summe einbringen.
    Kathryn hörte bei diesem Gedanken eine innere Warnung in ihrem Geist, verdrängte sie aber schnell. Sie glaubte genauso sehr an den Traum ihres Mannes wie er und würde alles in ihrer Macht Stehende tun, um ihm zu helfen, diesen Traum zu verwirklichen. Aber wenn wieder schwere Zeiten kämen, hätten sie wenigstens eine gewisse Sicherheit, auf die sie zurückgreifen könnten.
    In die fröhliche Melodie versunken, stand sie auf und schlenderte zu der Lampe auf dem Kaminsims. Sie hielt das Kästchen in einem bestimmten Winkel ins Licht, damit sie die bekannte Inschrift lesen konnte, die in die goldene Unterseite des Deckels eingraviert war. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie eine plötzliche Bewegung. Sie drehte sich um.
    Larson stand nahe hinter ihr. Schmerz und Zweifel verdunkelten sein Gesicht. „Hast du vor, die auch zu verkaufen?“
    Mit pochendem Herzen beeilte sie sich, ihm die Situation zu erklären. „Ich hatte nicht vor, sie zu verkaufen. Ich habe nur …“
    Kathryn merkte, wie ihr die Spieluhr aus den Händen rutschte. Sie wollte sie festhalten, erwischte sie aber nicht mehr. Ein Schrei kam über ihre Lippen, als das filigrane Kästchen auf dem Holzboden in Stücke brach. Ein Stakkato aus Tönen und dissonanten Klängen ertönte, als die Teile des kunstvollen Spielwerks sich unter dem Tisch und der Truhe verteilten, als suchten sie dort Zuflucht.
    Kathryns Kehle war wie zugeschnürt, und sie hatte Mühe zu atmen. Wie hatte sie nur so unachtsam sein können? Heiße Tränen liefen ihr über die Wangen.
    „Du hast die anderen verkauft“, sagte Larson mit anklagender Stimme. „Ich wette, für diese Uhr hättest du auch einen guten Preis bekommen.“ Seine

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