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Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Titel: Die Rückkehr des Fremden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Alexander
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klang wie eine Kirchenglocke. Larson streckte eine Hand aus, um sich festzuhalten.
    „Du brauchst keine Angst zu haben“, sagte der Mann.
    Larson hob das Kinn und starrte den Mann an, ohne ein Wort über die Lippen zu bringen.
    „Ich heiße Gabe.“ Die tiefe Stimme des jungen Mannes war leise, er betonte seine Worte langsam und sprach jede Silbe korrekt aus. „Warum versteckst du dich hier drinnen?“, fragte er mit einem kindlichen Flüstern, während seine breiten Schultern erwartungsvoll nach vorne gebeugt waren.
    Larson betrachtete die Muskelpakete auf seinen Armen und Beinen, dann zwang er seinen Puls, langsamer zu schlagen. Die Naivität in der Stimme und im Verhalten dieses Mannes bildete einen starken Gegensatz zu seiner kräftigen Statur und seinem muskulösen Körperbau. War er vielleicht ein bisschen zurückgeblieben?
    „Ich habe mich nicht versteckt, Gabe “, brachte Larson schließlich über die Lippen. „Ich habe … gearbeitet.“ Seine Worte klangen nicht so überzeugend, wie Larson das gern gehabt hätte, aber diesen Unschuldspinsel würden sie wahrscheinlich überzeugen.
    Ein überraschend wissender Blick vertiefte die Linien in Gabes Gesicht. Der kindliche Riese schaute von ihm zu der Stelle hinüber, wo Kathryn gestanden hatte, und dann wieder zu ihm zurück.
    Larson durchfuhren unerwartete Schuldgefühle. „Ich habe gearbeitet“, sagte er schließlich zu seiner Verteidigung und fragte sich, warum er es für nötig ansah, sich vor diesem Dummkopf zu verteidigen. Er hob den Eimer auf und hängte ihn wieder an den Haken. „Ich bin hier auf Casaroja für die Ställe zuständig.“ Diese Beschreibung ließ seine Arbeit besser klingen, als sie war. Er genoss es, mit Pferden zu arbeiten und sie zu trainieren, bis sie satteltauglich waren und ihrem Reiter gehorchten, aber sein Stolz musste sich immer noch daran gewöhnen, dass er Ställe ausmistete und Futtertröge füllte.
    Die einzigen Male, bei denen er sich wenigstens annähernd so wie früher fühlte, waren dann, wenn er half, das Vieh zusammenzutreiben oder wenn er sein geliehenes Pferd jenseits von Casarojas Grenzen frei laufen ließ. In diesen kurzen Momenten konnte er fast den schwachen Schatten des Mannes, der er früher gewesen war, erkennen. Fast. Aber diese Freuden forderten jetzt einen hohen körperlichen Tribut von ihm.
    „Tut es noch weh?“, fragte Gabe und betrachtete Larsons Gesicht. Gabe trat einen Schritt vor. Ein Sonnenstrahl drang durch das Dachgebälk und fiel auf sein Gesicht.
    Larson hatte noch nie so blaue Augen gesehen – himmelblau, wie Fenster zur Seele. Er wandte den Blick ab. „Du gehörst nicht hierher, Gabe. Nur Angestellten ist der Zutritt in die Ställe erlaubt.“
    „Aber der Boss hat mich hierher geschickt und gesagt, ich soll helfen. Ich kann schwere Sachen heben.“ Er brach ab und schaute Larson direkt in die Augen. „Wenn sich Leute verstecken, dann tun sie das meistens, weil sie etwas falsch gemacht haben. Hast du etwas falsch gemacht?“
    Plötzlich hatte Larson von diesem Einfaltspinsel genug und er versuchte, ihn streng und düster anzuschauen. „Ich habe keine Zeit für so etwas. Und ich habe im Moment auch nichts für dich zu tun, Gabe“, log er. „Du kannst also gehen.“
    Larson humpelte zur hinteren Wand und nahm seine Brille. Ohne auf die stechenden Schmerzen in seinem Rücken zu achten, hob er einen Ballen Heu hoch. Er ging drei Schritte, bevor die Muskeln in seinen Armen sich verkrampften. Der Ballen fiel auf den Stallboden, und er biss die Zähne zusammen, um einen Fluch zu unterdrücken. Staub und Heustückchen füllten die Luft um ihn herum. Er atmete ohnehin schon schwer, aber jetzt fühlte sich seine Kehle auch noch an, als wäre sie mit Sägemehl bedeckt. Er hustete und versuchte zu schlucken, dann nahm er die Trinkflasche, die er immer in der Nähe hatte. Nach mehreren Schlucken konnte er endlich wieder Luft holen. Er nahm sein Messer, durchschnitt die dicke Schnur, die das Heu zusammenhielt, und griff nach einem Rechen.
    Aus dem Augenwinkel sah er, dass Gabe immer noch an der Wand stand und ihm schweigend zuschaute. Larson fragte sich, warum Stewartson, der Ranchvorarbeiter, ihm nichts von dem neuen Arbeiter erzählt hatte. Larson arbeitete gern allein, und dieser Gabe kam ihm ein wenig sonderbar vor. Aber wenigstens machte er keine Probleme. Bis jetzt wenigstens nicht.
    Larson entschied, die Situation sich selbst zu überlassen. Er zog sein Halstuch über Mund und Nase, um

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