Die Rückkehr des friedvollen Kriegers
hereingelaufen. Er
keuchte vor Anstrengung, denn der Feldweg, der zur Hütte hinaufführte, war steil. »Mitsu!« rief er. »Ich habe sie mitgebracht!«
»Fuji, ich brauche saubere Laken – und zwar sofort«, sagte Mama Chia, ging zu der erschöpften werdenden Mutter hinüber und fühlte ihren Herzschlag und ihren Puls. Dann wusch sie sich rasch ihre Hände unter dem Wasserhahn. »Und drei saubere Handtücher – und vier Liter kochendes Wasser. Wenn du fertig bist, lauf hinaus zum Wagen und bring mir die Sauerstoffflasche.«
Mit raschen Handgriffen prüfte Mama Chia – Hebamme, Heilerin, Kahuna – wieder Mitsus Puls und Herzschlag und traf Vorkehrungen, um das Baby in die richtige Lage zu bringen. Das würde wohl eine schwere Geburt werden; aber wenn Gott es wollte und die Inselgeister mithalfen, würde es ihr gelingen, die Mutter zu retten, und gemeinsam würden sie ein neues Leben auf die Welt bringen.
Meine Haut brannte nicht mehr so sehr. Der unablässige Schmerz hatte sich in ein leichtes Pochen verwandelt. Vorsichtig versuchte ich meine Gesichtsmuskeln zu bewegen.
»Was habe ich mir nur angetan?« fragte ich mich verzweifelt. Ich hoffte immer noch, endlich aus diesem verrückten, dummen, unnötigen Alptraum zu erwachen. Aber es war kein Traum. In meinen Augen brannten Tränen. Ich war so schwach, daß ich mich kaum rühren konnte. Meine Lippen waren trocken und aufgesprungen. Kaum konnte ich mit dem Mund wieder die Worte formen: »Wasser … bitte.« Aber niemand hörte mich.
Ich erinnerte mich daran, was Socrates mir einmal über die Suche nach dem Sinn gesagt hatte: »Am besten, du fängst niemals damit an – aber wenn du einmal angefangen hast, dann solltest du auch bis zum Ende durchhalten.«
»Am besten niemals anfangen, am besten niemals anfangen«, murmelte ich vor mich hin. Dann nickte ich wieder ein.
Durch die offenen Fenster der kleinen Hütte im Regenwald hallte das Geschrei eines neugeborenen Babys. Mitsu brachte ein schwaches Lächeln zustande, als sie ihren kleinen Sohn an die Brust drückte.
Fuji saß daneben. Mit strahlendem Gesicht streckte er die Hand erst nach seiner Frau, dann nach seinem Baby aus. Freudentränen liefen über seine Wangen.
Mama Chia räumte auf, wie sie es schon so oft getan hatte. »Mitsu und deinem Sohn wird es gutgehen, Fuji. Ich überlasse sie jetzt deiner Obhut – da sind sie ja in sehr guten Händen.« Sie lächelte.
Er schämte sich seiner Tränen nicht. Dankbar ergriff er Mama Chias Hände und stammelte in einer Mischung aus Hawaiianisch, Japanisch und Englisch: »Mama Chia, danke! Arigato gosaimas! Wie können wir dir das je danken?« In seinen Augen schimmerten immer noch Tränen.
»Das hast du doch gerade getan«, antwortete sie. Aber an Fujis Gesicht las sie ab, daß er weder seine Dankesworte noch seine Tränen für ausreichend hielt – sein Stolz und sein Ehrgefühl verlangten, daß er ihr mehr gab. Deshalb setzte sie hinzu: »Wenn du erntest, hätte ich gern etwas Gemüse von dir. Bei dir wachsen die besten Jamswurzeln der ganzen Insel!«
»Du wirst die allerbesten bekommen!« versprach er.
Mit einem letzten Blick auf das erschöpfte, aber strahlende Gesicht der Mutter, die ihr Baby stillte, nahm Mama Chia ihren Rucksack und machte sich langsam auf den Weg ins Tal hinunter. Es wartete noch ein anderer Patient auf sie.
Ich erwachte, als die kleinen, inzwischen schon vertrauten Hände wieder meinen Kopf anhoben und mir sanft etwas Flüssigkeit auf die Zunge träufelten. Gierig schluckte ich sie hinunter; sie schmeckte eigenartig, aber gut. Nach ein paar weiteren Schlucken strichen mir die Hände behutsam etwas Salbe auf Gesicht, Brust und Arme.
»Das ist eine Salbe aus der Frucht des Noni-Baums, vermischt mit Aloe«, erklärte das Mädchen mit seiner sanften jungen Stimme. »Sie wird Ihre Haut zum Heilen bringen.«
Als ich das nächste Mal aufwachte, fühlte ich mich wohler. Meine Kopfschmerzen waren fast weg, und meine Haut spannte zwar noch, brannte aber nicht mehr. Ich schlug die Augen auf, die Gazebinde
war fort. Froh, wieder sehen zu können, bewegte ich langsam den Kopf und schaute mich um. Ich lag allein auf einem Feldbett in der Ecke einer kleinen, aber sauberen Holzhütte, die nur aus einem einzigen Zimmer bestand. Durch notdürftig zusammengebastelte Jalousien strömte Licht herein. Am Fuß meines Bettes stand eine Holztruhe, am anderen Ende des Zimmers eine Kommode.
Mir gingen viele Fragen durch den Kopf: Wo
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