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Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Titel: Die Rückkehr des friedvollen Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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unterscheiden wir uns!« grinste ich.
    Sie lächelte zurück und fuhr fort: »Meine Eltern glaubten, das College sei genau der richtige Ort für mich, um einen guten Ehemann zu finden. Aber für mich war es viel mehr. Es war das größte Abenteuer der Welt – es gab so vieles zu lernen, es gab Büchereien voller interessanter Lektüre. Ich wollte keine einzige Sekunde verschwenden. Mich faszinierte vor allem der menschliche Körper – vielleicht wegen meiner eigenen gesundheitlichen Probleme –, und so begann ich Medizin zu studieren.
    In meinem vierten Studienjahr stieß ich zufällig auf einen kleinen Artikel über die hawaiianische Kahuna -Tradition. Ich fand ihn faszinierend. Später las ich auch Bücher über andere spirituelle oder ganzheitliche Heilmethoden – einschließlich Hypnose und Psychoanalyse  –, die mehr mit dem menschlichen Geist und mit Vorstellungen arbeiten. Da wurde mir klar, daß meine Berufung im Heilen lag und nicht in der Schulmedizin.«
    »Glaubst du nicht an die Schulmedizin?«
    »Ich weiß die Errungenschaften der westlichen Medizin und ihrer Technologien durchaus zu schätzen«, antwortete sie. »Aber ich glaube, die meisten Ärzte und auch ihre Patienten lassen sich zu sehr von der Möglichkeit blenden, Krankheits symptome durch Medikamente und Operationen rasch zu beheben. Sie sollten die Menschen eher dazu ermuntern und erziehen, ihre Lebensgewohnheiten zu ändern und im Einklang mit den Prinzipien der Natur zu leben. Eines Tages wird die Medizin einen anderen Weg gehen«, prophezeite sie. »Sobald die Menschen bereit dafür sind.«
    »Und was passierte dann? Hast du dein Examen an der Stanford University gemacht?«
    »Gerade als ich am wenigsten damit rechnete – wie das oft so ist –, begegnete mir mein zukünftiger Ehemann. Eines Tages kam ich aus der Bibliothek, und mir rutschte ein Buch aus den Armen. Ehe
ich mich bücken konnte, tauchte aus dem Nichts plötzlich ein attraktiver junger Mann auf, hob das Buch auf und reichte es mir lächelnd zurück. Wir kamen ins Gespräch – und haben seitdem eigentlich nie wieder aufgehört, uns miteinander zu unterhalten. Er hieß Bradford Johnson. Wir heirateten sofort nach dem Abschlußexamen. Ich habe nie begriffen, wie er – ein gutaussehender, sportlicher Mann – eine Frau wie mich lieben konnte. Ich sagte immer, wahrscheinlich hätte ich ihn in einer früheren Inkarnation einmal vor dem Tod bewahrt – jetzt schuldete er mir ein Leben!
    Jedenfalls bekam Bradford 1932, nach dem Examen, in Kalifornien eine Stellung als Lehrer, und ich wurde schwanger. Wir waren so glücklich.« Mama Chias Stimme wurde plötzlich leiser, so daß ich ihre nächsten Worte kaum verstehen konnte: »Aber ich verlor das Baby.« Sie schwieg ein paar Sekunden lang. »Ich erfuhr, daß ich keine Kinder haben konnte. Niemals. Wieder fühlte ich mich von meinem Körper verraten.
    Bradford war sehr verständnisvoll; er sagte, wir könnten ja jederzeit ein Kind adoptieren, aber irgendwie waren wir immer so beschäftigt – und schließlich hatte ich ja einen Neffen und zwei Nichten.« Sie lächelte; aber ihr Lächeln verblaßte rasch wieder.
    »Einen Monat später starb mein Vater plötzlich. Meine Mutter wurde allmählich blind und brauchte mich. Bradford fand eine Stellung als Lehrer auf Oahu, und so konnte ich die Woche zu Hause auf Molokai und die Wochenenden bei ihm auf Oahu verbringen. An diesen Lebensrhythmus gewöhnten wir uns – bis die Weltwirtschaftskrise kam und Bradfords Schule geschlossen wurde. Da zog er zu mir nach Molokai. Das waren magere Zeiten – aber wenigstens hatten wir ein Dach über dem Kopf und unseren Garten.
    Dann kam das Jahr 1941. Pearl Harbor wurde bombardiert. Das und die Ereignisse danach – sie kamen Schlag auf Schlag – waren das Schmerzlichste, was ich je erlebt habe.«
    Mama Chia blieb stehen und ließ ihren Blick über den Regenwald und das Meer weit unter uns schweifen. »Ich bin es nicht gewohnt, darüber zu sprechen«, sagte sie. »Nur wenige Menschen wissen das alles über mich, und ich habe auch gar kein persönliches Bedürfnis
danach, es jemandem anzuvertrauen, verstehst du? Vielleicht sollten wir lieber das Thema wechseln …«
    Ich faßte sie am Arm und fiel ihr ins Wort. »Aber du bist mir wichtig, Mama Chia. Ich interessiere mich für dein Leben und deine Erfahrungen! So viele ältere Leute tragen einen lebendigen Schatz mit sich herum – ein Stück Geschichte, das sie miterlebt haben.

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