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Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Titel: Die Rückkehr des friedvollen Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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hatte.«
    »Und was hat er geschrieben?«
    »Das spielt jetzt keine Rolle. Es wird Zeit, daß du etwas ißt«, sagte sie, griff in ihren Rucksack und holte eine Mango und eine Papaya heraus.
    »Eigentlich habe ich gar keinen Hunger«, wehrte ich ab. »Mein Magen ist geschrumpft. Ich möchte viel lieber hören, was Socrates über mich geschrieben hat.«
    »Aber du hast seit sieben Tagen nichts gegessen«, sagte sie mit sanftem Tadel in der Stimme.

    »Das habe ich schon öfter gemacht«, erklärte ich. »Außerdem wollte ich sowieso abnehmen.« Ich wies auf meine Taille, die jetzt viel schlanker geworden war.
    »Vielleicht hast du recht – aber das hier ist eine gesegnete Frucht. Sie wird dir helfen, rascher zu genesen.«
    »Glaubst du wirklich an so etwas?«
    »Ich glaube es nicht nur, ich weiß es«, antwortete sie, schnitt eine frische Papaya auf, holte mit dem Löffel die schwarzen Samen heraus und reichte mir eine Hälfte.
    Ich blickte auf die frische Frucht. »Na ja, ein bißchen Hunger habe ich vielleicht doch«, sagte ich und knabberte an einem kleinen Stück. Ich spürte, wie nur die Süße der Frucht auf der Zunge zerging, und sog ihren Duft ein. »Mhmmmmmm«, machte ich und biß das nächste Stück an. »Ist das die heilsame Frucht?«
    »Ja«, antwortete sie und reichte mir eine Scheibe von einer reifen Mango. »Die auch.«
    Gehorsam und mit wachsender Begeisterung begann ich zu essen. »Und wie hast du mich in Honolulu auf der Straße gefunden?« fragte ich zwischen zwei Bissen.
    »Das war auch eine seltsame Wendung des Schicksals«, antwortete sie. »Als ich deine Annonce las, beschloß ich, irgendwie Verbindung mit dir aufzunehmen – oder dich vielleicht eine Zeitlang zu beobachten, um zu sehen, ob du mich von selber finden würdest.«
    »Ich hätte dich nie gefunden – du arbeitest ja gar nicht bei einer Bank.«
    »Schon seit sechs Jahren nicht mehr.«
    »Na ja – Hauptsache, wir haben uns gefunden«, sagte ich und biß wieder in meine Mango.
    Mama Chia lächelte. »Ja. Und jetzt muß ich gehen, und du mußt dich ausruhen.«
    »Aber es geht mir schon viel besser, wirklich, und ich möchte immer noch wissen, warum du so froh warst, daß ich gekommen bin.«
    Sie schwieg ein paar Sekunden. Dann antwortete sie: »Es gibt größere Zusammenhänge, die du jetzt noch nicht erkennst. Eines
Tages wirst du mit deinem Wirken vielleicht viele Menschen erreichen. Vielleicht findest du die richtige Hebelwirkung und kannst tatsächlich etwas in Gang bringen. Und jetzt mach die Augen zu und schlaf.«
     
    Die richtige Hebelwirkung, dachte ich, während mir die Augen zufielen. Das Wort ging mir nicht aus dem Kopf. Es erinnerte mich an ein Erlebnis, das schon Jahre zurücklag, ein Erlebnis mit Socrates. Nach einem Frühstück in Josephs Café waren wir zu Fuß zum Campus von Berkeley zurückgegangen. Als Soc und ich uns dem Campus näherten, drückte ein Student mir ein Flugblatt in die Hand. Ich warf einen flüchtigen Blick darauf. »Sieh dir das an, Soc«, seufzte ich. »Es geht um die Rettung der Wale und Delphine. Letzte Woche bekam ich ein Flugblatt über unterdrückte Völker; vorletzte Woche waren es hungernde Kinder. Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich mich so intensiv um mich selbst kümmere, wo doch auf der Welt so viele Menschen in Not sind.«
    Socrates sah mich mit ausdruckslosem Gesicht an. Aber er ging weiter, als hätte ich gar nichts gesagt.
    »Hast du mich nicht gehört, Socrates?«
    Da blieb er stehen, hielt mir sein Gesicht hin und sagte: »Ich gebe dir fünf Dollar, wenn du mir eine runterhaust.«
    »Was? Was hat denn das damit zu tun …?«
    »Zehn Dollar«, erhöhte er sein Angebot. Dann begann er im Spaß, mich zu ohrfeigen, um mich zu einer Reaktion zu provozieren; aber ich fiel nicht auf seinen Trick herein.
    »Ich habe noch nie einen alten Mann geschlagen, und ich habe es auch jetzt nicht vor …«
    »Glaub mir, mein Sohn, es besteht gar nicht die Gefahr, daß du diesen alten Mann triffst. Du hast die Reflexe einer Schnecke.«
    Damit hatte er es geschafft. Ich machte probeweise ein paar Boxhiebe in die Luft, dann holte ich aus.
    Im nächsten Augenblick fand ich mich auf dem Boden wieder, mit schmerzhaft verdrehtem Handgelenk. Soc hatte mich mit einem Polizeigriff aufs Kreuz gelegt. »Merkst du jetzt, wie effektvoll eine
kleine Hebelwirkung sein kann?« fragte er und half mir, wieder aufzustehen.
    »O ja, das habe ich gemerkt«, antwortete ich und schüttelte mein

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