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Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Titel: Die Rückkehr des friedvollen Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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besonders für diese Leprakranken  – nicht als Heilerin, sondern als gute Freundin.«
    »Ist das nicht dasselbe?«
    »Ja«, lächelte sie. »Wahrscheinlich schon.«

    »Ich glaube, ich könnte ihnen auch ein Freund sein. Ich bleibe aber nur ein paar Tage.«
    »Wenn du nur die Zähne zusamenbeißt und wartest, bis die Tage herum sind, ist es Zeitverschwendung. In dieser Woche bei den Leprakranken sollst du dein Herz öffnen – so weit du es eben kannst.«
    »Eine Woche? Du hast gesagt, ein paar Tage!«
    »Aloha«, rief sie, warf mir eine Flasche Sonnencreme zu und machte sich auf den Weg zu einer benachbarten Siedlung. Kopfschüttelnd drehte ich mich um und ging zu den Hütten zurück. Ich dachte über die Not nach – und über den Mut.
    Ich fand das Hauptgebäude, trat ein und stellte fest, daß es die Krankenstation war – voll seltsamer Gerüche und Menschen in Betten und hinter Vorhängen. Ein ausgezehrt aussehender Mann, ungefähr so alt wie Mama Chia, faßte mich am Arm. »Komm«, sagte er. Als wir die Krankenstation verlassen hatten, ließ er meinen Arm los und forderte mich mit einer Handbewegung auf, ihm zu folgen.
    Dann zeigte er auf ein anderes, größeres barackenartiges Gebäude. »Da drüben Essen. Später.« Dann zeigte er auf sich und sagte: »Ich – Manoa.«
    »Aloha«, begrüßte ich ihn. »Schön, dich kennenzulernen, Manoa.« Da ich nicht sicher war, ob er mich verstanden hatte, zeigte ich auf mich und sagte: »Dan.«
    Er reichte mir eine verstümmelte Hand mit drei Fingern. Ich zögerte nur einen kleinen Augenblick, dann ergriff ich sie. Er lächelte freudig und nickte, als verstünde er mich. Dann bedeutete er mir mit einem Wink, mitzukommen.
    Wir gingen zu einem großen Stück Land, das gerade umgegraben wurde. Ein anderer Mann begrüßte mich, reichte mir eine Hacke und zeigte mir das Stück, das ich bearbeiten sollte. Das war alles.
    Den Rest des Tages bis zum Einbruch der Dunkelheit arbeitete ich in dem Garten. In meiner Verwirrung war ich froh, eine klar umrissene Aufgabe zu haben – zu helfen – zur Abwechslung einmal etwas geben zu können, statt immer nur zu nehmen.

     
    Manoa zeigte mir meine Schlafstelle. Wenigstens hatte ich ein Zimmer für mich allein. Ich schlief fest. Als ich aufwachte, hatte ich Hunger.
    Die Leute, die mir im Speisesaal gegenübersaßen, lächelten mich an, sprachen aber hauptsächlich auf hawaiianisch miteinander und streuten nur hin und wieder einige Brocken Englisch ein. Alle an meinem Tisch waren freundlich und reichten mir immer wieder Schalen mit Essen. Ich bemühte mich, nicht auf ihre Wunden zu schauen.
    An diesem Tag machten wir – die Mannschaft, die gemeinsam mit mir zur Gartenarbeit eingeteilt war – große Fortschritte. Wir gruben den Boden um und lockerten ihn, während sich immer wieder heftige Platzregen über uns ergossen. Ich achtete darauf, immer wieder meine Sonnenschutzcreme aufzutragen. Außerdem hatte mir jemand einen breitkrempigen Hut geliehen.
    Die ersten Tage waren am schwersten für mich – es war ein eigenartiges Gefühl, allein in dieser fremden Welt zu sein. Die Bewohner hier schienen das zu verstehen. Und so verging ein Tag nach dem anderen in diesem Garten. Allmählich gewöhnte ich mich an den Tagesablauf. Äußerlich änderte sich zwar nichts, aber innerlich hatte ich mich gewandelt. Genau wie die Bewohner dieser Kolonie gelernt hatten, ihr Leben zu akzeptieren, so akzeptierte ich jetzt sie – nicht als »Leprakranke«, sondern als Menschen. Ich war kein bloßer Beobachter mehr, sondern begann ein Gefühl der Verbundenheit mit ihnen zu entwickeln.
    Ich lernte, mich auf die besondere, aus der Isolation geborene Kameradschaft einzustimmen, die die Menschen hier verband. Ihr eigenes Leiden hatte in ihnen Verständnis und ein tieferes Mitgefühl für alle Schmerzen dieser Welt geweckt.
     
    So lange, bis das Saatgut kam, gab es im Garten jetzt nichts mehr zu tun. Aber ich fand genügend andere Arbeit – ich war von morgens bis abends beschäftigt. Ich trug Wasser und half Verbände wechseln. Einer bat mich sogar, ihm die Haare zu schneiden, und ich ruinierte ihm seine Frisur. Aber das schien ihm gar nichts auszumachen.

    Und immer plauderten und lachten wir miteinander, obwohl wir uns nur halb verstanden. Während ich das hier schreibe, steigen mir die Tränen in die Augen. So merkwürdig es auch klingen mag: Diese Tage gehörten zu den befriedigendsten meines Lebens. Es war eine ganz normale und sehr

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