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Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Titel: Die Rückkehr des friedvollen Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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Christen mißtrauten meine Eltern den Leuten, die an Naturgeister glaubten. Doch da ich immer schwächer wurde und
kein Arzt mir helfen konnte, siegte ihre Liebe schließlich über ihre Ängste. Sie baten Papa Kahili, zu uns zu kommen.
    Als wir ihn das erste Mal trafen, bot er uns keine Medikamente an – und schlug auch keines der magischen Rituale vor, mit denen meine Eltern gerechnet hatten. Er sprach nur ganz ruhig mit mir, und ich spürte, daß mein Schicksal ihm wirklich am Herzen lag. An diesem Tag begann ich zu genesen, wenn es mir auch noch nicht gleich bewußt war.
    Später brachte er mir Arzneien aus Kräutern und erzählte mir von vielen Dingen – zum Beispiel von der Heilkraft in meinem Inneren. Er erzählte mir ermutigende Geschichten und ließ schöne Bilder vor meinem geistigen Auge erstehen. Papa Kahili nahm mich auf viele Reisen mit, und jedesmal, wenn ich wiederkehrte, hatte ich neue Kräfte gewonnen.«
    »Haben deine Eltern ihn eigentlich je akzeptiert?« fragte ich.
    »Ja, aber erst nach Monaten. Dann nannten sie ihn einen ›Priester Gottes‹. Es gefiel ihnen, daß er meine gesundheitlichen Fortschritte nie seinem eigenen Können zuschrieb, sondern immer sagte, der Heilige Geist führe ihn und wirke durch ihn.
    Damals wütete in Europa der Erste Weltkrieg. Die großen Ereignisse der Geschichte waren täglich in den Zeitungen zu lesen. Aber von Papa Kahili stand nie etwas in den Zeitungen; sein Name wird nie in einem Geschichtsbuch auftauchen. Er gehörte zur geheimen Geschichte. Er wirkte wie die unterirdische Quelle, die eine Blumenwiese am Leben erhält. Und doch war er in unserer kleinen Welt einer der größten Männer.
    Als der Krieg aufhörte, war ich acht Jahre alt und kräftig genug, um zur Schule zu gehen. Obwohl ich Übergewicht hatte, schüchtern und auch nicht sehr hübsch war, fand ich ein paar Freunde. In den nächsten sieben Jahren stürzte ich mich in alle Vergnügungen, die ich bisher versäumt und nach denen ich mich als kleines Mädchen immer gesehnt hatte. Ich reiste nach Oahu und auf die anderen Inseln, ich ging auf Partys, ich machte Einkaufsbummel mit meinen Freundinnen, und ich verabredete mich sogar mit Jungen.

    Aber irgendwann hatte ich genug von den Partys und den Reisen und den Einkäufen. Ich hatte schon immer das Gefühl gehabt, irgendwie anders zu sein als die anderen; ich fühlte mich wie eine Fremde unter Fremden. Bisher hatte ich immer geglaubt, es läge an meiner Krankheit. Aber jetzt fühlte ich mich sogar unter meinen Freundinnen und Freunden fremd. Sie liebten lautes Zusammensein und Partys und kleideten sich immer nach der neuesten Mode. Ich las lieber und saß draußen im Mondschein unter Bäumen.« Mama Chia zeigte mit ihrem Stock auf die hoch aufragenden Kukui-Bäume in unserer Umgebung.
    »Wahrscheinlich hatte ich es mir durch die vielen Jahre, die ich ans Bett gefesselt war, und die vielen Bücher, die ich gelesen hatte, angewöhnt, über andere Dinge nachzudenken – wichtigere Dinge. Ich zog mich immer mehr von den anderen zurück.«
    »Mama Chia«, sagte ich, »ich will dich nicht unterbrechen, aber ich glaube, ich weiß, was du meinst. Ich habe auch oft das Gefühl, anders zu sein als die anderen Menschen.«
    Sie blieb stehen, wandte sich zu mir um und nickte.
    »Bitte, erzähl weiter«, bat ich sie.
    »Tja«, sagte sie, während wir weiter bergan stiegen, »ich wußte, daß meine Eltern irgendwie enttäuscht von mir waren. Und dabei wünschte ich mir so sehr, daß sie stolz auf mich sein sollten. Mein Vater war in der Zuckerrohrbranche tätig und hatte hart gearbeitet und gespart, damit ich aufs College gehen konnte. Also studierte ich, gab mir große Mühe und las viel mehr Bücher als die anderen Schüler. Ich hatte mir geschworen, die Erwartungen meiner Eltern nicht zu enttäuschen. 1928 schrieb ich mich an der Stanford University ein.«
    »Was – du bist auf der Stanford University gewesen?« fragte ich ungläubig.
    »Ja«, sagte sie. »Wundert dich das?«
    »Eigentlich schon – ich weiß selber nicht, warum.«
    »In all diesen Jahren, die ich im Bett verbringen mußte, hatte ich immer nur gelesen. Meine Eltern hatten alles getan und sich in Unkosten gestürzt, um nur Bücher über alle möglichen Themen zu beschaffen.
Ich glaubte, durch meine Krankheit in der Schule hinter den anderen zurückgeblieben zu sein; aber in Wirklichkeit war ich ihnen weit voraus. Ich bestand die Aufnahmeprüfung mit Auszeichnung …«
    »Darin

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